# taz.de -- Ost-CDU vor der Sachsen-Anhalt-Wahl: Mehr Wanderwitz wagen! | |
> Die ostdeutsche CDU hat bei der Bekämpfung von AfD und Rechtsextremismus | |
> eine Schlüsselfunktion. Ihre liberalen Kräfte müssen gestärkt werden. | |
Bild: Gefahr von rechts: AfD-Kundgebung auf dem Marktplatz in Haldensleben, Sac… | |
Vielleicht geht an diesem Sonntag ja alles noch mal gut. Die AfD bleibt bei | |
der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt hinter der CDU und wird zweitstärkste | |
Kraft. Und für eine Koalition aus CDU, SPD und Grünen reicht es auch | |
wieder. Richtig gut ist das natürlich nicht. Denn es heißt ja: Etwa ein | |
Viertel der Wähler:innen unterstützt, wie vor fünf Jahren schon, eine | |
radikal rechte Partei. | |
Gut aber ist, dass Reiner Haseloff als Ministerpräsident und | |
CDU-Spitzenkandidat glaubwürdig für die Aussage steht, dass es mit ihm | |
keine Zusammenarbeit mit der AfD geben wird. Nur reicht auch das nicht. | |
Denn für den großen Zuspruch, den die AfD in den östlichen Bundesländern | |
erhält, trägt die ostdeutsche CDU eine Mitverantwortung. | |
Statt Rechtsextremismus klar zu benennen, redet sie ihn immer wieder klein | |
– und umwirbt seine Anhänger:innen als „besorgte Bürger“. Der ehemalige | |
sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, der erklärte, die Sachsen | |
seien immun gegen Rechtsextremismus, war dafür ein besonders deutliches | |
Beispiel. | |
Und es gibt auch aktuelle Beispiele: Etwa Biedenkopfs Nach-Nach-Nachfolger | |
Michael Kretschmer, der sagte, das Problem beginne erst da, wo die | |
Staatsanwaltschaft tätig werde. Oder die südthüringischen Christdemokraten, | |
die auf den Kandidaten [1][Hans-Georg Maaßen] und seine neurechten Parolen | |
setzen. | |
## Gemeinsame Sache mit der AfD | |
Die Sachsen-Anhalt-CDU, die beim Streit über die Erhöhung der | |
Rundfunkgebühren und der Bekämpfung des Linksextremismus quasi gemeinsame | |
Sache mit der AfD macht. Oder Ministerpräsident Haseloff selbst, der in der | |
MDR-Wahlarena zum Lehrermangel befragt wird und mit der vermehrten | |
Einwanderung ab 2015 argumentiert. All das soll vermutlich Wähler:innen | |
von der AfD zurückholen. Doch es legitimiert die Narrative der radikal | |
Rechten und stärkt so die AfD. | |
Deshalb sind die jüngsten Äußerungen von [2][Marco Wanderwitz] ein | |
Fortschritt, trotz aller Fehler, die damit einhergingen. Der Ostbeauftragte | |
und Bundestagsspitzenkandidat der sächsischen CDU hat festgestellt, dass | |
ein Teil der ostdeutschen Bevölkerung für die Demokratie verloren ist. Mit | |
Blick auf die Wahlergebnisse von DVU, NPD und AfD ist das zwar wahrlich | |
keine neue Erkenntnis. | |
Auch ist Wanderwitz’ Analyse, dass dies auch an der DDR-Sozialisation | |
liege, eindimensional und rückwärtsgewandt – es verführt dazu, nicht auf | |
die bundesdeutsche Gegenwart und die Fehler der CDU zu schauen. Ein | |
Fortschritt ist seine Einlassung dennoch: Weil sie mit dem Kleinreden und | |
Verharmlosen bricht – und von einem nicht ganz unbedeutenden ostdeutschen | |
Christdemokraten kommt. | |
Den Konservativen kommt bei der Bekämpfung der AfD eine zentrale Rolle zu. | |
Jene liberalen Kräfte in der Ost-CDU wie Wanderwitz, die den | |
Rechtsextremismus wirklich als Gefahr für die [3][Demokratie] begreifen, | |
müssen gestärkt werden. Denn der Sinneswandel in der ostdeutschen CDU wird | |
nur aus ihr selbst heraus gelingen. Sich von der Bundespartei nichts sagen | |
zu lassen, gehört hier schließlich zum Selbstverständnis. | |
