# taz.de -- Franco A. im Prozess: Donnerwetter im Gericht | |
> Im Prozess um die mutmaßlich geplanten Terroranschläge redet der | |
> rechtsextreme Bundeswehroffizier Franco A. viel und sagt doch wenig. | |
Bild: Der Vorsitzende Richter Christoph Koller (l.) am dritten Verhandlungstag … | |
FRANKFURT/M taz | Am vierten Verhandlungstag reicht es dem Vorsitzenden | |
Richter. „Wir müssen jetzt was Organisatorisches besprechen“, so beginnt | |
Christoph Koller seine Ansprache an den Angeklagten. Er sagt, Franco A. | |
habe bisher nicht einmal das eingeräumt, was laut Aktenlage eigentlich klar | |
sei. Er habe auch nicht sehr viel dazu beigetragen, die vielen | |
Ungereimtheiten aufzuklären, die sich aus seinen Erzählungen und aus der | |
Beweislage ergeben. | |
Ganze sieben Minuten lang redet Koller. Nur ein frühes Geständnis wirke | |
strafmildernd, erklärt er. Sein freundliches Donnerwetter endet mit den | |
Sätzen: „Das ist Zeitverschwendung.“ Und: „Soll da jetzt eine umfangreic… | |
Einlassung kommen oder nicht?“ Stille. Zehn Sekunden, zwanzig, so lange, | |
bis Koller fragt, ob denn mal eine Pause angebracht sei. | |
Der Prozess gegen Franco A. vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main | |
ist ein außergewöhnlicher Prozess. [1][Ein Offizier der Bundeswehr steht | |
wegen Rechtsterrors vor Gericht.] Und genau dieser Offizier hat 15 Monate | |
lang ein Doppelleben geführt, und zwar als syrischer Geflüchteter. Franco | |
A. behauptet, er habe so die Schwächen des deutschen Asylsystems offenlegen | |
wollen. Der Generalbundesanwalt wirft ihm vor, er habe diese Tarnidentität | |
für einen Anschlag verwenden wollen, um den Hass gegen Geflüchtete | |
weiterzuschüren. | |
Bis zum Tag von Kollers Ansprache, Dienstag vor einer Woche, scheinen | |
Franco A.s Verteidiger eine mehr oder weniger klare Strategie zu verfolgen: | |
Sie wollen der Anklage eine eigene Erzählung entgegensetzen. Ausführlich | |
schildern sie, wie Franco A. in die Welt blickt und wie sein Umfeld auf | |
ihn. Er sei ein politisch Neugieriger und Suchender und in jedem Fall: | |
harmlos. Sein äußerliches Auftreten passt dazu. Die Haare trägt er als | |
langen Zopf, die Hemden kariert in Grün und Rot, manchmal kommt er auch im | |
hellen Sommeranzug, Modestil Katholikentag. In den Verhandlungen sitzt er, | |
der in Offenbach wohnt, allein. Soweit erkennbar, ist niemand aus seiner | |
Familie oder dem Freundeskreis da. Er nennt Personen meist nur mit | |
abgekürzten Namen, weil er sie nicht mit reinziehen wolle. | |
## Pistole beim Pinkeln gefunden | |
Im Saal stellt er sich als kritisch gegenüber der Politik dar, Angela | |
Merkel etwa habe „quasiautokratisch“ als Kanzlerin „gegen die Interessen | |
der BRD“ gehandelt, als Deutschland nahezu eine Million geflüchtete | |
Menschen vor allem aus Syrien aufnahm. Franco A. sei kein Gewalttäter, das | |
ist die Linie der Verteidigung, dieses Narrativ spinne nur die | |
Bundesanwaltschaft, die von der Bundesregierung gelenkt und, | |
verschwörerisch verbunden mit den Medien, ihn hinter Gitter bringen wolle. | |
[2][Eine Opfererzählung]. | |
Eigentlich, so sagen es Franco A. und seine Verteidiger des Öfteren, könnte | |
man das hier doch schnell abhandeln. Aber wie soll das funktionieren, wenn | |
man zu den für das Verfahren relevanten Punkten so wenig preisgibt? | |
