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# taz.de -- Frank Ullrich gegen CDU-Rechtsaußen: Der Mann, der Maaßen schlage…
> Der SPDler Frank Ullrich ist kein geborener Politiker oder großer Redner.
> Seine Stärke: Bodenständigkeit. Nun blickt ganz Deutschland auf ihn.
Bild: Schafft er es, Maaßen den Platz im Bundestag wegzuschnappen? Ex-Biathlet…
Leipzig taz | Frank Ullrich stemmt die Hände in die Hüften und grinst
breit. Im bunten Wollpulli und in Jeans posiert er vor dem Dianabrunnen in
der Südthüringer Stadt Suhl. Diana, die Göttin der Jagd, sei ein tolles
Symbol. „Und doch irgendwie passend zum Bundestagswahlkampf“, sagt Ullrich.
Frank Ullrich, 63, lebt hier. Sein Ziel: Für die SPD bei den kommenden
Bundestagswahlen den Wahlkreis Suhl – Schmalkalden-Meiningen –
Hildburghausen – Sonneberg direkt gewinnen. Das allein wäre schön für
Ullrich, aber kaum spektakulär über Suhl hinaus. Doch falls der Ullrich das
Direktmandat gewänne, würde er damit verhindern, dass [1][der umstrittene
ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen] in den Bundestag
einzieht.
Denn Maaßen, der als Direktkandidat für die CDU antritt, ist nicht über die
Landesliste abgesichert. Der Thüringer Wahlkreis wird so zur überregional
beobachteten Wahlkampfbühne.
Locker sitzt Ullrich nach dem Fototermin am Brunnen im Bürgerbüro der SPD
auf einem roten Sofa vor Plakaten von Willy Brandt und bemüht eine
Sportmetapher nach der anderen. Ullrich war als Biathlet für die DDR
neunmal Weltmeister, einmal Olympiasieger, viermal Gesamtweltcupmeister.
Nach der Wende trainierte er bis 2010 Bundestrainer der Männer im Biathlon.
Hier in Südthüringen ist er ein Star, der Promi von nebenan.
## Was macht Frank Ullrich bislang richtig?
Im Jahr 2019 kandidierte er ohne Parteibuch als Kandidat für die Thüringer
Landtagswahl, schrammte jedoch ganz knapp an einem Sieg vorbei. Damals
verlor er gegen den AfD-Konkurrenten. 2021 trat er in die SPD ein. „Ich
habe Farbe bekannt“, sagt er lachend.
Nun ist er jener Kandidat, der laut aktuellen Umfragen mit 22 Prozent der
Stimmen den umstrittenen CDU-Kandidaten Maaßen [2][als Direktkandidat
ausstechen könnte.] Und das, obwohl die SPD auf Landesebene gerade einmal
bei Werten von maximal 10 Prozent liegt.
„Ich habe eigentlich keine Chancen“, sagt er selbst. „Aber vielleicht habe
ich auch genau deshalb gute Chancen.“ Als Außenseiter könne man im
Wettkampf bisweilen ja überraschend überzeugen. Tatsächlich ist Ullrich
kein begnadeter Politiker, kein geborener Redner und keiner, der die Kunst
der politischen Agitation beherrscht. Er zeichnet sich vor allem durch
seine Bodenständigkeit aus: Ein Mann von hier, geboren im Örtchen Trusetal
mit dem hübschen Wasserfall, wo man inzwischen sogar einen Weg nach ihm
benannt hat.
Ein bisschen nervös wirkt der SPD-Kandidat vor der Presse, zumindest in der
Rolle als Politiker. Der Wahlkampf steht zum Zeitpunkt des Gesprächs im
April noch in den Startlöchern, erst wenige Tage zuvor wurde Ullrich als
Kandidat bekanntgeben. Zwischendurch kommt seine Frau am Bürgerbüro vorbei,
grüßt ihn. Er antwortet, er habe für später Fischbrötchen gekauft, die
könnten sie dann gemeinsam essen. Immer wieder laufen Menschen am Büro
vorbei, die ihm durch die Glasscheibe zuwinken.
## Respekt, Teamgeist und Regeln
Sein Konkurrent, der rechtslastige CDUler Maaßen, ist als
Ex-Verfassungsschutzchef zwar ebenfalls bekannt, mit der Region bislang
jedoch so gar nicht verbunden. „Maaßen ist ein Außenseiter“, sagt Ullrich.
Er sagt auch: Es wäre verheerend für die Region, wenn ein
Rechtsaußenpolitiker das Rennen machen würde.
Unerwartet käme es nicht. Die AfD holte hier bei der vergangenen
Bundestagswahl 22,8 Prozent, immer wieder gibt es in der Region Probleme
mit rechtsextremen Veranstaltungen. Fragt man Ullrich nach den
Rechtsextremismusproblemen, sagt dieser, er lehne jede Form von Extremismus
ab. „Weil das die Gesellschaft nicht nach vorne bringt.“
Nach seiner Niederlage bei der Landtagswahl habe er dem AfD-Kandidaten zum
Sieg gratuliert. „Man muss das eben sportlich nehmen“, sagt Ulllrich. Eine
Zusammenarbeit, wie sie bisweilen auf lokaler Ebene im Stadtrat geschieht,
dürfe es selbstverständlich nicht geben. Aber, um dem Rechtsdrang der
Bevölkerung zu begegnen, müsse es eben genau darum gehen, die eigene
Identität der Region stärker in den Fokus zu nehmen. Dazu gehört auch:
„Mehr Sport in der Region.“
Ullrich kommt immer wieder auf den Sport zurück. Respekt, Teamgeist und
Regeln seien das, was den Menschen wieder stärker vermittelt werden müsse –
Werte, die Ullrich durch den Sport in die Politik bringen möchte. Auch
Bildung und Tourismus könnten durch den Sport gestärkt werden. Aber ihm
gehe es vor allem darum, die Bevölkerung mitzunehmen, sich öfter
zusammenzusetzen und mit den Bürger:innen zu reden.
Im Jahr 2009 gab es um Ullrich einen Skandal, als er beschuldigt wurde, die
Biathlon-Mannschaft der DDR zum Doping angewiesen zu haben. Ullrich
bestritt die Vorwürfe und wurde schließlich freigesprochen. Seinem Image
hat das ebenso wenig geschadet wie seine frühere SED-Mitgliedschaft.
Er sei damals „aus Überzeugung“ in der Partei gewesen, „weil mir so viel
gegeben wurde“, sagt Ulrich. Später trat er aus Überzeugung wieder aus.
Denn eigentlich, beteuert Ullrich, mit der Smartwatch am Handgelenk
wedelnd, sei die Sozialdemokratie schon immer fest in seinem Herzen
gewesen. Falls er in den Bundestag einzieht, will er – na klar – in den
Sportausschuss.
6 Jul 2021
## LINKS
[1] /CDU-Kandidat-gegen-Pressefreiheit/!5780336
[2] /Umfrage-in-Thueringer-Wahlkreis/!5776822
## AUTOREN
Sarah Ulrich
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