Deshalb war auch das Schweigen von Parteichef Armin Laschet zur Nominierung | |
von Maaßen taktisch wohl richtig, er hätte sich dabei eine blutige Nase | |
geholt wie vor ihm Annegret Kramp-Karrenbauer in Thüringen. Doch Laschet | |
steckt im Dilemma. Will er seine Partei glaubhaft nach rechts abgrenzen, | |
kann er eine solche Personalie nicht einfach dulden. Dreist aber ist es, | |
wie der CDU-Chef derzeit behauptet, dass in Sachsen-Anhalt vor allem die | |
CDU die AfD bekämpfen würde. Es sind doch häufig Menschen aus der | |
Zivilgesellschaft, die vor Ort den Kopf hinhalten. Unterstützt werden sie | |
dabei vor allem von SPD, Linken und Grünen. | |
Wanderwitz hatte sich jüngst übrigens auch klar gegen die Nominierung | |
Maaßens positioniert, er nannte sie „Irrsinn“. In diesem Sinne kann man die | |
CDU nur auffordern: Mehr Wanderwitz wagen! Und vorher gerne noch ein | |
bisschen an der Analyse feilen. | |
4 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Hans-Georg-Maassens-Weltsicht/!5771469 | |
[2] /Ostbeauftragter-Marco-Wanderwitz/!5772366 | |
[3] /Zukunftszentrum-in-Ostdeutschland/!5776257 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
## TAGS | |
Schwerpunkt AfD | |
Marco Wanderwitz | |
CDU | |
Schwerpunkt Landtagswahl in Sachsen-Anhalt | |
Reiner Haseloff | |
CDU/CSU | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Schwerpunkt Landtagswahl in Sachsen-Anhalt | |
Schwerpunkt AfD | |
Schwerpunkt Landtagswahl in Sachsen-Anhalt | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Deutsche Einheit | |
DDR | |
Hans-Georg Maaßen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Streit um Kurs gegen AfD: Sachsens CDU im Clinch mit sich | |
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer gibt dem der Ostbeauftragten | |
Marco Wanderwitz Mitschuld am schlechten Abschneiden der CDU. | |
Umgang mit der AfD im Wahlkampf: Zwei Pole in der CDU | |
Marco Wanderwitz und Hans-Georg Maaßen sind beide CDU-Mitglied und | |
kandidieren für den Bundestag. Was sie trennt: ihr Umgang mit der AfD. | |
Nach der Wahl in Sachsen-Anhalt: Erleichterung ist fehl am Platz | |
Die CDU hat in Sachsen-Anhalt gewonnen. Doch wahr ist auch: Fast jede:r | |
Fünfte hat die AfD gewählt. Nicht nur das sollte Anlass zur Sorge sein. | |
AfD stagniert in Sachsen-Anhalt: Keine strahlende Siegerin | |
Die AfD wollte in Sachsen-Anhalt Platz eins erreichen – und scheitert damit | |
klar. Sie bleibt aber mit Abstand die größte Oppositionsfraktion. | |
Vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: Die guten Jahre von Kenia | |
Die Magdeburger Koalition aus CDU, SPD und Grünen war eine der Notwehr – | |
gegen die AfD. Sie war besser als ihr Ruf und könnte erneuert werden. | |
Rassismus in Deutschland: Wer ist hier giftig? | |
Die ARD zeigt einen Film über Rassismus in Deutschland – und bescheinigt | |
ausgerechnet einem Schwarzen Fußballer eine „vergiftete“ Sprache. | |
Zukunftszentrum in Ostdeutschland: Dezentralisiert das Zentrum! | |
Das geplante Transformationszentrum ist eine gute Idee, um die ostdeutsche | |
Lebensleistung anzuerkennen. Dabei sollte in jedem Ost-Bundesland eines | |
stehen. | |
Ostbeauftragter Marco Wanderwitz: Das alte Gespenst | |
Teile der Ostdeutschen seien für die Demokratie verloren, sagt der | |
Ostbeauftragte des Bundes. Versäumnisse der CDU werden dabei überspielt. | |
Hans-Georg Maaßens Weltsicht: Eine eindeutige Erzählung | |
Der Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen möchte für die CDU in den Bundestag. | |
Doch wie weit rechts steht dieser Mann? Ein Text von ihm liefert Antworten. |