| # taz.de -- Kritik an Pflegereform: Staat, raus aus dem Uterus! | |
| > Die Löhne in der Altenpflege sollen steigen. Bezahlen sollen das unter | |
| > anderem Kinderlose. Damit fördert der Bund eine Jahrhunderte alte | |
| > Politik. | |
| Bild: Höhere Löhne? Auf jeden Fall! Doch gibt es nicht bessere Konzepte hierf… | |
| Der Staat mischt sich mal wieder in die Uteri der Bürger:innen ein. | |
| Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil | |
| (SPD) wollen Altenpfleger:innen besser bezahlen, [1][ohne die | |
| Pflegenden dabei zu belasten]. Klingt erst mal gut. Doch zahlen sollen das | |
| unter anderem Kinderlose. Der Beitrag für diese steigt dadurch um 0,1 | |
| Prozentpunkte – und die Bundesregierung fördert eine jahrhundertealte | |
| Politik, die Kinderlose bestraft. Sie ist konsequent konservativ. | |
| Denn Spahn und Heil sind auf dem Stand von Kaiser Augustus, der mit seiner | |
| „Lex Iulia et Papia“ Kinderlosen die Hälfte des Erbes strich. Heute wird | |
| das Geld nicht in einer Einmalzahlung gekürzt, sondern regelmäßig. Fair ist | |
| das nicht. Denn Kinderlose und Eltern sind so divers wie die Gesellschaft | |
| selbst. Es gibt arme Kinderlose und reiche Eltern. | |
| Denkt man die heutige Pflegereform zu Ende, bedeutet es, dass eine | |
| kinderlose Pflegerin nun mehr Pflegebeitrag bezahlen muss, um besser zu | |
| verdienen. Möglicherweise ist sie aber kinderlos, weil ihr Lohn zu niedrig | |
| ist. Das wird nun bestraft. Sinn ergibt das nicht. | |
| Auch anderswo tun sich Politiker:innen schwer, sich aus den | |
| Reproduktionswünschen der Bevölkerung rauszuhalten: Das aktuellste | |
| Beispiel ist China, das [2][diese Woche eine Dreikindpolitik] einführte. | |
| Von 1980 bis 2015 war nur ein Kind erlaubt, seit 2015 waren es zwei. | |
| ## Alle finanziell entlasten | |
| Wieso darf der Staat regeln, wer wann wie viele Kinder bekommt? Kann nicht | |
| jede:r so viele Kinder bekommen, wie er:sie will? In China wie in | |
| Deutschland kann es sich schlicht nicht jede:r leisten, Kinder | |
| großzuziehen. Dazu kommen diejenigen, die es nicht wollen, und diejenigen, | |
| die es nicht können. | |
| Spahns Argument der finanziellen Mehrbelastung der Eltern stimmt zwar, doch | |
| erklärt es nicht, warum Kinderlose gleichziehen müssen. Eher stellt sich | |
| doch die Frage, wie Eltern finanziell entlastet werden können. | |
| So, und jetzt atmen wir alle ganz tief ein – und ganz tief wieder aus. Und | |
| konzentrieren uns darauf, wie man die Tariflöhne in der Pflege einheitlich | |
| und wirklich sinnvoll gestalten kann. | |
| Abgesehen von dem viel diskutierten Konzept, Besserverdienende in die | |
| Pflicht zu nehmen, kann die Bundesregierung dafür sorgen, dass aus der | |
| Pflege kein Profit mehr geschlagen wird. Private Konzerne schütten sich im | |
| Moment Gewinne selbst aus, die sie durch niedrige Löhne und Betriebskosten | |
| erwirtschaften – finanziert von Krankenkassenbeiträgen. Hier sollte sich | |
| der Staat unbedingt mal einmischen. | |
| 4 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Nicole Opitz | |
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