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# taz.de -- Bierkonsum in Coronazeiten: Fassbierlos durch die Nacht
> Für unseren Autor geht nichts über ein frisch gezapftes Bier. Es schmeckt
> frischer. Doch während der Pandemie blieben die Zapfhähne trocken.
Bild: Es ist zurück: das Bier vom Fass
Noch nie habe ich mich so lange auf eins vom Fass gefreut wie in den
letzten Monaten. Im Oktober begann meine Durststrecke, [1][ich war restlos
auf Flaschenbier] angewiesen. An und für sich ist das kein Problem – wenn
man die Wahl hat. Aber gegen die Pandemie war auch das Bier nicht gefeit.
Geschlossene Gastwirtschaften bedeuteten, dass auch die Zapfhähne trocken
blieben. Und dann las ich noch, dass Brauereien die Fässer zu Hunderten in
die Gullys schütteten, im Februar und März war das, und ich hatte einen
trockenen Kloß im Hals.
Der Grund fürs Verklappen: Das Mindesthaltbarkeitsdatum auf den Fässern
lief ab. Besonders kleine und mittlere Brauereien brachte die Lage in
existenzielle Not. Ihr Hauptgeschäft sind nicht die Flaschen, sie verdienen
mit Fassbier, das sie in die Gastronomie oder an den Veranstaltungsbereich
liefern. Bisweilen macht das bis zu 70 Prozent des Umsatzes aus. In der Not
entstanden sehr charmante „Zero-Waste“-Projekte.
Damit das Bier wenigstens noch für irgendetwas von Nutzen ist, taten sich
mancherorts Bäcker:innen [2][und Brauer:innen] zusammen und das Bier
wanderte ins Brot. In Nürnberg beispielsweise bekamen die an der Aktion
beteiligten Brauereien aus dem Verkauf die Herstellungskosten ersetzt. In
Geislingen am Rand der Schwäbischen Alb spendete das Handwerk davon auch
noch etwas für die Kultur, genauer an die Musikschule, die wegen der
Pandemie ganz geschlossen war.
Ach, wie schön ist es deshalb, nun wieder ein frisch Gezapftes trinken zu
können. Ich gehöre nämlich prinzipiell zu den Leuten, die ein Bier vom Fass
dem aus der Flasche vorziehen. Es schmeckt frischer und irgendwie
lebendiger. Das liegt am Fass, heute meist ein Edelstahlbehälter. In ihm
kommt an das Bier kein Licht, beim Abfüllen kann ein:e Brauer:in besser
den Kontakt mit Sauerstoff vermeiden, und meist werden Fässer durchgängig
gekühlt, bis sie angezapft werden – anders als die Flaschen im
Getränkemarkt.
All das bewirkt, dass das Bier weniger altert. Gleichzeitig verliert es,
wird es unter Druck gezapft, Kohlensäure, die Perlung wird deshalb etwas
milder und runder.
Dafür braucht es einen guten Wirt. Denn der Ausdruck, eine Wirtschaft habe
ein „gut gepflegtes Bier“, meint eigentlich eine gut gepflegte Zapfanlage.
Eine, die regelmäßig gereinigt wird und bei der der Druck in der Leitung
stimmt. Eine schlecht gepflegte kann furchtbare Folgen haben: schale Plörre
oder auch ranzige Buttersäureattacken auf der Zunge. Vorige Woche habe ich
das in Bielefeld erleben müssen, trotz EM-Halbfinale war die Kneipe kaum
besucht. Das arme Herforder in der Leitung.
Egal, noch rede ich mir so kurz nach dem Lockdown jedes Fassbiererlebnis
schön.
19 Jul 2021
## LINKS
[1] /Bier/!t5009549
[2] /Craft-Beer-in-Kolumbien/!5780226
## AUTOREN
Jörn Kabisch
## TAGS
Kolumne Angezapft
Bier
Alkohol
Genuss
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