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# taz.de -- BGH-Entscheidung zu Heckler&Koch: Illegale Waffenexporte machen arm
> Heckler&Koch erschlich Exportgenehmigungen. Der Staat kann deshalb 3,7
> Millionen Euro „Taterträge“ abschöpfen, bestätigte jetzt der BGH.
Bild: Von 2005 bis 2009 lieferte Heckler & Koch knapp 10.000 Sturmgewehre vom T…
Karlsruhe taz | Die [1][Rüstungsfirma Heckler & Koch (HK)] muss den
gesamten Umsatz aus einem illegalen Rüstungsgeschäft mit Mexiko an die
Staatskasse abführen. Dies entschied an diesem Dienstag der
Bundesgerichtshof (BGH) und bestätigte damit ein Urteil des Landgerichts
Stuttgart. Jürgen Grässlin (Aktion „Stoppt den Waffenhandel“) lobte das
Signal: „Damit ist klar: illegaler Waffenhandel lohnt sich nicht.“
Von 2005 bis 2009 lieferte Heckler & Koch knapp 10.000 Sturmgewehre vom Typ
G36 nach Mexiko. Die deutschen Behörden hatten den Rüstungsexport
genehmigt. Wegen der bedenklichen Menschenrechtslage in den vier
Bundesstaaten Chiapas, Jalisco, Guerrero und Chihuahua musste HK jedoch
zuvor eine Endverbleibsbescheinigung von mexikanischer Seite vorlegen.
Dort wurde versichert, dass die Gewehre nicht in diese vier Bundesländer
geliefert werden. Später stellte sich jedoch heraus, dass diese
Bescheinigung nur dazu diente, die deutschen Behörden zu täuschen – und die
Hälfte der Gewehre dann genau in diesen heiklen Gebieten landete.
Nachdem Jürgen Grässlin von einem Whistleblower einen Tipp bekam, stellte
er 2010 mit seinem Anwalt Holger Rothbauer Strafanzeige. Diese führte
Anfang 2019 am Landgericht Stuttgart zur Verurteilung von zwei
HK-MitarbeiterInnen, einem Ex-Vertriebsleiter und einer Sachbearbeiterin.
Diese erhielten Bewährungsstrafen von 22 und 17 Monaten wegen
„bandenmäßiger Ausfuhr von Gütern aufgrund erschlichener Genehmigung“.
## Ein Haupttäter ohne Strafe
Allerdings wurden die einstigen HK-Geschäftsführer freigesprochen. Ihnen
konnte keine Kenntnis der Tricksereien nachgewiesen werden. Straffrei
blieben auch die beiden Haupttäter: Der HK-Vertriebsleiter für Mexiko starb
während des Prozesses an Krebs und der frühere HK-Statthalter in Mexiko war
durch seinen mexikanischen Pass vor Auslieferung geschützt. Dennoch ging
der Stuttgarter Prozess für HK nicht glimpflich aus. Der Staat durfte den
gesamten Verkaufserlös als „Tatertrag“ einziehen, also nicht nur den
erzielten Gewinn. Diese Vermögensabschöpfung ist im Strafgesetzbuch
geregelt (Paragraf 73b).
Heckler & Koch [2][wollte diese Einziehung in der Revision beim BGH
kippen.] Das Unternehmen sei „gutgläubig“ gewesen, da die Geschäftsführer
ja nichts von den Tricks gewusst hätten, argumentierte ein HK-Anwalt. Doch
darauf kommt es laut BGH gar nicht an. An den Manipulationen waren
HK-Mitarbeiter beteiligt, die auch für Heckler & Koch handelten. Das
genüge, um beim Unternehmen die Taterträge abzuschöpfen, so der
Gerichtshof.
Dabei gilt laut BGH auch das „Brutto-Prinzip“. Das heißt, das Unternehmen
kann die Herstellungs- und Vertriebskosten für die Gewehre nicht abziehen,
da diese Kosten der Vorbereitung und Begehung einer Straftat dienten.
Doch auch die Revision der Staatsanwaltschaft hatte keinen Erfolg. Sie
wollte erreichen, dass die beiden Ex-MitarbeiterInnen nicht nur wegen
Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz verurteilt werden, sondern auch
wegen einer (schwerer wiegenden) Verletzung des
Kriegswaffenkontrollgesetzes.
Der BGH lehnte dies jedoch aus mehreren Gründen ab. So sei das Erschleichen
von Genehmigungen zwar im allgemeinen Exportrecht strafbar, nicht aber bei
der Rüstungskontrolle. „Das kann nur der Gesetzgeber ändern, nicht wir als
Bundesgerichtshof“, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer.
Der Freispruch für die HK-Geschäftsführung spielte am BGH keine Rolle mehr.
Denn die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hatte keine Rechtsmittel eingelegt.
30 Mar 2021
## LINKS
[1] /Verwaltungsgericht-zu-Ruestungsexporten/!5742206
[2] /Waffenexporte-von-Heckler--Koch/!5751434
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Waffenexporte
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