Da wäre zum Beispiel die Pistole der Marke M. A. P. F., die Franco A. im | |
Februar 2017 beim Pinkeln in einem Gebüsch in Wien gefunden haben will. | |
Sicher ist, dass er die Pistole danach auf einer Toilette des Flughafens | |
versteckte. Als er sie später wieder abholen wollte, tappte er in eine | |
Falle der österreichischen Polizei. So flog Franco A. überhaupt erst auf, | |
denn die Überprüfung seiner Fingerabdrücke in Deutschland ergab, dass diese | |
zu einem Mann passen, der angeblich aus Syrien geflohen war. | |
Den Besitz dieser Pistole, geladen mit sieben Schuss, [3][hat Franco A. | |
eingeräumt], ebenso, dass er als syrischer Flüchtling widerrechtlich | |
Sozialleistungen kassiert hat. Darüber hinaus gab er zu, 1.090 Schuss | |
Munition besessen zu haben sowie 51 Spreng- und Knallkörper. Das war | |
faktisch ohnehin nicht mehr zu leugnen. | |
## Franco A. redet gerne und ausführlich | |
Relevanter für das Verfahren aber ist, wie er an diese Pistole kam. Die | |
Geschichte vom Zufallsfund beim Pinkeln hat er der österreichischen Polizei | |
erzählt. Selbst versucht A. diese Darstellung inzwischen zu vermeiden, er | |
liefert aber auch keine neue. „Ich hab da einige Schwierigkeiten damit“, | |
sagte der Vorsitzende Richter Koller am Dienstag der vergangenen Woche, als | |
das siebenminütige Donnerwetter über dem Gerichtssaal niedergeht. | |
Vielleicht sei es ja so gewesen, aber er finde es „nicht so plausibel“. | |
Ebenso leuchte ihm nicht ein, „dass man die Waffe dann vergisst und die | |
weiter in der Jacke hat“. | |
Gerne und ausführlich redet Franco A. vor Gericht über Dinge, die mit dem | |
Fall höchstens indirekt zu tun haben, etwa darüber, dass CDU und CSU ihre | |
flüchtlingspolitischen Versprechen nicht umgesetzt hätten. | |
Auch von seinem Doppelleben als Flüchtling hat er ausführlich erzählt. Wie | |
er sich eine Geschichte von einem französischsprachigen Syrer | |
zusammengoogelte, der in seinem Mikrokosmos selten Arabisch sprach. Franco | |
A. spricht fließend Französisch, weil er für seine Offiziersausbildung | |
mehrere Jahre in Frankreich war, und er hat dort auch ein bisschen Arabisch | |
gelernt. Es habe aber nie tiefer gehende Nachfragen gegeben. So klingt es | |
auch in der Tonaufnahme seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und | |
Flüchtlinge, die A. angefertigt hat und die im Gericht abgespielt wird Und | |
so schlüpfte A. regelmäßig in diese Rolle, nahm seinen Flüchtlingsrucksack | |
mit Dokumenten, Klamotten und Smartphone und fuhr nach Bayern, wo ihm eine | |
Unterkunft zugeteilt worden war. Er habe das deshalb so lange gemacht, sagt | |
A., weil der Schutzstatus erst im Januar 2017 rechtskräftig wurde – kurz | |
bevor seine Pistole im Wiener Flughafen gefunden wird. Nachdem Franco A. | |
dort festgenommen wird, darf er zunächst wieder gehen. Im April 2017 wird | |
er dann unter Terrorverdacht verhaftet und sitzt mehrere Monate in | |
Untersuchungshaft. | |
Zu seiner Person will Franco A. zunächst nichts sagen. Aber dann macht er | |
es doch, berichtet von seiner Zeit an der Militärakademie Saint-Cyr in | |
Frankreich, von der Ausbildung in den Alpen bis zum Dschungelkampf in | |
Französisch-Guyana, wie sie zu Feierlichkeiten in der Schuluniform nach | |
