| # taz.de -- Regierungsbildung in Israel: Die Hoffnung stirbt zuerst | |
| > Eine neue Koalition in Israel könnte Premier Netanjahu nach zwölf Jahren | |
| > aus dem Amt befördern. Doch das heißt nicht, dass nun Frieden ausbricht. | |
| Bild: „Bibi“ und sein Verteidungsminister Naftali Bennett im November 2019 | |
| Israel ist ein schwer regierbarer Staat: eine zersplitterte | |
| Parteienlandschaft, keine Fünf-Prozent-Hürde und eine höchst heterogene | |
| Bevölkerung mit weit auseinander laufenden Interessen. Und all das auch | |
| noch in einem sicherheitspolitisch explosiven Umfeld. Insofern zählen die | |
| Jahre, die man in Jerusalem geschafft hat zu regieren, gewissermaßen | |
| doppelt. Sollte ein neues [1][Rechts-Mitte-Links-Bündnis] es in dieser | |
| Woche tatsächlich schaffen, eine Regierung zu bilden, wird [2][Benjamin | |
| Netanjahu] zwölf Jahre ununterbrochen im Amt gewesen sein, also – da es ja | |
| doppelt zählt – nahezu ein Vierteljahrhundert lang. | |
| In all dieser Zeit haben viele stets „Bibi“, wie ihn jeder in Israel nennt, | |
| für den gescheiterten Friedensprozess mit den Palästinensern verantwortlich | |
| gemacht. Doch Hoffnungen, dass jetzt der Frieden ausbricht oder zumindest | |
| Schritte in diese Richtung unternommen werden, sollte sich dennoch niemand | |
| machen. Die beiden Säulen einer möglichen neuen Regierung, der ehemalige | |
| TV-Moderator Jair Lapid von der liberal-zentristischen Partei „Jesch Atid“ | |
| (Es gibt eine Zukunft) und der Rechtsaußen Naftali Bennett von der „HaJamin | |
| HaChadasch“ (Neue Rechte) können und werden den Nahostkonflikt erst einmal | |
| ausklammern. Sie würden in ihrem Bündnis ohnehin keine gemeinsame Linie | |
| finden können. Deshalb wollen Lapid und Bennett sich auf die Wirtschaft und | |
| wichtige Infrastrukturprojekte des Landes konzentrieren. | |
| Eine Wiederauferstehung des [3][Friedensprozesses] würde aber auch an den | |
| Palästinensern selbst scheitern. Hamas und Fatah sind sich auch 15 Jahre | |
| nach ihrem Bruderkrieg keinen Schritt näher gekommen. Die Fatah selbst | |
| driftet zudem auseinander und zersplittert in immer mehr einzelne | |
| Fraktionen. Und schließlich: Palästinenserpräsident [4][Mahmud Abbas] hat | |
| schon so lange nicht mehr wählen lassen, dass die junge Generation das Wort | |
| gar nicht mehr kennen dürfte. Ihm fehlt jegliche Legitimität, Verhandlungen | |
| mit den Israelis zu führen und er wäre auch sicher nicht mehr in der Lage, | |
| schwierige Kompromisse durchzusetzen. Der Friedensprozess ist auf so vielen | |
| Ebenen gescheitert, dass es für eine Erneuerung auch neue Ideen und einen | |
| ganz neuen Ansatz braucht. | |
| Wichtig ist das Bündnis friedenspolitisch dennoch. Erstmals will eine | |
| arabische Partei, die arabisch-islamische „Raam“, eine israelische | |
| Regierung unterstützen – wenn wohl auch nicht als offizieller | |
| Koalitionspartner. Nach den schweren Unruhen zwischen arabischen und | |
| jüdischen Israelis ist das ein nicht zu unterschätzendes Symbol. Eine | |
| politische Bindung kann einen versöhnlichen Ton in die innerisraelische | |
| Debatte bringen, der nach der Gewalteskalation dringend nötig ist. | |
| 1 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Silke Mertins | |
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