# taz.de -- Ende der Homeoffice-Pflicht: Kein Zurück zum alten Normalbetrieb | |
> Die Arbeit zuhause ist für manche bequem, für andere eine Überforderung. | |
> Sinnvoll ist ein hybrides Modell, das feste Termine im Büro vorsieht. | |
Bild: Frau im Homeoffice | |
Der Begriff „Normalbetrieb“ fällt im Streit über das [1][Homeoffice]. Die | |
mittelständischen Unternehmen müssten endlich zum „Normalbetrieb“ | |
zurückkehren können, so der Chef des Mittelstandsverbands. Die Frage ist | |
nur, was der „Normalbetrieb“ ist, wenn die Coronapandemie abflaut. | |
Die [2][Pflicht zum Homeoffice entfällt Ende Juni], theoretisch also | |
könnten sich die Beschäftigten spätestens nach den Sommerferien wieder | |
morgens in den Bus quetschen, in die Büros strömen, ihre vertrauten Plätze | |
einnehmen, die Teeküche putzen, den Kollegenplausch halten und am späten | |
Nachmittag den Heimweg antreten. Aber ganz so wird es nicht sein. Die | |
Coronapandemie, während der ein Drittel und mehr der Beschäftigten | |
zumindest zeitweise von zu Hause aus arbeiteten, hat die Jobwelt verändert. | |
Der Geist ist aus der Flasche. Es gibt zwar keinen Anspruch auf Homeoffice, | |
aber [3][viele Unternehmen] stellen sich darauf ein, dass ihre | |
Mitarbeiter:innen auf Dauer zumindest tageweise von zu Hause aus ihren | |
Job machen wollen. Das „hybride Arbeiten“ ist im Kommen. Von zu Hause aus | |
arbeitet gern, wer einen langen Anfahrtsweg zum Job hat, zu Hause über viel | |
Platz verfügt, daheim nicht isoliert ist, dessen oder deren Kinderbetreuung | |
geregelt ist – und der oder die sich gut selbst organisieren kann. | |
Am Ende könnte Corona die Individualisierung in der Jobwelt vorantreiben, | |
aber auch zu feinen Spaltungen führen. Der Trend zum flexiblen Arbeiten | |
könnte für manche zu einer Überforderung werden, denn so flexibel ist der | |
Mensch in seiner Seele gar nicht. In einer Zeit, in der vor allem in den | |
Metropolen die Zahl der Singlehaushalte zunimmt, kann die neue Flexibilität | |
eine innere Einsamkeit verstärken, erst recht, wenn als Minderleister | |
dasteht, wer sich ohne feste Strukturen von außen auch innerlich nicht so | |
gut organisieren kann. | |
Ein gewohnter Arbeitsplatz, ein vertrautes Kollegenteam können sensiblen | |
Naturen Sicherheit geben. So haben die Gewerkschaften recht, wenn sie | |
sagen, dass die Homeoffice-Regelungen im Betrieb Gegenstand kollektiver | |
Diskussionen sein sollten, bei denen die ganze Belegschaft angehört werden | |
muss. Die neue Freiheit darf weder kategorisch beschnitten werden noch zu | |
klandestinen Einzelvereinbarungen führen. Regelmäßige Präsenz- und | |
Besprechungstage sollte es immer geben. | |
Firmen, die [4][feste Schreibtische im Unternehmen aufgeben wollen], | |
sollten sich das gut überlegen, denn der Mensch ist ein Territorialwesen. | |
Die Seele ändert sich nämlich nicht so schnell, nur weil die Computer heute | |
vieles möglich machen. | |
24 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Coronabeschluesse-zur-Arbeitswelt/!5738281 | |
[2] /Aufhebung-der-Homeofficepflicht/!5771461 | |
[3] /Soziologin-ueber-Homeoffice-nach-Corona/!5775668 | |
[4] /Finanzcasino-aufgrund-von-Corona/!5715875 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Homeoffice | |
Protokoll Arbeit und Corona | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Arbeit | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Pandemie | |
Digital | |
Kolumne Bei aller Liebe | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Homeofficepflicht endet am 1. Juli: Das Büro bleibt daheim | |
Das mobile Arbeiten wird sich auch nach der Pandemie weiter durchsetzen, | |
sagen Wirtschaft und Gewerkschaften. Umso mehr fehlen rechtliche Vorgaben. | |
Klimaschutz und Arbeitszeiten: Kürzer arbeiten für das Klima | |
Dass Maßnahmen gegen die Erderwärmung Stellen kosten, ist ein Märchen. | |
Tatsächlich schaffen erneuerbare Energien neue Arbeitsmöglichkeiten. | |
Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Anteil der Delta-Variante steigt | |
In Deutschland sinkt die Zahl der Neuinfektionen, doch laut RKI gehen 15 | |
Prozent inzwischen auf die Delta-Variante zurück. Brasilien meldet mehr | |
Infektionen als je zuvor. | |
Folgen der Coronakrise: Frauen und Eltern härter getroffen | |
Lockdown und Virus bedrohen bestimmte Gruppen viel stärker als andere, | |
zeigt der TK-Gesundheitsreport. Die Zahl der Krankentage sank in der Krise. | |
Die These: Gegen die ‚neue Normalität‘ | |
Das nahende Ende der Pandemie löst ein psychisches Unbehagen aus. Daran | |
zeigt sich, dass die Rückkehr zum Gewohnten enttäuschend sein muss. | |
Wandel der Stadt durch das Internet: Das digitale Dorf ist segregiert | |
Die ortlose digitale Gesellschaft war einst eine Utopie. In der Realität | |
könnte sie spalten: in digitale NomadInnen und prekäre ArbeiterInnen. | |
Dating in der Pandemie: Als Corona monogam machte | |
Corona hat Distanz geschaffen. Statt mit Dates, sprach unsere Kolumnistin | |
mit ihren Pflanzen. Doch es gibt Hoffnung auf Nähe. |