Paris fuhren und was er bei Studienaufenthalten in England erlebte. „Welche | |
besonderen militärischen Fähigkeiten hat jemand, der diese Ausbildung | |
gemacht hat?“, fragt Richter Koller. „Ich bin militärischer Laie.“ | |
## Geschickte Vorgehensweise des Richters | |
Da antwortet Franco A. gerne, wie ein Sachverständiger. Ein | |
Kommandolehrgang sei Teil der Ausbildung gewesen, er habe Nahkampf gelernt | |
und wie man Kommandoaktionen plane, Hinterhalte und Handstreiche. „Können | |
Sie das mit dem Hinterhalt noch mal erklären?“, fragt der Richter. | |
Dass Franco A.s Strategie immer weniger verfängt, liegt auch an der | |
geschickten Vorgehensweise des Richters. Christoph Koller drängt nicht und | |
bleibt zuvorkommend. „Wenn wir über die Tatsachen einig sind, hören wir uns | |
gerne auch ihre Motivlage an“, sagt er einmal. „Ist doch schön, dass wir so | |
ins Gespräch kommen.“ Zwischendurch schmeichelt er Franco A. fast schon ein | |
bisschen mit positiven Bemerkungen aus den Akten. Abiturnote: 1,5 und | |
Studienabschluss als Zweitbester, „physisch gut drauf“. | |
Sobald Franco A. ins Reden kommt, redet er so viel, dass er mitunter die | |
Kontrolle zu verlieren scheint. Etwa als es um seine Masterarbeit geht, die | |
ein Gutachter als einen „radikalnationalistischen, rassistischen Appell“ | |
bezeichnet hat. Er sagt, es sei ihm wichtig gewesen zu betonen, dass es bei | |
Subversion „neben dem kulturellen Aspekt auch einen ethnischen Aspekt | |
gibt“. | |
Der Richter fragt nüchtern nach: „Sie sagen, Sie sind kein Rechtsextremist, | |
Sie haben keine völkisch-nationalistische Haltung?“ | |
## Irritiert bis zur Bockigkeit | |
Nein, sagt Franco A., er habe auch das Individuelle im Blick. | |
„Abstammungstechnisch“ gebe es schon Unterschiede zwischen den Menschen. | |
Ein Rassist sei aber nur jemand, der allein auf dieser Grundlage Menschen | |
und Sachverhalte einordne. „Das liegt mir fern. Aber das zu verleugnen | |
liegt mir ebenso fern.“ | |
Seit jenem Dienstag, als der Richter sein Donnerwetter loslässt, kann | |
Franco A. nicht mehr ungestört referieren. Er lässt sich unter dem Eindruck | |
der Ermahnung tatsächlich länger ein – und gesteht, [4][dass er drei | |
weitere Waffen illegal besessen hat]. Darunter ist ein Schnellfeuergewehr | |
G3, das lange das Standardgewehr der Bundeswehr war. Die Bundesanwaltschaft | |
wirft ihm zwar den Besitz dieser Waffen vor, sie wurden aber nicht | |
gefunden. | |
Richter Koller hakt nach, er fragt, woher er die Waffen hat, seit wann und | |
wo gelagert. Mit seinen Einwänden wie dem, dass 75 Prozent der Munition | |
„nicht letal“, also nicht tödlich gewesen sei, kann Franco A. sich keinen | |
Raum mehr zur Selbstdarstellung verschaffen, und das irritiert ihn bis zur | |
Bockigkeit. Als der Richter nicht lockerlässt, sagt Franco A., er habe den | |
Besitz doch gestanden; von wem er die Waffen habe, sei doch wohl | |
irrelevant. | |
Danach liefert sich A. noch ein Wortduell mit der Vertreterin des | |
Generalbundesanwalts, die selten etwas sagt. Franco A. möge doch Tatsachen | |
vortragen, über deren Wichtigkeit entscheide das Gericht. Er, pampig: | |
„Warum wird mir verwehrt, das zu sagen?“ Und: „Dann kann ich auch zu Hause | |
bleiben“ – als sei das hier ein freiwilliger Debattierklub. | |
