# taz.de -- Regierungsbildung in Israel: Netanjahu vor dem Aus | |
> In Israel nimmt eine neue Regierung Formen an. Regierungschef Benjamin | |
> Netanjahu könnte erstmals seit 2009 in die Opposition geschickt werden. | |
Bild: Wird er Israels neuer Regierungschef? Naftali Bennett am Sonntag in Jerus… | |
Tel Aviv dpa | In Israel rückt eine Ablösung von Ministerpräsident Benjamin | |
Netanjahu durch ein neues Regierungsbündnis näher. Der Vorsitzende der | |
ultrarechten Jamina-Partei, Naftali Bennett, kündigte am Sonntagabend in | |
Jerusalem an, er werde alles unternehmen, um ein Bündnis mit | |
[1][Oppositionsführer Jair Lapid] von der Zukunftspartei zu schließen. Ziel | |
ist nach Medienberichten eine Rotation im Amt des Regierungschefs: Zuerst | |
soll Ex-Verteidigungsminister Bennett dieses für zwei Jahre übernehmen, | |
dann wäre Lapid an der Reihe. | |
Nach einer offiziellen Verkündung des Bündnisses mit Bennett müsste Lapid | |
zunächst Staatspräsident Reuven Rivlin informieren und hätte dann sieben | |
Tage Zeit für die Vereidigung der Regierung im Parlament. Dafür ist eine | |
einfache Mehrheit der 120 Abgeordneten in der Knesset notwendig. Rivlin | |
hatte am 5. Mai Lapid mit der Regierungsbildung beauftragt. Das Mandat gilt | |
nur noch bis Mittwoch um Mitternacht. | |
Falls eine solche Regierung zustande kommt, wäre die Ära Netanjahu beendet. | |
Der heute 71-Jährige ist seit 2009 Ministerpräsident. Zuvor stand der | |
Politiker bereits in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre an der Spitze der | |
Regierung. | |
Netanjahu warf Bennett nach dessen Mitteilung am Abend vor, er habe sein | |
Wahlkampfversprechen gebrochen, keine Koalition mit Lapid zu bilden. Der | |
Likud-Vorsitzende warnte vor einer „gefährlichen linken Regierung“ und rief | |
zur Bildung einer „guten rechten Regierung“ auf. | |
Bennett sagte zuvor, es sei deutlich geworden, dass die Bildung einer | |
rechten Regierung derzeit unmöglich sei. Die einzigen Optionen seien eine | |
fünfte Wahl oder eine Einheitsregierung mit Lapid. „Die politische Krise in | |
Israel ist weltweit beispiellos“, sagte Bennett. Er warf Netanjahu eine | |
zerstörerische Spaltungspolitik vor. | |
## Duldung durch arabische Abgeordnete | |
Bei der Parlamentswahl am 23. März war Lapids Zukunftspartei, angesiedelt | |
in der politischen Mitte, zweitstärkste Kraft hinter Netanjahus Likud | |
geworden. Die vierte Wahl binnen zwei Jahren ergab erneut keine klaren | |
Mehrheitsverhältnisse. Weil Netanjahu mit der Bildung einer Regierung | |
scheiterte, beauftragte Staatspräsident Rivlin Lapid. | |
Netanjahu hatte am Wochenende weiter gegen seine Ablösung gekämpft. Am | |
Sonntag bot er Bennett sowie seinem Erzrivalen Gideon Sa’ar von der | |
rechtsorientierten Partei Tikva Chadascha (Neue Hoffnung) noch eine | |
Koalition mit Rotation der drei im Amt des Ministerpräsidenten an. | |
Lapids Zukunftspartei führte am Sonntag Koalitionsgespräche mit Sa’ars | |
Tikva Chadascha. Sie hat bereits Vereinbarungen mit der linksliberalen | |
Meretz-Partei, der Arbeitspartei sowie der ultrarechten Partei Israel | |
Beitenu von Ex-Außenminister Avigdor Lieberman getroffen. | |
Lapid will mehrere kleine Parteien hinter sich versammeln, die im | |
politischen Spektrum weit auseinander liegen. Es würde sich dabei | |
vermutlich um eine Minderheitsregierung handeln, die von arabischen | |
Abgeordneten geduldet wird. Die Parteien eint vor allem die Ablehnung | |
Netanjahus, gegen den ein Korruptionsprozess läuft. | |
31 May 2021 | |
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