| # taz.de -- EU-Gipfel in Brüssel: Zoff um Ungarn und Russland | |
| > Der Premier der Niederlande stellt wegen des Anti-LGBT-Gesetzes Ungarns | |
| > EU-Mitgliedschaft in Frage. Kanzlerin Merkel scheitert mit | |
| > Russland-Vorschlag. | |
| Bild: Ungarns Premierminister Orban beim EU-Gipfel in Brüssel | |
| Brüssel taz | Es begann mit einer geharnischten Standpauke für den | |
| ungarischen Regierungschef Viktor Orbán – und endete mit einer krachenden | |
| Niederlage für Kanzlerin Angela Merkel: Beim EU-Gipfel in Brüssel haben | |
| sich die 27 Staats- und Regierungschefs über Ungarn und Russland | |
| zerstritten. | |
| Ungarn wurde wegen seines Umgangs mit sexuellen Minderheiten mit dem | |
| Rauswurf aus der EU bedroht, Russland muss mit Wirtschaftssanktionen | |
| rechnen. Einen EU-Russland-Gipfel dagegen, wie von Kanzlerin Merkel | |
| gefordert, wird es bis auf Weiteres nicht geben. | |
| Damit endet der wohl letzte reguläre EU-Gipfel der [1][Kanzlerin mit einer | |
| schweren außenpolitischen Niederlage]. Und das ausgerechnet bei einem | |
| Thema, wo Deutschland wegen der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream | |
| 2 ohnehin schon in der Defensive ist. | |
| „Man konnte sich heute nicht darauf einigen, dass wir uns auf | |
| Leitungsebene, also auf Chefebene, treffen“, sagte Merkel am frühen | |
| Freitagmorgen. Für sie sei wichtig, dass der Dialog mit Moskau erhalten | |
| bleibe. „Ich persönlich hätte mir hier einen mutigeren Schritt gewünscht.�… | |
| ## Bedenken gegen Russland-EU-Gipfel nach US-Vorbild | |
| Als Vorbild nannte die Kanzlerin den USA-Russland-Gipfel zwischen | |
| US-Präsident Joe Biden und Präsident Wladimir Putin. Er fand in Europa | |
| statt (in Genf) und war von Polen und anderen osteuropäischen Staaten | |
| begrüßt worden. Gegen ein ähnliches Treffen auf EU-Ebene hatten die Staats- | |
| und Regierungschefs jedoch schwere Bedenken. | |
| Die EU beschloss nun lediglich, über „Formate und Bedingungen“ für einen | |
| Dialog nachzudenken. Zugleich droht sie Russland mit neuen, härteren | |
| Sanktionen. Man müsse die Verteidigung gegen „bösartige, illegale und | |
| spaltende Aktivitäten durch Russland“ verstärken. | |
| Gemeint sind auch Wirtschaftssanktionen, wie sie Anfang dieser Woche gegen | |
| Belarus verhängt worden waren. Sie zielen auf Unternehmen, die mit | |
| Erdölerzeugnissen, Kalidüngemitteln und Waren zur Herstellung von | |
| Tabakprodukten Geschäfte machen. Machthaber Alexander Lukaschenko sprach | |
| von einem „Wirtschaftskrieg“. | |
| Für massiven Streit sorgte bei dem zweitägigen EU-Gipfel in Brüssel auch | |
| Ungarn. Regierungschef Orbán wurde von Merkel, Macron und den meisten | |
| anderen Staats- und Regierungschefs [2][offen beschuldigt, LGBT-Menschen zu | |
| diskriminieren und damit die Grundwerte der EU zu verletzen]. | |
| ## Belgiens Premier: „Das war ziemlich konfrontativ“ | |
| „Das war keine diplomatische Diskussion, das war ziemlich konfrontativ“, | |
| sagte Belgiens Ministerpräsident Alexander De Croo. Er habe eine derartige | |
| Auseinandersetzung bei einem EU-Gipfel noch nicht erlebt. Lediglich Polen | |
| habe Ungarn unterstützt – und Slowenien „ein wenig“. | |
| Die Niederlande brachten dagegen einen Ausschluss Ungarns aus der EU ins | |
| Spiel. Der liberale Premier Mark Rutte rief Orbán auf, wie Großbritannien | |
| ein Austrittsverfahren nach Artikel 50 des EU-Vertrags einzuleiten, wenn er | |
| die europäischen Werte nicht achten wolle. | |
| Allerdings kann Rutte Ungarn nicht zum Exit zwingen. Das EU-Recht sieht | |
| keinen Rauswurf aus der Union vor. Der EU-Gipfel kann auch kein | |
| Vertragsverletzungsverfahren wegen der umstrittenen ungarischen | |
| Gesetzgebung einleiten. Dies will nun die EU-Kommission tun. Es kann aber | |
| nur zu Geldstrafen führen, nicht zum Ausschluss. | |
| Orbán wies alle Vorwürfe zurück. Er betonte, die umstrittene Neuregelung | |
| richte sich gar nicht gegen Homosexuelle. Vielmehr gebe sie Eltern | |
| lediglich das „exklusive Recht auf die Sexualerziehung ihrer Kinder“. Der | |
| ungarische Präsident János Áder hat die Vorlage inzwischen unterzeichnet, | |
| sie tritt nach Veröffentlichung im Amtsblatt voraussichtlich im Juli in | |
| Kraft. | |
| 25 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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