## Hart nachfragen, nicht mehr reden lassen | |
Es kommt heraus, dass Franco A. diese Waffen spätestens im Sommer 2016 | |
besessen hat. Das ist entscheidend, weil er in jenem Sommer nach Berlin | |
fährt, und zwar nach Mitte in die Tiefgarage der dort ansässigen Amadeu | |
Antonio Stiftung. Die Stiftung setzt sich unter anderem gegen | |
Rechtsextremismus und Rassismus ein. Ihre Vorsitzende Anetta Kahane ist | |
eine Hassfigur in rechtsextremen Kreisen, sie erhält regelmäßig | |
Morddrohungen. Ihr Name steht neben denen anderer Politiker:innen wie | |
Heiko Maas und Claudia Roth auf mehreren Zetteln und Seiten von | |
Notizbüchern, die die Ermittler:innen bei Franco A. sichergestellt | |
haben. Die Bundesanwaltschaft vermutet, dass diese Personen als | |
Anschlagsziele auserkoren wurden. Franco A. bleibt bei seiner Darstellung, | |
er habe das Gebäude aufgesucht, um mit Anetta Kahane zu reden, und seine | |
Waffen habe er in Berlin nicht dabeigehabt. | |
Was Franco A. nicht verraten will: Wo sind diese Waffen jetzt? Wer hat sie? | |
Er sagt nur, er sei sie losgeworden. | |
Die Munition und Sprengkörper wurden bei einem Kumpel von ihm gefunden, | |
Mathias F., der deswegen bereits zu einer Bewährungsstrafe verurteilt | |
wurde. Er sollte an diesem Donnerstag aussagen, aber die Zeit ist zu knapp. | |
Auch [5][Maximilian T. ist als Zeuge geladen], ein Bundeswehrkamerad von | |
Franco A. und der Bruder seiner Lebensgefährtin. Er war gemeinsam mit | |
Franco A. der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat | |
verdächtigt. Das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt. Weil er sich selbst | |
belasten könnte, darf er zu fast allem, was den Tatvorwurf gegen Franco A. | |
betrifft, die Aussage verweigern. Eine Frage nur stellt ihm der Vertreter | |
des Generalbundesanwalts: Gab es ein Gespräch zwischen T. und Franco A. bei | |
dem dieser gesagt hat, das deutsche Sozialsystem sei „durch unzureichend | |
integrierte Einwanderer geschwächt“? So habe T. das dem Militärgeheimdienst | |
MAD erzählt. T. sagt, er könne sich an so etwas nicht erinnern. | |
Hart nachfragen, nicht mehr reden lassen. Franco A. scheint mit der neuen | |
Linie des Gerichts schwer umgehen zu können. Er wird blass, und sein | |
Gesicht verkrampft sich, wenn er solche Ansagen vom Vorsitzenden Richter | |
bekommt, aber spätestens beim nächsten Termin redet er wieder wie am Anfang | |
von sich – als einem kritischen Geist, aber harmlos. | |
## Nach einer Pause wird Franco A. ganz still | |
Dass diese Strategie vielleicht nicht fruchtet, haben auch seine Anwälte | |
erkannt, immer wieder reden sie auf ihn ein. Nach der richterlichen | |
Ermahnung am Dienstag nimmt sich einer seiner Verteidiger Franco A. auf dem | |
Hof zur Brust, über eine Stunde lang. Einen Satz sagt er so laut, dass ihn | |
alle hören können, die diese Szene beobachten: „Das interessiert hier aber | |
niemanden.“ | |
Vielleicht haben die Anwälte bis zu diesem Tag mit mehr Entgegenkommen von | |
Christoph Koller gerechnet. Denn der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts, | |
dem er damals schon angehörte, lehnte im Sommer 2018 das Ansinnen des | |
Generalbundesanwalts ab, gegen Franco A. wegen der Vorbereitung einer | |
schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu verhandeln. Ein Kernargument: | |
