Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wassermangel in Norddeutschland: Abwasser, marsch!
> Niedersachsen will die vierte Reinigungsstufe in Kläranlagen erproben.
> Damit könnte Abwasser zur Feldberegnung eingesetzt werden.
Bild: Abwasser aufs Feld? In Niedersachsen denkt man zumindest über Klärwasse…
Hannover taz | Die [1][ausgedehnten Dürreperioden der vergangenen] drei
Sommer haben in Niedersachsen viele aufgeschreckt. Landwirte verzeichneten
massive Ernteausfälle, in den Talsperren sanken die Pegel – und in manchen
Kommunen musste sogar der private Wasserverbrauch zeitweise eingeschränkt
werden: Schluss war [2][mit dem Poolgeplansche in] jedem zweiten Garten.
Aktuell hat sich die Situation dank ergiebiger Regenfälle und wenig
Verdunstung aufgrund der mäßigen Temperaturen zwar ein wenig entspannt,
aber weder die Pegel der Talsperren noch die Grundwasserspiegel haben das
Niveau von 2017 wieder erreicht. Und die nächste Hitzewelle kommt bestimmt.
Die Regierungsfraktionen von SPD und CDU nutzten nun die letzte Sitzung vor
der Sommerpause des Landtages, um einen Antrag einzubringen, der den
Grundwasserspiegel in manchen Regionen schonen soll.
Um die Nutzungskonflikte rund um das Trinkwasser zu entzerren, könnte man
Abwasser so aufbereiten, dass es für die Beregnung der Felder eingesetzt
werden könnte. Dazu müssten die Kläranlagen mit einer vierten
Reinigungsstufe ausgestattet werden, um vor allem Medikamentenreste,
Biozide, Pestizide und Chemikalienrückstände aus dem Wasser zu bekommen.
Einzelne Wasserverbände im Raum Braunschweig / Gifhorn / Wolfsburg machen
das schon, jetzt soll es weitere Pilotprojekte und eine umfassende
wissenschaftliche Begleitung geben.
## Kritik kommt von den Grünen
Auf diese Idee, mosern die Grünen, hätte die Landesregierung schon lange
kommen können, immerhin wird das in Bayern und Baden-Württemberg bereits
länger in viel größerem Umfang erprobt. „Sie können sich gerne mal bei der
grünen Kollegin in Baden-Württemberg erkundigen, wenn Sie da Fragen haben,
Herr Lies“, spottet Imke Byl (Grüne).
Baden-Württemberg hat seit 2010 mehr als 30 Millionen Euro für die
Umrüstung von Kläranlagen ausgegeben und fördert außerdem ein
„Kompetenzzentrum Spurenstoffe“, das Kommunen und Kläranlagenbetreiber
berät.
Der niedersächsische Antrag sei dagegen so vage formuliert, dass nicht
einmal klar ist, in welchem finanziellen Umfang diese Pilotprojekte denn
gefördert werden sollten und unter welchen Bedingungen, kritisiert Byl. Ein
Landesprogramm mit klaren Förderbedingungen wäre besser gewesen.
Tatsächlich ist die vierte Reinigungsstufe nicht ganz unumstritten.
Dahinter verbergen sich verschiedene Verfahren, in Niedersachsen geht es
vor allem um oxidative (Ozonung) und adsorptive Verfahren
(Aktivkohleanwendungen) – von denen aber keines es schafft, alle
schädlichen Stoffe herauszufiltern. Die Effektivität liegt bei circa 90
Prozent.
Die Verfahren sind zudem energie- und kostenintensiv, weshalb die
Wasserversorger gern mahnen, dass dann die Preise steigen. Manche Kritiker
sagen auch, man solle lieber am Beginn der Kette – also beim
Schadstoffeintrag – ansetzen, statt am Ende teure technische Lösungen zu
installieren, deren ökologischer Fußabdruck auch nicht ganz klein ist.
## Landvolk begrüßt Vorstoß
Aber genau deshalb, betont Umweltminister Olaf Lies (SPD) im Landtag, müsse
man ja erst einmal ganz genau schauen, in welchen Regionen sich eine
Umrüstung der Kläranlagen lohne.
Die entsprechende Förderrichtlinie Abwassermanagement, über die dann auch
die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt würden, sei
in Arbeit. Und im Übrigen sei ja vollkommen klar, dass die
Abwasseraufbereitung auch nur ein Baustein [3][in einem viel umfassenderen
Versorgungskonzept] sein könne.
Das Landvolk Niedersachsen begrüßte den Vorstoß und verwies darauf, dass
man die Umweltbeeinträchtigung möglicherweise sogar minimiere, wenn man das
geklärte Abwasser zur Beregnung einsetzt, statt es wie bisher in die Flüsse
zu leiten – immerhin übernehme der Boden damit eine zusätzliche
Filterfunktion.
Über die detaillierte Ausgestaltung der angestrebten Pilotprojekte wird
sich nun der zuständige Ausschuss für Umwelt, Energie, Bauen und
Klimaschutz Gedanken machen müssen, in den der Antrag überwiesen wurde.
14 Jul 2021
## LINKS
[1] /Duerre-im-Norden/!5695609
[2] /Duerre-in-Niedersachsen/!5701874
[3] /Systemwissenschaftlerin-ueber-Wasser/!5773626
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Wasser
Dürre
Niedersachsen
Landwirtschaft
Schwerpunkt Klimawandel
Erneuerbare Energien
Wassermangel
Schwerpunkt Klimawandel
Wasserprivatisierung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Energiegewinnung aus Abwasser: Untenrum warm
Aus Abwasser lässt sich nachhaltig Energie gewinnen. Wir klären die Fragen
zu einer noch unterschätzten Technologie.
Systemwissenschaftlerin über Wasser: „Eine Schande für Deutschland“
In Niedersachsen wird das Wasser knapp und seine Nitratbelastung ist zu
hoch. Professorin Claudia Pahl-Wostl über die Kurzsichtigkeit der Politik.
Wassermangel in Deutschland: Erst der Mensch, dann der Rasen
Die Wasserversorgung muss sich angesichts zunehmender Trockenheit in
Deutschland ändern. Aus dem Hitzesommer 2020 lassen sich Lehren ziehen.
Hydrologe über Dürreperiode 2020: „Bei uns wird Wasser knapp“
Der Staat sollte eine Prioritätenliste festlegen, welche Nutzer in welcher
Reihenfolge Wasser verwenden dürfen. Das fordert Hydrologe Dietrich
Borchardt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.