# taz.de -- Verfassungsschutz zum Landesverband: AfD Thüringen wird voll beoba… | |
> Der Verfassungsschutz in Thüringen stuft den dortigen Landesverband der | |
> AfD als erwiesen rechtsextrem ein. Das ist eine bundesweite Premiere. | |
Bild: Chef eines nun offiziell rechtsextremen Parteiverbands: Björn Höcke | |
BERLIN taz | Überraschend ist die Entscheidung nicht, höchstens der | |
Zeitpunkt ist es. Wenige Monate vor der Bundestagswahl und wohl auch der | |
Landtagswahl hat der Thüringer Verfassungsschutz den Landesverband der AfD | |
zum vollen Beobachtungsobjekt hochgestuft. Es ist der deutschlandweit erste | |
AfD-Landesverband, der als erwiesen rechtsextrem gilt und damit auf einer | |
Stufe mit der NPD steht. | |
Der Verfassungsschutz habe festgestellt, „dass hinsichtlich des | |
Landesverbandes Thüringen der AfD Bestrebungen gegen die freiheitliche | |
demokratische Grundordnung vorliegen, die einen Beobachtungsauftrag in Form | |
eines ‚erwiesen extremistischen Beobachtungsobjektes‘ eröffnen“, heißt … | |
in einer Vorlage für das Thüringer Kabinett. Die Einstufung ist demnach | |
bereits am 15. März in Kraft getreten. Das „Freie Wort“ hatte zuerst | |
darüber berichtet. | |
Der Verfassungsschutz hat den Landesverband, der fest in der Hand des | |
inzwischen [1][offiziell aufgelösten „Flügels“] ist, schon lange auf dem | |
Schirm. Seit März 2020 war er rechtsextremer Verdachtsfall. Der „Flügel“ | |
mit dem [2][Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke] an der Spitze | |
ist bereits bundesweit als erwiesen rechtsextrem eingestuft, der Chef des | |
Bundesamtes für Verfassungsschutz nennt Höcke selbst einen | |
„Rechstextremisten“. | |
„Programmatik und Personenpotential der erwiesen extremistischen Bestrebung | |
‚Der Flügel‘ setzen sich auch nach dessen formaler Auflösung im | |
Landesverband fort“, heißt es in der Kabinettsvorlage zur Begründung der | |
Hochstufung. Außerdem würde die AfD die Zentralität des Rechtes auf | |
Menschenwürde, wie sie im Grundgesetz verankert ist, relativieren, Muslime | |
pauschal herabwürdigen und den Parlamentarismus verächtlich machen. Die | |
deutsche Staatsangehörigkeit werde mit der ethnisch-kulturellen | |
Volkszugehörigkeit gleichgesetzt, die persönliche Freiheit des Menschen | |
einem Konzept der Volksgemeinschaft untergeordnet. | |
## Kritik am Zeitpunkt der Entscheidung | |
Auch weise der Landesverband auf verschiedenen Ebenen Verbindungen zu | |
anderen rechtsextremistischen Gruppierungen und Personen auf, wie der | |
„Identitären Bewegung“. Für eine Zusammenarbeit mit teilweise | |
extremistischen Protestbewegungen, zum Beispiel „Zukunft Heimat“, werde | |
geworben, um politische Transformationsprozesse über die „Straße“ zu | |
beschleunigen. | |
„Das ist der nächste offensichtliche Missbrauch des Verfassungsschutzes“, | |
kritiserte der Thüringer Spitzenkandidat der AfD für die Bundestagswahl, | |
Stephan Brander, die Hochstufung gegenüber der taz. Der Chef des | |
Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, missbrauche seine Behörde „für private | |
Zwecke“. Kramer kandidiert für die SPD selbst für den Bundestag. | |
Von Kramer und auch von Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) gibt es | |
bislang keine Stellungnahmen. Kramer bestätigte der dpa die Einstufung, | |
sagte aber, er wolle sich zu den Inhalten nicht äußern, weil es mit Blick | |
auf die geplante Landtagswahl im Herbst eine „gesteigerte | |
Neutralitätspflicht“ gebe. | |
„Die Hochstufung ist keine Überraschung“, sagte die parlamentarische | |
Geschäftsführerin der Grünen, Madeleine Henfling, der taz. Sie sehe in der | |
Thüringer AfD niemanden, der sich vom „Flügel“ distanziere. „Skeptisch … | |
ich allerdings, ob das der richtige Zeitpunkt ist.“ In Thüringen soll am | |
26. September gemeinsam mit dem Bundestag ein neuer Landtag gewählt werden. | |
Zuvor muss sich aber das Parlament noch auflösen. | |
In Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind die Landesverbände der AfD | |
als rechtsextreme Verdachtsfälle eingestuft. Hier dürfen bereits | |
nachrichtendienstliche Mittel wie V-Leute eingesetzt werden. Auf | |
Bundesebene darf das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD dagegen bis | |
zum Abschluss eines Eilverfahrens vor dem Kölner Verwaltungsgericht nicht | |
als rechtsextremistischen Verdachtsfall einordnen und beobachten. Die AfD | |
hatte sich noch vor einer möglichen Einstufung als Verdachtsfall | |
vorsorglich an das Gericht gewandt, um eine solche Einstufung zu | |
verhindern. | |
12 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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