Franco A. habe so viele Monate Zeit für die Planung gehabt und doch keine | |
Tat begangen. Der Bundesgerichtshof ließ diese Anklage dann doch zu. | |
Mehrfach betonte der Vorsitzende Richter Koller im jetzigen Verfahren, dass | |
Zeit vergangen sei und er nun aufklären wolle. | |
Womöglich haben Franco A.s Verteidiger den Effekt des Mordes am Kasseler | |
Regierungspräsidenten Walter Lübcke auf die Perspektive der | |
Richter:innen unterschätzt. Da ließ sich der Täter sogar mehrere Jahre | |
Zeit, bevor er zuschlug. Vier der Richter:innen, die im Fall Franco A. | |
entscheiden, sind dieselben wie im Lübcke-Prozess, der damalige Vorsitzende | |
ist inzwischen in Pension. | |
Am Dienstag dieser Woche sitzt Franco A. wieder im Gerichtssaal. Es geht um | |
Motorräder, Orte, Namen und Waffen, er soll das Gekrakel auf seinen Zetteln | |
erklären. Warum steht das Wort „Schrotflinte“ auf dem gleichen Blatt wie | |
die Namen von Anetta Kahane und Heiko Maas? Wieso tauchen diese und weitere | |
Namen auf mehreren Blättern auf? Was bedeuten Sätze wie: „Wir befinden uns | |
an einem Punkt, an dem wir noch nicht handeln können, wie wir es wollen“? | |
Franco A. erzählt gern und lang, wann er angeblich welches Motorrad wohin | |
gefahren hat und dass er sich eine alte Flinte auf einem bekannten | |
Flohmarkt im Berliner Bezirk Friedrichshain kaufen wollte, aber ihm 200 | |
Euro zu teuer waren. Er erinnert sich an kleinste Details. Eigentlich soll | |
eine Richterin aus den Blättern vorlesen, aber Franco A. redet immer wieder | |
dazwischen. Als das Gericht ihm eine Pause einräumt, damit er mit seinen | |
Anwälten beraten kann, sagt er: „In der Regel brauche ich das nicht.“ | |
Spätestens hier stellt sich die Frage, welchen Zugang die beiden | |
Verteidiger eigentlich noch zu ihrem Mandanten haben. | |
Nach dieser Pause wird Franco A. dann allerdings ganz still. Er reißt sich | |
jetzt auch nicht mehr darum, Notizen vorzulesen, in denen es heißt: „Roth | |
lokalisieren“, „Antifa Gruppe“, „Granate, Asylant, werfen lassen, filme… | |
„Secret Relationships Blacks and Jews“ und „Polizeifunk abhören, René�… | |
## Der Zettel mit Ursula Haverbeck | |
Seine Erklärungen für solche Sätze sind fahrig. Claudia Roth habe er in den | |
sozialen Medien lokalisieren wollen, weil sie irgendwo gesagt habe, | |
Deutschland möge verrecken. Das sei nicht angemessen für eine Politikerin, | |
die dieses Land vertreten wolle. Zu all den Namen linker und grüner | |
Politiker:innen auf den Zetteln habe er nur recherchieren wollen. Das | |
mit dem Asylbewerber und der Granate sei eine Filmidee gewesen, sagt Franco | |
A. Und dieser René sei ein Ruderkumpel von ihm, der kenne sich besser als | |
er mit Tontechnik aus. „Diese Idee mit dem Film kann ich mir nicht so | |
richtig vorstellen“, sagt Richter Koller. | |
Er sich auch nicht, antwortet Franco A. | |
Dann kommt der Zettel mit Ursula Haverbeck. Die ist eine der ältesten und | |
bekanntesten Holocaustleugnerinnen in Deutschland, eine Ikone der | |
rechtsextremen Szene. Sie wurde mehrfach zu Geldstrafen verurteilt und saß | |
mehr als zwei Jahre im Gefängnis. Auf dem Blatt steht neben Notizen zu | |
einer Bank und zur Zerstörung eines „Rothschild-Steins“ in Frankfurt am | |
Main der Satz: „Frau Haverbeck ins Gefängnis, dann Befreiungsaktion“. Ob er | |
