# taz.de -- Gutachten zu Lohnnebenkosten: Das alte Schreckgespenst | |
> Wenn steigende Sozialbeiträge drohen, ist klar: Debatten um soziale | |
> Kürzungen kommen. Die Frage ist, was wir aus den letzten Sparrunden | |
> gelernt haben. | |
Bild: Man muss über Verteilung und die Generationenfrage reden | |
Das Leben ist ein Kreislauf, das wissen nicht nur Buddhisten, sondern auch | |
SozialpolitikerInnen. Alles wandelt sich, etwas Neues kommt – und manchmal | |
sieht das Neue dann doch wieder aus wie das Alte. Ein neues [1][Gutachten | |
des Prognos-Instituts] im Auftrag der arbeitgebernahen Initiative Neue | |
Soziale Marktwirtschaft (INSM) warnt vor steigenden Renten-, Kranken- und | |
Pflegeversicherungsbeiträgen, wenn die Sozialleistungen nicht „reformiert“ | |
werden, wie es immer so schön heißt. | |
Die Beitragssätze zu den Sozialversicherungen drohen bis zum Jahre 2040 auf | |
46 Prozent des Bruttolohns zu steigen, hat das Institut errechnet. Das sind | |
rund 6 Prozentpunkte mehr als der aktuelle Wert. Die Hälfte davon tragen | |
bekanntlich die Arbeitgeber. | |
Nicht nur die Alterung der Gesellschaft und die Folgen der Coronapandemie | |
verursachten diese höheren Kosten, auch falsche oder fehlende Reformen der | |
Bundesregierung seien daran schuld, sagen die ForscherInnen. Sie fordern | |
zum Beispiel, die [2][Renten] stärker an die Lohnentwicklung anzupassen und | |
sie nicht davon abzukoppeln, wie das während der Coronapandemie mit der | |
Kurzarbeit der Fall war. | |
Die Warnungen vor steigenden Lohnnebenkosten waren nach der | |
Jahrtausendwende der Anlass gewesen für diverse Sparrunden und Sparpakete | |
unter einer rot-grünen Regierung. Es gab Kürzungen und Umschichtungen bei | |
den Krankenkassenleistungen, das Renteneintrittsalter wurde erhöht, die | |
Arbeitslosenhilfe abgeschafft und durch Hartz IV ersetzt. | |
## Spätfolge der Wiedervereinigung | |
Man hatte den hohen Lohnnebenkosten eine Mitschuld gegeben an der | |
Massenarbeitslosigkeit, die aber auch eine Spätfolge der | |
[3][Wiedervereinigung] gewesen war. | |
Das neue Papier der arbeitgebernahen Initiative ist ein Warnschuss: | |
Debatten über soziale Kürzungen werden wieder kommen. Es wird wieder | |
heißen, die Unternehmen müssten entlastet werden. Natürlich muss man über | |
Verteilung und die Generationenfrage reden. Die interessante Frage aber | |
ist, welche Fehler aus den Sparrunden der Vergangenheit man künftig nicht | |
noch einmal machen sollte. | |
20 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.insm.de/insm/themen/steuern-und-finanzen/studie-anstieg-der-bei… | |
[2] /Haertefallfonds-fuer-Ost-RentnerInnen/!5769452 | |
[3] /Bericht-zum-Stand-der-deutschen-Einheit/!5713457 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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