# taz.de -- Personalien bei Turbine Potsdam: Krasse Widerstände | |
> Tabea Kemme wäre fast Präsidentin von Turbine Potsdam geworden. Man wird | |
> von ihr als Vertreterin einer neuen Frauengeneration gewiss noch hören. | |
Bild: Entschlossen: Tabea Kemme will Verantwortung im Frauenfußball übernehmen | |
Denkbar eng ist es am Ende gewesen. Mit zehn Stimmen Vorsprung hat der | |
Konservatismus bei Turbine Potsdam gesiegt. Der 73-jährige Amtsinhaber Rolf | |
Kutzmutz triumphierte gegen seine 29-jährige Herausforderin Tabea Kemme, | |
die vieles anders machen wollte, professioneller, kommerzieller, | |
konkurrenzfähiger. Mithin, Turbine Potsdam mit neuen Mitteln zu alter Größe | |
zurückführen. Ex-Spielerin Kemme, die sich in den sozialen Medien zu | |
präsentieren weiß [1][und zuletzt für VW bei der Männer-EM als Expertin | |
auftrat], hat in England ihre Lektion gelernt. Die lautet: im | |
internationalen Rennen nicht zurückfallen. | |
Sie liegt damit voll im Zeitgeist. Eine neue Generation von Frauen schickt | |
sich an, Räume im Fußball zu erobern. Sie kämpfen dabei gegen alte Herren | |
in verkrusteten Strukturen, die wie in Potsdam mit aller Macht versuchen, | |
unbequeme Frauen, Wandel und Jugend – in dieser Reihenfolge – in ihren | |
Gremien zu verhindern. Der Kampf in Potsdam lief schmutzig, und er hat | |
tiefe Risse hinterlassen. | |
Auf einer Veranstaltung [2][der neu gegründeten Female Football Academy], | |
die in eben das neofeministische Horn bläst und von Kemme mitgegründet | |
wurde, erklärte sie zuletzt ihre Philosophie. Sehr tough, sehr klar, | |
selbstbewusst. Sie ist eine von denen, die spielend leicht mit | |
linksliberalen Begriffen wie Diversity und Empowerment jonglieren, und die | |
sich durchaus als Feministinnen verstehen. | |
Zum Wirtschaftsliberalismus ist ihre Haltung dagegen weniger kritisch, | |
Professionalisierung und Kommerzialisierung sind klare Ziele. „Ich habe vor | |
meiner Kandidatur ein privates Coaching gemacht“, ließ Kemme wissen. | |
US-inspiriertes Management statt des muffigen Alt-Unternehmertums à la | |
Kutzmutz. Bei der Veranstaltung darf auch ein Spielerinnenberater davon | |
schwärmen, bald Millionentransfers im Frauenfußball möglich zu machen. | |
Kemme wollte Potsdam zurück in die Champions League bringen, aber auch die | |
Macht auf mehr Schultern verteilen und endlich Ex-Spielerinnen beim Verein | |
einbinden. Bisher wurden die in kaum einem Bundesliga-Klub gefragt. | |
Bei der Academy-Veranstaltung gab sie interessante Einblicke, wie mit ihr | |
als Frau umgegangen worden sei: „Die Widerstände waren krass, überall | |
wurden Mauern hochgezogen.“ Bald aber dürften die erstürmt werden, hier | |
oder woanders. Auf der Woge des Corporate Feminism. Für kritischere Ideen | |
zur Zukunft des Fußballs scheint kein Platz, der Tenor ist gesetzt – | |
wirtschaftlich weiter wie gewohnt, aber ein bisschen bodenständiger als die | |
Männer. In Berlin könnte schon im August Modernisierung kommen, [3][wenn | |
Gaby Papenburg erste Präsidentin eines Landesverbandes werden will.] | |
20 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.instagram.com/p/CQUEFOtrCOE/ | |
[2] https://femalefootballacademy.org/ | |
[3] /Amateurfussball-in-Coronazeiten/!5756598 | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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