denn wisse, wer diese Frau sei, fragt Richter Koller. | |
„Das ist eine alte Frau, die zum Holocaust eine eigene Ansicht hat und | |
deswegen öfter mit dem Strafrecht in Kontakt kommt“, antwortet Franco A. – | |
„Eine Holocaustleugnerin?“, fragt Koller. – „So kann man das sagen.“ | |
Der Richter fragt, ob man zu einer historischen Tatsache eine andere | |
Meinung haben könne. | |
Tatsachen seinen natürlich Tatsachen, erwidert Franco A., aber man könne | |
doch zu Tatsachen abweichende Meinungen haben. Zum Beispiel bei Napoleon. | |
Dann sagt er noch, er habe für die Befreiung von Frau Haverbeck gar nicht | |
die Mittel. | |
## Der Prozess geht weiter | |
Zudem möchte er lieber über die auf dem Blatt Papier erwähnte Bank reden, | |
weil er da nämlich in eine stabilere Währung investieren wollte. Was mit | |
dem „Rothschild-Stein“ und dessen Zerstörung gemeint sei, wisse er auch | |
nicht so genau, das sei so lange her, er könne sich da nicht erinnern. | |
„Sie machen hier sehr wortreiche Ausführungen zu randständigen Details“, | |
sagt einer der Richter, „aber zu den markanten Dingen haben Sie keine | |
Erinnerung. Wissen Sie, was für ein Bild das auf sie wirft?“ | |
Die Verhandlung wird also noch lange weitergehen. Eigentlich sollte Mitte | |
August Schluss sein, aber Richter Koller hat am Donnerstag neue Termine | |
bekannt gegeben. Der Prozess dauert mindestens bis Ende Oktober. | |
19 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Rechtsextreme-Netzwerke-in-Deutschland/!5767295 | |
[2] /Franco-A-im-Prozess/!5767842 | |
[3] /Mutmasslicher-Rechtsterrorist-vor-Gericht/!5775563 | |
[4] /Mutmasslicher-Rechtsterrorist-vor-Gericht/!5778324 | |
[5] /taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5634114 | |
## AUTOREN | |
Daniel Schulz | |
Sebastian Erb | |
## TAGS | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Franco A. | |
Rechtsextremismus | |
GNS | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Thüringen | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Unter Terrorverdacht stehender Offizier: Franco A. erneut in U-Haft | |
Franco A. steht unter Terrorverdacht und ist nun wieder in | |
Untersuchungshaft. Hintergrund sind neue etwaige Beweismittel. | |
Gerichtsverfahren gegen Franco A.: Vom Offizier zum Geflüchteten | |
Franco A. plante mutmaßlich rechten Terror und hatte als vermeintlicher | |
Syrer einen Schutzstatus. Der Prozess gegen ihn zeigt, wie das möglich war. | |
Urteil zu Neonazi-Überfall in Thüringen: Justiz von vorgestern | |
Die Männer, die in Thüringen eine Kirmesgesellschaft niedergeprügelt haben, | |
sind vor Gericht zu billig davon gekommen. Das Urteil ist ein Skandal. | |
Mutmaßlicher Rechtsterrorist vor Gericht: Franco A. gesteht Waffenbesitz | |
Der Ex-Offizier gibt zu, dass er drei weitere Waffen illegal besaß, | |
darunter ein Sturmgewehr. Mit Anschlagsplänen habe das aber nichts zu tun | |
gehabt. | |
Franco A. im Prozess: Er inszeniert sich als Opfer | |
In Frankfurt am Main hat der Prozess gegen den mutmaßlichen | |
Rechtsterroristen Franco A. begonnen. Die Verteidigung setzt auf | |
Verschwörungserzählungen. | |
Rechtsextreme Netzwerke in Deutschland: Ein deutscher Soldat | |
Er gab sich als Flüchtling aus und soll Anschläge geplant haben. Bald | |
beginnt der Prozess gegen den Bundeswehroffizier Franco A. Wer ist dieser | |
Mann? |