# taz.de -- Enteignen-Initiative erreicht Quorum: Party vor der Innenverwaltung | |
> 350.000 Unterschriften sind übergeben, die Partystimmung ist groß. | |
> Berlins Landeswahlleiterin bestätigt, dass genug Unterschriften zusammen | |
> gekommen sind. | |
Bild: Nach der Sammlung ist vor dem Volksentscheid: Am 26. September wird über… | |
BERLIN taz | Den Mitarbeiter*innen der Innenverwaltung bot sich zum | |
Feierabend ein ungewohntes Bild: Lila-gelber Rauch, Jubelschreie und | |
Gratis-Sekt gab es vor dem repräsentativen Gebäude mit Treppenaufgang und | |
schwerer Doppeltür in Mitte, nahe des Alexanderplatzes. | |
An diesem Freitagnachmittag haben sich hier etwa 300 Menschen in lila | |
Westen versammelt, um unter Applaus und mit Live-Musik [1][die letzten von | |
insgesamt knapp 350.000 Unterschriften] des Volksbegehrens Deutsche Wohnen | |
und Co. enteignen der Landeswahlleiterin zu übergeben. Die Kampagne will | |
private Wohnungskonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen vergesellschaften. | |
Zum Abschluss durften ein paar Show-Effekte nicht fehlen: Nachdem einige | |
Aktivist*innen in Lila-Westen wie Cheerleader zu der Musik von Queen | |
(„Dont stop me now“) tanzten und die Zahl der gesammelten Stimmen | |
enthüllten, trugen sie unter Applaus und Jubelschreien den letzten Schwung | |
Unterschriftenlisten in die Innenverwaltung in der normalerweise eher | |
ruhigen Klosterstraße. Die gelben Postkisten, gefüllt mit zehntausenden | |
Namen von Berliner*innen, die für Enteignungen unterschrieben haben, werden | |
durch ein Spalier lila-gelber Fahnen getragen, ringsum wird mit Sekt | |
angestoßen. Es riecht ein bisschen nach Silvester, was an der Pyrotechnik | |
liegen dürfte. | |
Fast jeder zehnte Berliner hat für das Volksbegehren unterschrieben. Das | |
erforderliche Quorum für einen Volksentscheid liegt in Berlin bei 7 Prozent | |
der Wahlberechtigten, also circa 175.000 Personen. Dass das Quorum klar | |
erreicht ist, bestätigt rund eine Stunde später die Landeswahlleiterin: Zu | |
diesem Zeitpunkt hat sie bereits 260.000 in den Wochen zuvor eingereichte | |
Unterschriften geprüft. 175.782 davon sind gültig. | |
„Das erforderliche Quorum sollte also mit den bisher geprüften | |
Unterschriften erreicht sein“, heißt es in einer [2][am Freitagabend | |
herausgegebenen Mitteilung]. Insgesamt seien „etwa 346.000“ Unterschriften | |
eingereicht worden. Das endgültige Ergebnis komme Anfang Juli. | |
Mit der erfolgreichen Unterschriftensammlung wird der 26. September | |
voraussichtlich zum Super-Super-Wahlsonntag. Denn dann werden nicht nur | |
Bundestag und Berliner Abgeordnetenhaus neu gewählt, sondern es wird auch | |
über die Enteignungsfrage abgestimmt. Das Volksbegehren fordert ein | |
Berliner Vergesellschaftungsgesetz auf Grundlage des bisher nie genutzten | |
Grundgesetzartikels 15, nach dem ganze Wirtschaftszweige gegen | |
Entschädigung enteignet werden dürfen. | |
## Nach der Party ist vor der Arbeit | |
Die Freude bei den Aktivist*innen des Volksbegehrens [3][war schon am | |
Abend davor groß]. Um 22 Uhr brach unter den Aktiven endgültig | |
Jubelstimmung aus in einem Büro in der Kreuzberger Graefestraße. Dort, in | |
den Räumen des Versicherungsmaklers Michael Prütz, war zeitweise das | |
Hauptquartier der Kampagne Deutsche Wohnen und Co enteignen untergebracht; | |
hier wurden bis zuletzt die Unterschriftenlisten in gelbe Postkisten | |
gestapelt. „Bis spät in die Nacht kamen ununterbrochen Leute mit Listen | |
vorbei – es war Partystimmung“, berichtete Prütz kurz vor der Abgabe der | |
Unterschriften am Freitag der taz. | |
Allein am Donnerstag vor Abgabeschluss seien in dem Büro noch einmal 40.000 | |
Stimmen zusammengekommen. Zu den gesammelten rund 350.000 dürften noch | |
einmal ein paar tausend Unterschriften hinzu kommen, die auf Bürgerämtern | |
abgegeben worden sind. So viele Unterschriften sammelte noch kein Berliner | |
Volksbegehren zuvor – und all dies während einer Pandemie ohne | |
Großveranstaltungen inklusive mehrmonatigem Lockdown während der | |
Sammelphase. Der Wille vieler Mieter*innen, den außer Kontrolle geratenen | |
Wohnungsmarkt umzukrempeln, er ist klar erkennbar. | |
Deutlich wird das auch in den kämpferischen und emotionalen Reden vor der | |
Innenverwaltung am Freitagnachmittag: „Merkt euch dieses Datum. Es ist ein | |
historischer Tag. Wir sind das erfolgreichste Volksbegehren, das es je in | |
Berlin gegeben hat. Es war ein langer Endspurt. Und kein Endspurt ohne | |
Siegesfeier!“, ruft eine Frau, natürlich in lila Weste, ins Mikrofon. Die | |
Menge antwortet mit Sprechchören: „Die Häuser denen, die drin wohnen!“ | |
Später heißt es: „Die Konzerne haben das Geld. Wir haben die Menschen und | |
die Solidarität.“ Mehr als 2.000 Personen seien mittlerweile beim | |
Volksbegehren aktiv, heißt es auf der Demo. Und: „Wir sind noch nicht am | |
Ziel, wir ruhen uns jetzt kurz aus und feiern – und dann legen wir zum | |
Volksentscheid so richtig los!“ | |
25 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Erfolgreiches-Volksbegehren-in-Berlin/!5783000 | |
[2] https://www.berlin.de/wahlen/pressemitteilungen/2021/pressemitteilung.11001… | |
[3] /Erfolgreiches-Volksbegehren-in-Berlin/!5783000 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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