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# taz.de -- Sturmgewehr-Großauftrag der Bundeswehr: Kartellamt rügt Beschaffu…
> Die eine Bundesbehörde haut der anderen kräftig auf die Finger. Der
> Grund: ein eklatanter Verfahrensfehler bei der Bestellung von 120.000
> Waffen.
Bild: Die Bundeswehr wollte es ausmustern: das G36 von Heckler & Koch
Bonn dpa | Im Streit um einen Sturmgewehr-Großauftrag gerät [1][das
Beschaffungsamt der Bundeswehr] in das Visier von Kritikern. Wie aus einer
Entscheidung des Bundeskartellamts hervorgeht, beging die Koblenzer Behörde
einen schweren Fehler in dem Vergabeverfahren. Die Behörde hatte die Bieter
nach dem letztmöglichen Angebot kontaktiert und zugelassen, dass der
eigentlich unterlegene Bieter C.G.Haenel sein Angebot noch ändern konnte –
und dadurch am Konkurrenten Heckler & Koch vorbeizog. Dies sei „unzulässig“
gewesen, so die Richter der beim Kartellamt angesiedelten Vergabekammer.
Bei dem prestigeträchtigen Auftrag geht es um 120.000 Waffen, die das
bisherige Standardgewehr der Bundeswehr, das G36 von [2][Heckler & Koch],
ersetzen sollen. Die Auftragsvergabe sollte schon längst erfolgt sein, es
kam zu erheblichen Verzögerungen – frühestens am Jahresende könnte der
Auftrag vergeben werden. Im vergangenen September erhielt zunächst
C.G.Haenel den Zuschlag – und zwar wegen des unzulässigen Vorgehens des
Beschaffungsamtes, wie die Gerichtsentscheidung nun offenbart. Das kleine
Unternehmen aus Suhl in Thüringen gehört zu einem arabischen
Rüstungskonzern.
Gegen die Entscheidung für Haenel ging Heckler & Koch rechtlich vor. Im
März 2021 vollzogen das Bundesverteidigungsministerium und das ihm
unterstellte Bundeswehr-Beschaffungsamt einen Kurswechsel: Haenel wurde vom
Vergabeverfahren ausgeschlossen und HK sollte den Zuschlag bekommen. Dies
wurde mit „Patentrechtsverletzungen“ begründet – hierbei wirft Heckler &
Koch Haenel vor, ein Patent zu nutzen, das für die schnelle Schussfähigkeit
nach dem Durchs-Wasser-Waten wichtig ist. Zu diesem Patentstreit läuft
inzwischen ein separates Verfahren vor dem Düsseldorfer Landgericht.
Haenel ging gegen den Ausschluss vor und wollte wieder an dem
Vergabeverfahren teilnehmen. Mitte Juni lehnte die Vergabekammer des
Bundeskartellamts aber einen entsprechenden Antrag ab. Inzwischen wurde die
Entscheidung veröffentlicht: Sie gibt einen bemerkenswerten Einblick in die
sonst so verschwiegene Welt der Vergabeverfahren.
Wie in der Entscheidung zu lesen ist, kontaktierte das Beschaffungsamt die
beiden Bieter zu einem Zeitpunkt, als Änderungen ihrer Angebote laut
Vergaberecht gar nicht mehr möglich waren. Im Falle von Haenel fragten die
Beamten nach, ob die Preisangaben für ein bestimmtes Zubehör pro Teil
gemeint seien oder pro Dreierpack. In der veröffentlichten Entscheidung ist
der Name des Zubehörs weggelassen. Wie aus informierten Kreisen zu erfahren
ist, geht es hierbei um „Stanag-Schienen“ – also Schienen, die am Gewehr
befestigt werden, um darauf Zielfernrohre oder Laser-Licht-Module
anzustecken.
## „Ein unerklärlicher Anfängerfehler“
Heckler & Koch blieb bei seinem abgegebenen Angebot – im Wissen, dass
Änderungen ohnehin nicht mehr gültig wären. Haenel wiederum änderte sein
Angebot samt Preis. Die „Konkretisierung“ des Preises führte dazu, dass
Haenel „ein wirtschaftlicheres Angebot abgeben hat“, heißt es in der
Entscheidung. „Hier führte die Maßnahme unzulässigerweise zu einer
Veränderung der Wertungsreihenfolge“, monieren die Richter.
Externe Fachleute schütteln den Kopf. Aus Sicht des Vergaberechtlers Jan
Byok von der Kanzlei Bird & Bird ist dem Beschaffungsamt „ein grober
Patzer“ unterlaufen. „So eine nachträgliche Preisänderung zuzulassen, ist
ein unerklärlicher Anfängerfehler“, monierte Byok. Es handele sich
keineswegs um einen Einzelfall, vielmehr reihe sich dies ein in [3][eine
lange Kette an Fehlern des Beschaffungsamts bei Rüstungsvergaben]. „Ob
Fregatte, Transporthubschrauber, Gefechtsübungszentrum oder Schutzwesten –
praktisch bei jedem Großprojekt des Beschaffungsamts kommt es zu
Verzögerungen, die auch auf vergaberechtlichen Fehlern beruhen.“ Das sei
schlecht für die Bundeswehr – „die Truppe leidet unter der Situation“, s…
Byok.
Scharfe Kritik kam auch aus dem Bundestag. Es gebe klare Kriterien bei der
Beschaffung von Material, sagte die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes
Strack-Zimmermann. Dass aber das Beschaffungsamt mit all seinen Juristen im
laufenden Verfahren Nachbesserungen zugelassen habe, sei „eine der vielen
Grotesken“, die man seit Jahren erlebe. „Aus Unkenntnis oder weil man einem
Anbieter eine Freude machen wollte?“, fragte die Liberale. Das Amt müsse
dringend reformiert werden. Tobias Lindner von den Grünen sprach von einem
„groben Fehler“, der gemacht worden sei. „Das notwendige Vertrauen, das d…
zuständige Haushaltsausschuss in die Vergabeentscheidung haben muss, ist
dadurch schwer beschädigt worden.“
Das „Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der
Bundeswehr“ (BAAINBw) hat seinen Sitz in Koblenz, es ist zuständig für die
Beschaffung aller Rüstungsgüter und anderer Sachen für die Bundeswehr.
Inklusive nachgeordneter Behörden hat das Amt nach eigenen Angaben 10.500
Dienststellen.
Eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums sagte, man habe sich
bei der Überprüfung des Vergabeverfahrens auf die Patentrechtsverletzung
konzentriert. Unklar blieb aber, warum Haenel noch nach dem „best and final
offer“ wegen der Änderung kontaktiert wurde und sein Angebot ändern konnte.
3 Jul 2021
## LINKS
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[3] /Debatte-Euro-Hawk/!5061834
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