Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- „Härtefallfonds“ für Ost-RentnerInnen: Schwacher Trost nach �…
> Viele Ostdeutsche bekommen weniger Rente, als ihnen zustehen sollte. Doch
> der versprochene „Härtefallfonds“ für sie lässt unverändert auf sich
> warten.
Bild: Opfer der Wende: Vorallem Frauen in Ostdeutschland bekommen oft zu wenig …
Dresden taz | Im Bundestagswahlkampf 2017 entdeckte sich die SPD als
Kümmererpartei Ost neu. Halb aus Überzeugung, halb aufgeschreckt von Pegida
und AfD nahm sie sich relevanter ostdeutscher Bevölkerungsgruppen an, die
durch Versäumnisse im Rentenüberleitungsgesetz von 1991 Verluste hinnehmen
mussten.
Vom „Gerechtigkeitsfonds“, den die ostdeutschen SPD-Landesverbände mit Mü…
im damaligen Bundestagswahlprogramm unterbrachten, blieb allerdings im
Vertrag der Großen Koalition nur ein Satz zu [1][einem geplanten
„Härtefallfonds“]. Ein Vierteljahr vor Ablauf der Legislaturperiode aber
sind noch nicht einmal dessen Konditionen beschlossen worden.
„Die nicht erfolgte Übernahme bestimmter Sondertatbestände des
DDR-Rentenrechts in das gesamtdeutsche Rentenrecht wird von bestimmten
Berufs- und Personengruppen als nicht hinreichende Anerkennung ihrer
Lebensleistung und dauerhafte Benachteiligung wahrgenommen.“ – So beginnt
ein Eckwertepapier aus dem Bundesarbeits- und Sozialministerium zum
Härtefallfonds, über das nun die Bundesländer beraten sollen.
Ein runder Tisch schätzte anfangs die Zahl dieser Betroffenen auf bis zu
700.000. Doch drei Jahrzehnte Verschleppung des Problems und die damit
einhergehende „biologische Lösung“ haben die Zahl möglicher
Entschädigungsempfänger deutlich sinken lassen.
## Vor allem geschiedene Frauen betroffen
Den größten Anteil unter den 17 Personengruppen stellten die etwa 300.000
[2][nach DDR-Recht geschiedenen Frauen]. Ungefähr ein Drittel lebt noch,
schätzt der Verein, in dem sie organisiert sind. Bei ihnen geht es nicht um
Einzahlungen in DDR-Sonderversorgungssysteme. Ihnen entgeht der in
Westdeutschland übliche Versorgungsausgleich, weil nach einem
Verfassungsgerichtsurteil ihre geschiedenen Männer nicht nachträglich zu
diesen Zahlungen herangezogen werden dürfen.
Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist sich bislang nur darin einig, außerhalb
des Rentenrechts einen Entschädigungsfonds mit fünf Jahren Laufzeit
einzurichten. Er soll auch „Härten und enttäuschte Erwartungen in der
Alterssicherung von Spätaussiedlern und jüdischen Zuwanderern aus der
ehemaligen Sowjetunion“ berücksichtigen, wie es im Eckwertepapier heißt.
Statt eines rückwirkend errechneten Ausgleichs für errechnete Verluste soll
es nur eine einmalige symbolische Zahlung an die noch lebenden Betroffenen
geben. Damit hatte sich der Verein der geschiedenen Frauen 2018
einverstanden erklärt. Dessen wichtigste Beraterin Marion Böker aus Berlin
erinnert daran, dass allein für diese Frauen anfangs ein Ausgleichsbedarf
von 53 Milliarden Mark errechnet worden war. Der SPD schwebte 2017 ein mit
ein bis zwei Milliarden Euro ausgestatteter Fonds vor.
Die jetzt debattierte Größenordnung gehört zu den am besten gehüteten
Geheimnissen. Geht es um Summen, stehen im Eckwertepapier nur drei Kreuze.
Die Geldfrage dürfte die Hauptursache für den schleppenden Fortgang der
Verhandlungen sein, nachdem sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe schon im
Juli 2020 auf Staatssekretärsebene abgestimmt hatte. Jedenfalls liege die
Verzögerung nicht an der Coronapandemie, bestreitet Beraterin Böker eine
Erklärung des sächsischen Sozialministeriums.
## Symbolische Geste
Statt der ursprünglich vorgesehenen Beschränkung auf die sechs ostdeutschen
Beitrittsländer soll die geplante hälftige Mitfinanzierung des Fonds nun
von allen 16 Bundesländern getragen werden. Bundesfinanzministerium und
Regierungskabinett haben sich so verständigt. Zwischen Bund und Ländern
laufen derzeit Abstimmungen, „insbesondere über die wesentliche Frage einer
Finanzierung“, teilte eine Sprecherin des Bundesarbeits- und
Sozialministeriums auf Anfrage mit.
Begrüßt wird von den potenziellen Antragstellern, dass es nach drei
Jahrzehnten zumindest eine symbolische Anerkennung geben soll. Gegen die
vorgesehenen Konditionen aber laufen die Betroffenengruppen Sturm. Der
Verein, der in der DDR geschiedenen Frauen, verlangt eine Rücknahme der im
Eckwertepapier formulierten Anspruchskriterien, die 70 Prozent von einer
Entschädigung ausschließen würden. Nur wer mit seiner Armutsrente „in der
Nähe der Grundsicherung“ liegt, soll einen Antrag stellen dürfen.
Außerdem mussten die Frauen am 1. Januar 1992 bereits das 40. Lebensjahr
vollendet haben, zuvor eine ununterbrochene zehnjährige Ehe geführt und
mindestens ein Kind erzogen haben.
Die vorgesehenen Fristen kommen bei den meist Hochbetagten übel an. Erst
zum Jahreswechsel 2022/23 sollen erste Anträge gestellt werden dürfen.
Einen makabren Trost bietet das Eckwertepapier jenen, die vor der
Auszahlung sterben: Sie sollen die Einmalzahlung zumindest vererben dürfen.
6 May 2021
## LINKS
[1] /Opfer-der-Wiedervereinigung/!5677451
[2] /Ostrenten-und-Altersarmut/!5593997
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Rente
Schwerpunkt Ostdeutschland
DDR
Härtefall
Schwerpunkt Ostdeutschland
Schwerpunkt AfD
DDR
Lesestück Recherche und Reportage
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ostrenten und Altersarmut: Trostzahlung für DDR-Rentenunrecht
Nach der Wende wurden verschiedene soziale Gruppen aus der DDR bei der
Altersversorgung benachteiligt. Nun soll es eine Einmalzahlung richten.
Bericht zum Stand der Einheit: Ost-Wirtschaft holt nur langsam auf
Laut dem Ostbeauftragten gleichen sich die alten und neuen Länder in vielen
Bereichen an. Bei politischen Einstellungen bleiben die Unterschiede
derweil massiv.
Opfer der Wiedervereinigung: Noch länger warten
Viel verloren sie durch den Mauerfall: Ein „Härtefallfonds“ für
benachteiligte Ost-Rentner wird aber wohl erst im Herbst kommen.
Ostrenten und Altersarmut: Die Pech-gehabt-Frauen
In der DDR geschiedene Frauen leiden unter fehlender Gleichstellung bei der
Rente. Der Bundestag handelt nicht – nun hat die AfD das Thema entdeckt.
Unterschiede bei Altersversorgung: Ostdeutsche bekommen mehr Rente
Wie gehts den Alten? Männer kriegen in Deutschland mehr Rente als Frauen,
Ostdeutsche mehr als Westdeutsche. Am besten gehts den Beamten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.