# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Prickel von einem Kerl | |
> Schurken, die die Welt beherrschen wollen. Heute: Frank-Walter „Steini“ | |
> Steinmeier, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. | |
Bild: Besprenkelt Deutschland gern mit verdächtigen Flüssigkeiten: El Preside… | |
Frank-Walter Steinmeier hat die Beine auf den viele Meter breiten | |
Schreibtisch gelegt, nimmt einen tiefen Schluck Brandy aus dem Schwenker | |
und wirft das noch immer halbvolle Glas über die Schulter an die Wand, wo | |
ein brauner Fleck auf dem Gemälde zurückbleibt und sich die Splitter in die | |
wertvollen alten Ölfarben bohren. Der Schinken hinter ihm heißt „Der | |
Weimarer Musenhof“, ist von Theobald von Oer und zeigt „Schiller in Tiefurt | |
dem Hof vorlesend“. Und da ist Steinmeier gerade – nicht in Weimars | |
goldenen Tagen, sondern ganz tief unten im Hier und Jetzt des Berliner | |
Bundesschlosses. | |
Der Bundespräsident rülpst. Dann fixiert er seinen Sekretär und | |
Pressereferenten, der ängstlich auf dem kleinen, rohen Holzstuhl vor ihm | |
kauert. Steinmeier beugt sich mächtig vor und haut auf den Tisch, dass sich | |
die Platte krümmt und alle Fenster im Schloss Bellevue scheppern. | |
„Himmelherrgottblitzgewitterarsch!“, donnert der erste Mann im Staate | |
Deutschland wie so oft. „Schon mehrere Wochen sind ergebnislos verdampft, | |
seit ich meinen hundertprozentigen Anspruch auf eine goldene zweite | |
Amtszeit in die Welt gesetzt habe. Und noch immer haben diese grünen | |
Pissnelken und die gottverdammten Schwarzkittel nicht … – nein, Sie | |
Würstchen! Das billige Ja-Wort von FDP, Linkspartei und dieser anderen | |
Partei da … da lachen ja die Hühner von Rostock bis Passau, Sie Hammel!“ | |
Die Wucht der Rede lässt den Kronleuchter bedenklich schaukeln, und | |
Steinmeiers Hausknecht krümmt sich auf dem Stuhl wie eine gebissene Raupe. | |
Zwar weiß der seit dem Jahr 2017 mit Abstand ranghöchste Deutsche, dass der | |
Gewerkschaftsbund und der Bundesverband der Deutschen Industrie bereits | |
zufrieden schnurren, denn unter Steinmeiers Oberaufsicht können Ausbeutung | |
und Ausschlachtung einfach ohne größere Kratzer wie gewohnt weitergehen. | |
Aber sind die beiden Tarifonkel auch bereit, für die nötigen Stimmen in der | |
Bundesversammlung ein paar Zahlen mit vielen Nullen springen zu lassen? | |
Steinmeier gerät weit außer sich: „Nee, das kriegen Sie offenbar nicht hin, | |
Sie Totalversager! Sie Hemd!“ | |
## Grauer Bürokrat | |
Gewiss: Das Bild, das sich die Allgemeinheit von ihrem obersten Herrn und | |
Meister macht, ist ein anderes. Sie hält [1][den Bundespräsidenten], | |
ehemaligen Außenminister und einstigen Chef des Kanzleramts unter Gerhard | |
Schröders fünf Buchstaben für einen grauen Bürokraten, einen blassen | |
Durchschnittsotto, der niemals einen Pfifferling riskiert und noch keine | |
Rede abgeseilt hat, die sich ins öffentliche Bewusstsein eingefräst hätte | |
wie einst die von Roman „Ruck“ Herzog. | |
Doch dieses Image – nichts könnte falscher, ja verdrehter sein! Der wahre | |
Steinmeier ist ein Machtmensch, der bis aufs nackte Blut das klare Wort, | |
