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# taz.de -- Bahnbrechendes Urteil in Den Haag: Gericht zwingt Shell zu Klimasch…
> Umweltschützer:innen waren mit ihrer Klage gegen den Ölriesen
> erfolgreich. Erstmals verordnet ein Gericht damit einem Konzern ein
> Klimaziel.
Bild: So viel Spaß kann Klagen machen: Umweltschützer Donald Pols mit dem Ger…
Berlin taz | Es ist eine juristische Sensation: Das Bezirksgericht Den Haag
hat den niederländischen Ölkonzern Royal Dutch Shell am Mittwochnachmittag
zu mehr Klimaschutz verpflichtet.
Er muss seine Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 2019 um
mindestens 45 Prozent senken. Die Pflicht zum Klimaschutz gelte für die
eigenen Unternehmen, aber auch für Zulieferer und Endabnehmer. Es ist das
erste Mal, dass Richter:innen ein Unternehmen auf diese Art zur
Verantwortung ziehen.
Geklagt hatte die Umweltorganisation Milieudefensie gemeinsam mit weiteren
Gruppen – und mehr als 17.000 Einzelunterstützer:innen. Schon die Klage war
außergewöhnlich, da sie eben direkt darauf abzielte, Shell zu einer anderen
Investitionsplanung zu verpflichten.
Bei anderen Klimaklagen gegen Unternehmen geht es oft darum, sie zu
Entschädigungszahlungen zu zwingen, weil ihr Geschäftsmodell die Klimakrise
befeuert und damit zu Schäden und Verlusten wie etwa von Geld oder
Lebensraum führt.
## „Dieses Urteil wird die Welt verändern“
Die Umweltschützer:innen argumentierten, dass Shell gegen das
Verursacherprinzip verstoße, das im Artikel 6:162 im niederländischen
Zivilgesetzbuch festgeschrieben ist. Außerdem sehen die Kläger:innen
Artikel 2 und 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt, das
sind die Rechte auf Leben und auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
„Dieses Urteil wird die Welt verändern“, sagte Roger Cox, der Anwalt von
Milieudefensie. „Menschen auf der ganzen Welt stehen an den Startlöchern,
um Ölfirmen in ihrem eigenen Land nach unserem Beispiel zu verklagen.“
Außerdem würden Ölfirmen von nun an weniger bereit sein, neue fossile
Investitionen zu tätigen.
Auch bei Milieudefensie selbst wird natürlich gejubelt. „Das ist wirklich
eine großartige Neuigkeit und ein massiver Sieg für die Erde, unsere Kinder
und für uns alle“, sagte Milieudefensie-Chef Donald Pols.
Nur wenige Konzerne weltweit haben einen noch größeren CO2-Fußabdruck als
Shell. Die US-amerikanische Denkfabrik Climate Accountability Institute
hatte im Jahr 2019 die Treibhausgasemissionen von Unternehmen seit 1965
analysiert und ein globales [1][Ranking erstellt]. Shell landete dabei auf
Platz 7.
Zwar hatte sich Shell bereits vorgenommen, bis 2050 klimaneutral zu werden,
bis zum Ende dieses Jahrzehnts hat der Konzern aber nur eine
Emissionsreduktion von 20 Prozent gegenüber 2016 geplant. Ein Großteil der
nötigen Umstellung sollte also später in sehr kurzer Zeit erfolgen. Das
Gericht in Den Haag befand die bisherigen Pläne für „nicht sehr konkret“.
Erst vergangene Woche musste sich Shell schon einmal von
Klimaschützer:innen die Meinung sagen lassen: Auf der Hauptversammlung
des Ölriesen brachten „grüne Aktionär:innen“ der Gruppe Follow this
[2][eine Resolution ein], die eine verbindliche Orientierung am Pariser
Weltklimaabkommen verlangte.
Die Niederlande waren schon einmal Schauplatz und Protagonistin einer
spektakulären Klimaklage. 2015 gab ein Gericht der Stiftung Urgenda recht.
Die Niederlande müssten ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens
25 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 verringern – nicht nur wie bis
dato geplant um 17 Prozent.
Die Revision der niederländischen Regierung war erfolglos; 2019 bestätigte
das oberste Gericht des Landes das ursprüngliche Urteil.
26 May 2021
## LINKS
[1] https://climateaccountability.org/contact.html
[2] https://www.follow-this.org/support-for-follow-this-climate-resolution-more…
## AUTOREN
Susanne Schwarz
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