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# taz.de -- Homeofficepflicht endet am 1. Juli: Das Büro bleibt daheim
> Das mobile Arbeiten wird sich auch nach der Pandemie weiter durchsetzen,
> sagen Wirtschaft und Gewerkschaften. Umso mehr fehlen rechtliche
> Vorgaben.
Bild: Das Büro mag ein Auslaufmodell sein, einen ordentlichen Stuhl braucht ma…
Berlin taz | Auch nach dem [1][Auslaufen der Homeofficepflicht] am
Donnerstag holen viele Betriebe und auch die Berliner Verwaltung ihre
Mitarbeitenden nicht wieder in die Büros zurück. Und zwar nicht nur aus
Vorsicht vor der immer noch existenten Pandemielage. Es sei „zu erwarten“,
sagt Henrik Vagt, Geschäftsführer Wirtschaft und Politik bei der Industrie-
und Handelskammer Berlin, „dass die Coronakrise in einer Reihe von
Unternehmen die Arbeitsweise nachhaltig verändern wird.“ Die in vielen
Unternehmen jahrzehntelang wie in Beton gegossene Präsenzkultur, sie
bröckelt.
„Aus Unternehmensbefragungen wissen wir, dass mehr als 40 Prozent der
Berliner Unternehmen das mobile Arbeiten fest in die Unternehmenskultur
integrieren wollen“, sagt Vagt. Etwa die Hälfte ihrer wöchentlichen
Arbeitszeit würden die Beschäftigten dabei aus dem Homeoffice erbringen.
Auch beim Pharmakonzern Bayer, mit rund 5.000 Beschäftigten am Standort in
Berlin einer der größeren Arbeitgeber in der Stadt, heißt es auf
taz-Anfrage: „Für die Zeit nach der Pandemie erwarten wir generell eine
verstärkte Nutzung von mobilem Arbeiten, wobei viele Beschäftigte nach
unserer Erwartung flexibel zwischen Büro und Homeoffice wechseln werden.“
Ausgehend von einer Mitarbeitendenbefragung im Herbst rechne man damit,
dass die KollegInnen im Schnitt zwei bis drei Tage alternierend vor Ort und
mobil arbeiten werden, „also eine Homeofficequote von 40 bis 60 Prozent“,
sagt Konzernsprecher Markus Siebenmorgen.
Viele ArbeitnehmerInnen sehen das mobile Arbeiten als Chance – etwa, weil
es Arbeitswege einspart und so auch die [2][Vereinbarkeit von Familie und
Beruf] erleichtert. Eine am Donnerstag veröffentlichte repräsentative
bundesweite Umfrage ermittelte 65 Prozent Zustimmung der BürgerInnen zu
einem fortgesetzten Anspruch auf Homeoffice.
Doch die Freiheit zu Hause hat auch potenzielle Schattenseiten, warnen
insbesondere die Gewerkschaften. „Die Bedarfe sind ganz klar da und damit
auch der Druck auf die Arbeitgeber, aber es fehlt an gesetzlichen
Regelungen“, sagt Christian Hoßbach, Vorsitzender des Deutschen
Gewerkschaftsbunds in Berlin.
## Besser nicht der Küchentisch
Ein zentraler Punkt: Beim mobilen Arbeiten findet, anders als bei der
sogenannten Telearbeit von zu Hause aus, die Arbeitsstättenverordnung keine
Anwendung. In der Verordnung ist geregelt, wie der Arbeitsplatz zu Hause –
etwa in puncto Gesundheitsschutz – zu beschaffen sein hat: Da geht es um
die Größe von Bildschirmen, um den richtigen Stuhl und einen Schreibtisch,
der im besten Fall nicht der Küchentisch ist.
„Das mobile Arbeiten, das wir in der Pandemie allgemein als Homeoffice
bezeichnet haben, kennt aber keinen Arbeitsplatz über den im regulären Büro
hinaus“, sagt Hoßbach.
Die IHK argumentiert zwar naturgemäß aus der Sicht der Firmen, ist sich
aber mit den Gewerkschaften einig: Beim Thema Gesundheitsschutz im
Homeoffice gibt es noch Klärungsbedarf. Es sei „richtig“, sagt
Geschäftsführer Vagt, „dass Aspekte, die in Zeiten von Infektionsrisiken
und Kontaktbeschränkungen weniger eine Rolle gespielt haben, wieder in den
Vordergrund rücken.“ Zum Beispiel, „ob das häusliche Umfeld sich überhau…
dauerhaft für räumlich und zeitlich flexibles Arbeiten von Zuhause eignet.“
Vagt fordert hier „mehr Unterstützung der Behörden bei der Erstellung von
Arbeitsschutzkonzepten oder der Einstufung von Gefährdungslagen.“
Das Neuland, dass viele Unternehmen pandemiebedingt beschritten haben, ist
arbeitsrechtlich gesehen also noch ein recht unbestellter Acker. Das mobile
Arbeiten bringt im besten Fall mehr Freiheit für die Arbeitnehmenden,
entlässt die Arbeitgeber aber auch ein Stück weit aus ihrer Verantwortung.
Tatsächlich gibt es in vielen Betrieben aber durchaus Vereinbarungen, die
das mobile Arbeiten regeln: „Aktuell arbeiten die Betriebspartein daran,
die bestehende Betriebsvereinbarung im Hinblick auf die ‚neue Normalität‘
nach der Coronapandemie anzupassen“, heißt es etwa bei Bayer. Konkreter
will der Konzern nicht werden, denn: „Die Schlussfolgerungen daraus sind
momentan Gegenstand von Gesprächen unter anderem mit den
Arbeitnehmervertretern.“
Mit etwa 120.000 Beschäftigten auf Landes- und Bezirksebene ist die
Verwaltung der größte Arbeitgeber Berlins. Dort ist die Finanzverwaltung
übergeordnet für Personalangelegenheiten zuständig. „Die
Senatsfinanzverwaltung kommuniziert regelmäßig landesweit rechtliche
Rahmenbedingungen zu Präsenz und Homeoffice und spricht hierzu
Umsetzungsempfehlungen aus – auch für die Bezirke“, heißt es dort.
Allerdings habe man dabei „kein Weisungsrecht“. Das sei auch „sinnvoll“,
weil „jede Dienstelle weiß selbst am besten, was sich umsetzen lässt“, so
ein Sprecher.
Das heißt aber auch: Jeder Bezirk und jede Dienststelle macht eigene
Vorgaben – was aus Arbeitnehmersicht zulasten der Transparenz geht.
Auch in der Verwaltung ist indes das Zeitalter des mobilen Arbeitens
zumindest angebrochen: In der Finanzverwaltung seien inzwischen 90 Prozent
der Mitarbeitenden „im Homeoffice arbeitsfähig“, sagt der Sprecher. In der
gesamten Verwaltung liege der Anteil bei rund 66 Prozent. Im Januar seien
zudem 5.000 weitere Laptops an die Bezirke ausgeliefert worden.
„Gemeinsames Ziel“ sei es, „das mobile Arbeiten deutlich auszubauen – a…
nach der Pandemie.“ In fünf Jahren schon will man in der Zukunft angekommen
sein: Dann sollen alle festen Büroarbeitsplätze in der Verwaltung auch
mobil funktionieren.
1 Jul 2021
## LINKS
[1] /Arbeiten-in-der-Pandemie/!5782193
[2] /Neue-Homeoffice-Regelung-bei-Siemens/!5768737
## AUTOREN
Anna Klöpper
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