die schneidende Attacke, den tödlichen Angriff liebt. Als im Jahr 2009 die | |
Sozialdemokratie mit ihrem Kanzlerkandidaten Steinmeier bei der | |
Bundestagswahl totaliter abgesoffen war, rief er sich sofort im Handstreich | |
zum Fraktionschef der SPD aus – bis unter die Gürtellinie verängstigt, | |
verkrümelten sich alle Konkurrenten schnell unter die hinteren Bänke, wo | |
sie sicher waren. | |
Man denke an das Jahr 2014, als Steinmeier das wieder erwachsen gewordene | |
Deutschland mahnte, endlich Weltpolitik mit ordentlich Peng und Bumm zu | |
betreiben, statt an der Außenlinie zuzuschauen, wie andere den Globus ganz | |
allein zurichten. Oder man schraube sich zurück ins Jahr 2002, als er sogar | |
einen Feldzug gegen Millionen eigene Bürger, nämlich die Agenda 2010 und | |
Hartz IV im abgedunkelten Hinterzimmer des Kanzleramts austeufelte. | |
Eigentlich aber hat Steinmeier gegen niemanden was, es geht ihm nur um | |
Steinmeier, und wer sich ihm in den Weg rollt, kommt unter die Radieschen, | |
weiter nichts. Deshalb verzichteten sämtliche christdemokratischen | |
Politiker der Parteien CDU und CSU im Jahr 2017 klugerweise und um ihr | |
Leben besorgt auf einen Gegenkandidaten bei der Bundespräsidentenwahl, | |
nachdem Steinmeier bei seiner Bewerbungsrede wie zufällig eine Pistole, | |
einen Patronengurt, eine Handgranate und wie üblich auch sein Buschmesser | |
gut sichtbar aufs Pult gelegt hatte, neben die manchem nur zu bekannte | |
Krokodillederpeitsche. Sie hieß ihm Berliner Volksmund nur „Steinis Zunge“, | |
und ihr Geschmack war grausam! | |
## Junger Eisenfuß | |
„Prickel“ war Steinmeiers Spitzname, als der junge Eisenfuß beim TuS 08 | |
Brakelsiek im nordrhein-westfälischen Kreis Lippe prickelnden Fußball | |
spielte. Wer sich ihm in den Weg stellte, wurde schon damals umgemäht und | |
musste mit den Beinen voran weggetragen werden, manchmal in mehreren | |
Portionen. Den jungen Frank-Walter umgab ein Ruf wie Donnerhall, bei dem | |
ganze Straßenzüge vor Angst gefroren; und dass der Rabauke später | |
ausgerechnet Jura studierte, war dem Umstand geschuldet, dass er Mittel und | |
Wege suchte, sich auch künftig niemals erwischen zu lassen. | |
Heute ist Steinmeier, der 65 Jahre lang nicht mit dem Strafgesetz | |
kollidiert ist, ruhiger geworden. Er hört Gangsta-Rap nur mehr, und sein | |
Hobby Kickboxen übt er nicht zum Nachteil anderer aus. Nur wenn es nicht | |
komplett nach seiner Nase geht, kann er ungemütlich werden. | |
[2][„Nur noch bis Februar läuft die Uhr], dann ist die Wahl!“, brüllt | |
Frank-Walter Steinmeier, und sein Lakai schrumpft weiter ein. „Aber da sind | |
noch immer die grüne Katrin Göring-Goebbels, die schwarze Annegret | |
Kramp-Beckenbauer, die noch schwärzere Ilse Aigner-Strauß – die Namen schon | |
mal gehört, Sie Schnupftuch? Alles Frauen. Alles Kandidatinnen. Die Welt | |
aber braucht mich, ich regiere über alle Parteigräben hinweg! Die Zukunft | |
muss Prickel heißen!“ | |
Ruft’s – und gießt sich zur Beruhigung der Nerven einen weiteren | |
Bundes-Brandy ein. Wenigstens das bleibt ihm. | |
15 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
peter Köhler | |
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