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# taz.de -- Donald Trump auf Facebook: Vorerst ausgehetzt
> Facebooks Aufsichtsgremium hat die Sperrung von Donald Trumps Account
> bestätigt. An der Willkür des Tech-Konzerns ändert das nur wenig.
Bild: Muss erstmal weiter alleine auf seiner Website bloggen: D. Trump
Berlin taz | Der Anfang Januar gesperrte Facebook-Account des damaligen
US-Präsidenten Donald Trump bleibt auch weiterhin gesperrt. Das hat ein
Aufsichtsgremium von [1][Facebook] namens Oversight Board, das endgültig
über umstrittene und entfernte Inhalte bei Facebook urteilen soll, [2][am
Mittwoch entschieden]. Und damit seinen ersten wichtigen Fall behandelt.
Nach der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols am 6. Januar [3][war Trumps
Account auf Facebook deaktiviert worden]. Er hätte die Plattform genutzt,
um „einen Aufstand gegen eine demokratisch gewählte Regierung anzustiften“,
begründete Facebook-Chef Mark Zuckerberg den Bann damals. Um sich der
wachsenden Kritik entgegenzustellen, [4][dass Facebook selbst ein
Regulierer, ja gar ein Medium sei, das Inhalte sehr wohl auswähle und
meinungsbildend wirke], wurde das sogenannte Oversight Board, also eine Art
hauseigener, aber nach eigener Aussage trotzdem unabhängiger Oberster
Gerichtshof, beauftragt, die Sperre zu prüfen. Dazu hatte es 90 Tage Zeit
und sogar noch eine kleine Verlängerung bekommen.
Zwar sei es richtig gewesen, Trump zu sperren. Das Gremium bezeichnet es
allerdings als „willkürlich“, die Sperre unbefristet anzusetzen, weil das
in den Konzernregeln nicht vorgesehen sei. Facebook solle deshalb in den
nächsten sechs Monaten entscheiden, ob der Account nur befristet oder
dauerhaft gesperrt wird oder ob allein einzelne Beiträge entfernt werden.
In Bezug auf Staatsoberhäupter, die wiederholt Falschnachrichten
veröffentlichen, empfiehlt das Gremium, die entsprechenden Konten für einen
bestimmten Zeitraum zu sperren.
Bislang war von dem 2018 erstmals angekündigten zwanzigköpfigen Gremium,
dem Jurist:innen, Forscher:innen und Politiker:innen, darunter auch die
jemenitische Friedensnobelpreisträgerin Tawakkol Karman, angehören, noch
nicht viel zu hören. Nur vier Löschungen wurden rückgängig gemacht. In
einem Beitrag wurde ein Satz fälschlicherweise dem Nazi-Propagandaminister
Josef Goebbels zugeschrieben und von einem Moderator gelöscht.
## Facebooks liebstes Spiel: Verantwortung abwälzen
Ein Instagram-Post, auf dem Brustwarzen zu sehen waren, wurde von
Instagrams automatischen Bilderkennungssystemen gelöscht und musste
wiederhergestellt werden. Zwar widerspreche die Darstellung von Nacktheit
den Nutzungsbedingungen, allerdings wollte der Beitrag, so die
Expert:innen des Gremiums, die Aufmerksamkeit für Brustkrebs steigern.
Künftig soll das Gremium auf vierzig Mitglieder wachsen. Die Finanzierung
fußt auf einer 130 Millionen US-Dollar schweren, von Facebook gegründeten
Stiftung. Die Arbeit geschehe trotzdem unabhängig, heißt es.
Nun blockieren die Algorithmen auf Facebooks sozialen Medien täglich zu
Unrecht dutzende Bilder, und prekär beschäftigte Moderator:innen
treffen Fehlentscheidungen. Daran wird das Oversight Board auch künftig
wahrscheinlich nichts ändern. Trotzdem ist es ein zumindest kleines
Korrektiv und eine Win-Win-Situation für den Konzern.
Denn anders als sein Konkurrent Twitter kann er sich damit brüsten, seine
eigenen Entscheidungen kritisch zu hinterfragen und sogar von einem eigenen
Gremium bestätigen zu lassen. Bei Twitter hingegen [5][ist mit Ned Segal
eine einzelne Person dafür verantwortlich], ob ein Tweet gelöscht wird oder
nicht. Gleichzeitig kann Facebook das tun, was es schon seit Jahren am
liebsten tut: Verantwortung auf andere Stellen und Bereiche abwälzen.
## Demokratisch ist Facebook noch lange nicht
Wie geht es nun weiter? Facebook ist an die Vorschläge vom Oversight Board
gebunden und wird Trumps Account erstmal gesperrt lassen. Der
Kommunikationschef von Facebook Nick Clegg schreibt [6][in einem Blogpost],
dass man die Entscheidung des Boards prüfe und eine angemessene Reaktion
festlege. Mit der Arbeit des eingesetzten Gremiums hofft Facebook nun,
Kritiker:innen zu besänftigen, die sagen, dass sich ein Unternehmen
nicht selbst regulieren könne.
Doch den Vorwurf der Willkür kann Facebook nicht abstreifen. Neben der
Bestätigung von Trumps Bann empfiehlt das Gremium dem Konzern, klare und
verhältnismäßige Richtlinien zu entwickeln, die die Meinungsfreiheit
respektieren. Aber genau an diese Emp-fehlung muss sich Facebook nicht
halten. So kann das Oversight Board zwar einzelne Postings mit großer
Verspätung beeinflussen, am aufmerksamkeitsökonomischen Geschäftsmodell und
den willkürlichen Entscheidungen des Konzerns kann es aber nichts ändern.
Kritiker:innen [7][wie das wirklich unabhängige facebook-kritische
Gremium The Real Oversight Board] werden sich deshalb nicht einlullen
lassen. So wurden die Mitglieder des Oversight Boards – zumindest in der
ersten Runde – von Facebook ausgesucht, arbeiten also nur von Zuckerbergs
Gnaden. Und auch die Streitfrage zur Meinungsäußerungsfreiheit in sozialen
Medien, über die eigentlich der Gesetzgeber und nicht Unternehmen mit ihren
nebulösen „Gemeinschaftsstandards“, die sie am Ende selbst nicht befolgen,
bestimmen, wird mit dieser Entscheidung längst noch nicht geklärt. Um ein
hybrides teilstaatliches und wirklich unabhängiges Gremium kommt Herr
Zuckerberg wohl irgendwann nicht mehr herum.
5 May 2021
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Meta/!t5009279
[2] https://oversightboard.com/news/226612455899839-oversight-board-upholds-for…
[3] /Soziale-Medien-gegen-den-US-Praesidenten/!5742624
[4] /Twitter-und-Facebook-sperren-Trump/!5738817
[5] https://www.theverge.com/2021/2/10/22276457/twitter-trump-ban-permanent-not…
[6] https://about.fb.com/news/2021/05/facebook-oversight-board-decision-trump/
[7] https://twitter.com/FBoversight/status/1389941372032012292
## AUTOREN
Denis Gießler
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