# taz.de -- Tradition des Weihnachtsbiers: Schleife drum und fertig! | |
> Weihnachtsbier sieht oft hübsch aus. Aber was den Inhalt angeht, gilt die | |
> Regel: Je besonderer die Flasche, umso unauffälliger ist das Bier darin. | |
Bild: Tuborg mit seinem Jylbryg war Vorreiter | |
Ende August beginnt in den Supermärkten nicht nur die Lebkuchensaison, zur | |
gleichen Zeit wird in den Quengelzonen vor den Kassen auch der Platz für | |
Alkohol freigeräumt. Da steht dann Federweißer, anschließend | |
Oktoberfestbier, im November geht es weiter mit Primeur, vor allem | |
Beaujolais nouveau. Rückt der Advent nahe, kommen die | |
[1][Glühwein-Paletten], und dann, kurz bevor Sekt und Champagner für | |
Silvester aufgestellt werden, gibt es ein kleines Fenster für – | |
Weihnachtsbier. Same procedure as every year. | |
Weihnachtsbier ist offenbar vor allem als Geschenkidee gedacht. Denn es ist | |
immer besonders verpackt. Mal sind es Flaschen aus Steingut, oft | |
Sektflaschen mit Korkkorken, Bügelverschlüsse sehe ich, in Siegellack | |
getaucht. Immer gern angeboten werden auch XXL-Formate, sogar die | |
Nachbildung alter Biersiphons mit fünf Litern Inhalt sind mir schon | |
begegnet. Schleife drum und fertig! Was den Inhalt angeht, gilt jedoch die | |
Faustregel: Je besonderer die Flasche, umso unauffälliger ist das Bier | |
darin. | |
Die Tradition des Weihnachtsbiers ist noch vergleichsweise jung. Das | |
Urweihnachtsbier ist das „Julebryg“, ein dunkles Pils, das die dänische | |
Brauerei Tuborg 1981 auf den Markt brachte. 1990 rief sie den „J-Day“ aus | |
und verteilte das Weihnachtsbier kostenlos in Gaststätten. Die Aktion fand | |
Nachahmer, sodass in Dänemark heute landesweit am ersten Freitag im | |
November J-Day begangen wird. Die Polizei soll an diesem Tag inzwischen | |
verstärkt Alkoholkontrollen durchführen. | |
Zu solcher Beliebtheit hat es Weihnachtsbier hierzulande noch nicht | |
gebracht. Oft sind zwar die Etiketten dem Anlass nach gestaltet, aus den | |
Flaschen kommt nicht selten ein höherprozentiges Märzen, das unter dem | |
Label „Oktoberfestbier“ bekannter ist. Mitunter ist es nach dem dänischen | |
Vorbild lebkuchenfarben, auf jeden Fall dunkel. | |
In Skandinavien und den USA werden beim Brauen auch typische Gewürze wie | |
Zimt, Ingwer, Nelken oder Orangenschale verwendet. In Deutschland ist da | |
das Reinheitsgebot vor. Trotzdem gelingt es den hiesigen Brauern, ein | |
weihnachtliches Geschmacksprofil zu schaffen, ohne dass man beim Trinken | |
sofort flüssigen Lebkuchen assoziiert und Angst vor einem schweren Kopf | |
bekommt. | |
Mein Klassiker ist das Weihnachtsfestbier der Biobrauerei Riedenburger aus | |
dem bayerischen Kreis Kelheim. Es ist ebenfalls ein Märzen, honiggelb mit | |
einer cremigen Schaumkrone. Es riecht leicht malzsäuerlich, im Mund | |
entwickelt es sich halbtrocken mit einer würzigen Süße, die manchmal an | |
Bratapfel erinnert, hinzu kommen Vanille und Mandelnoten. Das ist mir an | |
weihnachtlichem Geschmack genug. God Jul! | |
23 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jörn Kabisch | |
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