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# taz.de -- Dresdens neue Stadtschreiberin: Abgedriftet in die Querdenker-Szene
> Die Autorin Kathrin Schmidt wurde als Stadtschreiberin von Dresden
> geehrt. Inzwischen bereut ein Teil der Jury die Wahl.
Bild: Kathrin Schmidt: Stadtschreiberin in der Pegida-Stadt Dresden
Das Ereignis hätte der Kulturstadt Dresden zur Ehre reichen können: An
diesem Freitag hält die neue Stadtschreiberin, die renommierte Autorin
Kathrin Schmidt, ihre Antrittslesung [1][in der Landeshauptstadt, die
Pegida-Metropole] ist. „Seit langem schon zieht mich Dresden in seinen (für
mich niemals zwiespältig gewordenen) Bann“, hatte Schmidt in ihrer
Bewerbung für das Stipendium geschrieben, das ihr nun für ein halbes Jahr
monatlich 1.500 Euro Einkünfte und eine mietfreie Wohnung sichert.
Doch zum Romantisieren besteht in Dresden kein Anlass mehr. Als die Jury im
September 2020 den Titel an die in Gotha geborene Lyrikerin vergab, übersah
sie erste Andeutungen, dass Kathrin Schmidt in der Pandemie abdriftet in
die Szene der Coronaleugner:innen. Sie lobte Kathrin Schmidt für „lyrische
Kompositionskunst“, „ungewöhnliche sprachliche Bilder“ und „poetisches
Schreiben“. Und fairerweise muss man sagen: Das war über Jahre der Ton in
den Feuilletons. [2][2010 gab Schmidt der taz ein langes Interview],
nachdem sie für ihr Buch über ihre Krankheit nach einem Schlaganfall den
Deutschen Buchpreis erhalten hatte. „Oft habe ich früher immer den Mund
gehalten“, sagte sie damals: „Jetzt ist mir egal, was die Leute denken.“
Nach ihrer Nominierung als Stadtschreiberin trat Kathrin Schmidt der
„Querdenker“-nahen Partei Die Basis bei. Im Dezember verteidigte sie den
Youtuber Gunnar Kaiser gegen den Vorwurf, er arbeite mit
„rechtspopulistischem und verschwörungstheoretischem Gedankengut“. „Ach
tatsächlich?“, twitterte sie, „dann tue ich das ja auch.“ Es ging um jen…
Gunnar Kaiser, der im Januar 2021 die Frage aufwarf, ob ältere Menschen mit
Blick auf die „gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgeschäden“ der
Lockdowns wirklich „ein paar eigene Lebensjahre mehr“ verdient hätten.
Im Mai veröffentlichte Schmidt bei Rubikon, inzwischen ein Journal von
Coronaskeptiker:innen, einen Text: „Weißkittel mit finsteren Plänen“.
Darin spannt sie den Bogen von den Medizinverbrechen in der Nazizeit bis
zur geplanten Corona-Impfung von Kindern. Sie wolle das nicht gleichsetzen,
schreibt sie. „Wohl aber gestattet nur der Vergleich, die Lage auch
historisch zu fassen.“ Der Text wird später von [3][Ken Jebsens Portal
KenFM ] übernommen.
Menschen, die sich kritisch mit der „Querdenker“-Szene auseinandersetzen,
lässt Schmidt ihren Hass spüren. Sie will offenbar, dass die Dresdner
Stadtgesellschaft eine Stadtschreiberin aushält, die Coronaleugnerin ist.
Michael Bittner, Mitglied der Stadtschreiber:in-Jury, stöhnt über
„Coronaquark“ und „,Querdenken'-Propaganda“ der Autorin und bedauert im
Rückblick die Auswahl. Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Die Linke)
sieht ein „Dilemma“ und appelliert an Schmidt, „das Amt der
Stadtschreiberin als renommierte und sensible Autorin auszufüllen und nicht
mit parteipolitischen Diskursen zu vermengen“. Und bei der Sächsischen
Zeitung steht zur Disposition, ob Schmidt so wie frühere
Stadtschreiber:innen eine Kolumne bekommt.
25 Jun 2021
## LINKS
[1] /Rechte-und-Verfassungsschutz/!5765763
[2] /Montagsinterview-Kathrin-Schmidt/!5150084
[3] /Sechsteiliger-Podcast-zu-Ken-Jebsen/!5774785
## AUTOREN
Matthias Meisner
## TAGS
Dresden
Schriftstellerin
Literatur
Coronaleugner
"Querdenken"-Bewegung
Schwerpunkt Meta
Coronaleugner
Verschwörungsmythen und Corona
Ken Jebsen
Rechtsextremismus
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