# taz.de -- Zum Tod von Donald Rumsfeld: Der zynische Kriegstreiber | |
> Pentagonchef Donald Rumsfeld war das Gesicht der US-Kriege unter George | |
> W. Bush. Jetzt ist der Republikaner im Alter von 88 Jahren gestorben. | |
Bild: Der ehemalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld starb im Alter von… | |
Berlin taz | Donald Rumsfeld war das zynische Gesicht der Kriege seines | |
Präsidenten George W. Bush. Als der ihn 2001 zum Verteidigungsminister | |
ernannte, war der 1932 geborene Rumsfeld nicht nur der älteste, der je das | |
Pentagon geleitetet hatte. Er war auch erfahren, hatte er doch schon unter | |
Gerald Ford zwischen 1975 und 1977 dem Verteidigungsministerium | |
vorgestanden. | |
Rumsfeld hatte eine steile Karriere hinter sich. Sein Amt unter Bush wollte | |
er eigentlich zum Umbau des US-Militärs nutzen. Freie Hand dazu hatte er, | |
denn Rumsfeld war schon lange ein Protegé Dick Cheneys gewesen, Bushs | |
Vizepräsident, der in dieser Rolle wohl mehr Macht hatte als irgendein Vize | |
vor oder nach ihm. | |
Wie Cheney gehörte auch Rumsfeld zum Kreis der Neokonservativen, die unter | |
Bush die US-Außenpolitik bestimmten und vor allem eins vorhatten: eine | |
deutliche Erhöhung der US-Militärausgaben und dadurch die Wiederherstellung | |
einer unipolaren Weltordnung unter Führung der USA. | |
„Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert“ nannten sie das. Nahezu | |
alle wichtigen Führungsfiguren der Außen- und Militärpolitik unter Bush | |
waren dabei: neben Rumsfeld und Cheney auch Rumsfelds Stellvertreter Paul | |
Wolfowitz, der notorische neokonservative Vordenker Richard Perle, Bushs | |
Stabschef Lewis Libby und der stellvertretende Außenminister Richard | |
Armitage. | |
Schon 1998 hatten sie eine Invasion des Irak gefordert, um den dortigen | |
Diktator Saddam Hussein zu stürzen. Obwohl der Irak mit den Anschlägen des | |
11. September 2001 nichts zu tun hatte, schufen Rumsfeld und die anderen | |
einen gefühlsmäßigen Zusammenhang und erfanden die Lüge, der Irak verfüge | |
über Massenvernichtungswaffen, die er alsbald gegen den Rest der Welt | |
einsetzen werde, und müsse daher gestoppt werden. | |
## Niemals Zweifel an den eigenen Lügen | |
Rumsfeld verantwortete als Kriegsminister den Einmarsch in [1][Afghanistan] | |
im Oktober 2001 und die Invasion im Irak 2003. In beiden Fällen verkündete | |
er rasch den Sieg – in beiden Fällen hatte er keine Strategie für alles, | |
was danach kommen sollte. | |
Als die Fälle von Folter im irakischen Gefängnis Abu Ghraib und im | |
US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba bekannt wurden, rechtfertigte | |
Rumsfeld „verschärfte“ Verhörtechniken – den offenkundigen Missbrauch in | |
Abu Ghraib schob er auf durchgeknallte einzelne Soldaten. | |
Anders als andere Führungskräfte äußerte Rumsfeld nie Zweifel an der | |
Richtigkeit des Irakkriegs, auch wenn bald die ganze Welt wusste, dass die | |
Begründung eine Lüge gewesen war. Noch als offensichtlich wurde, wie | |
grundlegend die Stabilität des gesamten Nahen und Mittleren Ostens durch | |
die US-Interventionen zerstört worden war, sprach Rumsfeld von dem Segen, | |
den der Sturz Saddam Husseins für die Region bedeutet habe. | |
## Der bekannte Unbekannte | |
Rumsfelds politische Karriere hatte schon in den 1960er Jahren begonnen, | |
zunächst als Mitarbeiter republikanischer Kongressabgeordneter. Mit gerade | |
30 Jahren wurde er für Illinois ins US-Repräsentantenhaus gewählt, übte | |
später verschiedene Funktionen für die Nixon-Regierung aus, schließlich | |
wurde er mit 43 der jüngste Verteidigungsminister aller Zeiten unter Gerald | |
Ford. | |
Seine Zeit im Pentagon unter George W. Bush bedeutete den Höhepunkt seiner | |
Macht, aber auch das jähe Ende seiner Karriere im November 2006. In | |
Afghanistan, vor allem aber im Irak, war der Krieg beileibe nicht vorbei. | |
Immer neue Kämpfe mit gut organisierten Aufständischen forderten immer mehr | |
US-amerikanische Todesopfer, und unter Rumsfelds Führung verweigerte die | |
US-Regierung jede Kurskorrektur. | |
Rumsfeld zeigte sich in Pressekonferenzen zwar mitunter schlagfertig und | |
witzig – manche Bonmots werden bis heute zitiert, am bekanntesten das aus | |
dem Jahr 2002: „Es gibt bekannte Bekannte, es gibt Dinge, von denen wir | |
wissen, dass wir sie wissen. Wir wissen auch, dass es bekannte Unbekannte | |
gibt, das heißt, wir wissen, es gibt einige Dinge, die wir nicht wissen. | |
Aber es gibt auch unbekannte Unbekannte – es gibt Dinge, von denen wir | |
nicht wissen, dass wir sie nicht wissen.“ Rumsfeld war so stolz darauf, | |
dass ihm solche Sätze einfielen, dass er seine spätere Autobiografie prompt | |
„Bekannte und Unbekannte“ nannte. | |
Dennoch hatte die US-Wahlbevölkerung im November 2006 von all dem gründlich | |
die Nase voll: In einer Erdrutschwahl verloren die Republikaner*innen, | |
deren Kandidat George W. Bush noch 2004 klar die Wiederwahl gewonnen hatte, | |
gleich beide Häuser des Kongresses. Noch am selben Abend wurde Rumsfeld | |
gefeuert und durch Robert Gates ersetzt. | |
Am Dienstag ist Donald Rumsfeld im Alter von 88 Jahren auf seiner Ranch in | |
Taos im Bundesstaat New Mexico gestorben. | |
1 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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