| # taz.de -- Wahlprogramm der Grünen: Kampfdrohnen? Ja, nein, vielleicht | |
| > Das Nein der Grünen zur Bewaffnung von Drohnen wackelt. Es ist ein | |
| > unangenehmes Thema für den Wahlkampf. Der Parteitag soll abstimmen. | |
| Bild: Heron-Drohne der Bundeswehr, bisher unbewaffnet | |
| Berlin taz | Die Grünen für Kampfdrohnen? Bisher war das schwer | |
| vorstellbar. „Wir sind gegen die Beschaffung bewaffnungsfähiger Drohnen für | |
| die Bundeswehr“, stand noch 2017 im Programm für den Bundestagswahlkampf. | |
| Im Dezember 2020 forderte die Bundestagsfraktion die Regierung auf, vom | |
| „Einsatz bewaffneter Drohnen abzusehen“. Mit großer Mehrheit hatten die | |
| Abgeordneten die Forderung beschlossen. | |
| Jetzt könnte sich die Partei in der Frage aber bewegen. In mehreren | |
| Anträgen für den Parteitag am Wochenende fordern Mitglieder, dass sich die | |
| Grünen in ihrem Wahlprogramm für bewaffnete Drohnen öffnen. Dem gegenüber | |
| stehen Anträge, die das klare Nein fortschreiben wollen. Bemühungen um | |
| einen Kompromiss sind gescheitert, auf dem Parteitag kommt es wohl zur | |
| Abstimmung. Klar ist: Der Plan der Parteispitze, das Thema im Wahlprogramm | |
| auszusparen, geht nicht auf. | |
| Mit der Drohnenfrage erben die Grünen ein Problem, mit dem sich zuletzt die | |
| SPD herumquälen musste. Lange sah es danach aus, dass die Große Koalition | |
| eine Entscheidung trifft und das Thema damit abräumt. Am realistischsten | |
| schien eine Bewaffnung mit klaren Regeln: keine Drohnenkriege im Stile der | |
| USA, stattdessen vor allem Schützenhilfe für Patrouillen der Bundeswehr in | |
| deren Einsatzgebieten. | |
| Im Dezember [1][kündigte die SPD-Spitze aber überraschend an], vor der Wahl | |
| keine Entscheidung treffen zu wollen. Das Thema [2][sei noch nicht | |
| ausreichend diskutiert]. Ärgerlich für die Union, die schon lange auf die | |
| Bewaffnung drängt. Ärgerlich aber auch für die Grünen, die in möglichen | |
| Koalitionsverhandlungen nach der Wahl nicht um das Thema herumkommen | |
| werden. | |
| ## „Einen Beitrag zum Schutz vor Hinterhalten leisten“ | |
| Trotzdem wollte der Bundesvorstand die Kampfdrohnen ursprünglich aus dem | |
| Wahlkampf heraushalten. Im Entwurf für das Wahlprogramm taucht die Frage | |
| mit keinem Wort auf. Verschiedene Änderungsanträge zielen darauf ab, die | |
| Leerstelle zu schließen. | |
| Klar gegen die Bewaffnung richten sich Anträge von Basismitgliedern aus der | |
| Parteilinken und der Friedensbewegung, aber auch der Bundestagsabgeordneten | |
| Katja Keul und Agnieszka Brugger. „Der Einsatz bewaffneter Drohnen hat dazu | |
| beigetragen, ganze Regionen zu destabilisieren und Konflikte zu | |
| eskalieren“, schreiben sie. Die Schutzwirkung der Drohnen für | |
| Soldat*innen sei im Vergleich zu herkömmlichen Mitteln gering, unterm | |
| Strich überwiege das Risiko. | |
| In drei weiteren Anträgen wird dagegen gefordert, die Bewaffnung zu prüfen | |
| oder unter bestimmten Auflagen direkt zu beschließen. Einen der Anträge | |
| unterstützt auch eine Reihe von Basismitgliedern, die beruflich im Militär | |
| tätig sind. Soldat*innen mit grünem Parteibuch sind vielleicht selten, | |
| aber nicht mehr ganz so selten wie noch vor einigen Jahren. Mit ihnen | |
| kommen neue Perspektiven in die Partei. | |
| Bewaffnete Drohnen könnten zwar die „Hemmschwelle zur Ausübung | |
| militärischer Gewalt senken“, aber auch „einen Beitrag zum Schutz vor | |
| Hinterhalten leisten“, heißt es in dem Antrag. In der Abwägung sei ihr | |
| Einsatz in solchen Fällen richtig, allerdings nur mit strengen Regeln. So | |
| solle zum Beispiel jedes Mal der Bundestag informiert werden, wenn eine | |
| Drohne eine ihrer Raketen abschießt. | |
| Keine Bewaffnung, Prüfung der Bewaffnung, Bewaffnung mit Regeln: Diese | |
| Positionen stehen im Raum. Die Versuche der Antragskommission, einen | |
| Kompromiss auszuhandeln, sind gescheitert. Am Mittwoch hat die | |
| Parteizentrale den Antragsteller*innen daher vorgeschlagen, dass der | |
| Parteitag über die drei Varianten abstimmt. Der genaue Wortlaut dafür steht | |
| noch nicht fest. | |
| Nur ein Minimalkonsens kommt wohl auch ohne Abstimmung durch: „Bewaffnete | |
| Drohnen wurden und werden vielfach auch von unseren Bündnispartnern für | |
| extralegale Tötungen und andere völkerrechtswidrige Taten eingesetzt.“ So | |
| ein Einsatz sei für die Grünen undenkbar. | |
| 10 Jun 2021 | |
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| Tobias Schulze | |
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