# taz.de -- Rechtsextreme Anschlagsserie in Neukölln: 100 Wochen lang das LKA … | |
> Seit Mai 2019 protestiert die Betroffenen-Initiative Basta wöchentlich | |
> für Aufklärung vor dem Landeskriminalamt. Aufhören will sie noch lange | |
> nicht. | |
Bild: Ausgespäht und angezündet: Das Auto von Ferat Kocak brennt direkt neben… | |
BERLIN taz | Zum 100. Mal hat die Initiative Basta am Donnerstagmorgen vor | |
dem Berliner Landeskriminalamt (LKA) für die Aufklärung von [1][rechtem | |
Terror in Neukölln] demonstriert. Die von Betroffenen gegründete Initiative | |
kritisiert die noch immer unaufgeklärte Anschlagsserie und vermutet nach | |
Ermittlungsversäumnissen und rechten Verstrickungen von Ermittlungsbehörden | |
ein rechtes Netzwerk. Die Ini protestiert seit Mai 2019 wöchentlich vor dem | |
LKA und weist auf offene Fragen im Neukölln-Komplex hin. | |
Die Polizei rechnet der rechtsextremen Anschlagsserie seit 2016 über 70 | |
Straftaten wie Brandstiftungen und Sachbeschädigungen zu. Opfer sind | |
zumeist Menschen, die sich gegen die extreme Rechte engagieren – wie etwa | |
der [2][Lokalpolitiker Ferat Koçak (Link]e), aber auch [3][Privatpersonen]. | |
Die Hauptverdächtigen sind seit Jahren bekannte [4][Neuköllner Neonazis]: | |
der ehemalige NPDler und mittlerweile beim III. Weg aktive Sebastian T., | |
der ehemals in AfD tätige Tilo P. und der Neonazi Julian B. | |
Karin Wüst stand auch diesen Donnerstagmorgen mit rund 30 weiteren Personen | |
erneut vor dem LKA in Tempelhof. Sie sagte der taz, dass es angesichts der | |
offenen Fragen keineswegs ein Anlass zum Feiern gewesen sei, dass man | |
bereits zum 100. Mal dort stehe. Sondern eher ein Grund zum Weitermachen: | |
„Es muss daran erinnert werden, dass weder die rechten Straftaten | |
aufgeklärt sind, noch eine objektive und unabhängige Untersuchung über | |
rechte Strukturen in Berliner Ermittlungsbehörden existiert!“ | |
Dass die Initiative stört und den Finger in die Wunde legt, zeigen laut | |
Wüst immer wieder Reaktionen von Polizeibeamten beim LKA. Zumeist würde die | |
Demo einfach ignoriert, manchmal seien sie aber auch [5][von | |
Polizist*innen angepöbelt] worden. Zuletzt gab es aus dem LKA sogar | |
eine [6][Anzeige], weil die Daueranmeldung für die Kundgebung abgelaufen | |
war und die Ini vergessen hatte, diese zu verlängern. Dieses Verfahren | |
wurde mittlerweile eingestellt. „Wir lassen uns nicht einschüchtern, | |
verunsichern oder verjagen“, heißt es in einem offenen Brief der | |
Initiative, den sie im Vorfeld der Kundgebung an Polizeipräsidentin Barbara | |
Slowik schickte. | |
## Täter*innen fühlen sich sicher in Neukölln | |
Neben Kritik wirft der offene Brief neue Fragen auf: Die Betroffenen der | |
Anschläge wollen wissen, wie viele Beschäftigte beim Staatsschutz und der | |
Sonderermittlungsgruppe Fokus in Neukölln sozialisiert wurden und ob zudem | |
Mitarbeiter des LKA die Beschuldigten aus der rechten Szene der 90er Jahre | |
kennen würden oder ob es sogar personelle Überschneidungen mit | |
Neonazi-Kreisen gebe. | |
Hintergrund dafür dürfte sein, dass ein mittlerweile wegen[7][mutmaßlichen | |
Geheimnisverrats strafversetzter Polizist] zusammen mit P. bei der AfD | |
Neukölln tätig war und in einer AfD-Chatgruppe sensible Informationen | |
ausgetauscht hatte. Zudem ist ein ehemals in Neukölln gegen | |
Rechtsextremismus eingesetzter [8][Polizist derzeit angeklagt], weil er | |
einen Afghanen zusammengeschlagen und rassistisch beleidigt haben soll. Das | |
Recherchekollektiv [9][Neukölln Watch] legte zudem kürzlich nahe, dass | |
möglicherweise ein weiterer Polizist mutmaßlich in rechte Strukturen | |
verstrickt sein könnte. [10][Zwei Staatsanwälte] wurden darüber hinaus | |
strafversetzt, weil sie mutmaßlich befangen seien. Seither führt die | |
Generalstaatsanwaltschaft das Verfahren. | |
Wüst betont, dass sich rechte Täter*innen sich in Neukölln angesichts | |
der erfolglosen Ermittlungen weiter sicher fühlen. Vor Kurzem sei ein | |
Mitglied der Initiative auf offener Straße beim Wegbringen vom Altpapier | |
bedroht worden. „Ein Mann ist mit dem Auto vorgefahren und hat gesagt: ‚Wir | |
kennen alle Namen von Basta. Wir wissen, wo ihr wohnt. Ihr gehört alle | |
weggesperrt. Wir haben bald die Macht und dann ist es aus mit euch!‘“ | |
Laut einer Anfrage der Linken wurden in den vergangenen fünf Jahren | |
[11][rechte Feindeslisten] mit bis zu 1.000 Einträgen gefunden. Simon Brost | |
von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus bestätigt der taz viele | |
Anfragen zum Thema. Auch wenn die gefundenen Listen in großen Teilen nicht | |
aktuell seien, könne man keine Entwarnung geben, so Brost: „Wir wissen | |
nicht, wer an der Sammlung noch mitgearbeitet hat oder ob aktualisierte | |
Fassungen kursieren.“ Betroffene müssten Vorsicht walten lassen und wachsam | |
sein, so Brost. | |
Neben mutmaßlich neonazistischen Brandanschlägen und Bombendrohungen auf | |
ein linkes Hausprojekt in Spandau in den vergangenen Wochen, brannte | |
zuletzt Ende April in Neukölln-Rudow auch ein Wohnhaus von Geflüchteten. In | |
Vergangenheit hatte die NPD Karten mit Geflüchtetenunterkünften in Berlin | |
veröffentlicht. Auch der III. Weg veröffentlichte kürzlich ein ähnliches | |
Dokument. | |
20 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Rechter-Terror-in-Berlin-Neukoelln/!t5612550 | |
[2] /Interview-mit-Ferat-Kocak/!5669154 | |
[3] /Brandanschlag-auf-Buchhaendler-in-Berlin/!5481673 | |
[4] /Rechtsextreme-Anschlagsserie-in-Neukoelln/!5706506 | |
[5] /Rechtsextreme-Netzwerke-in-der-Polizei/!5607445 | |
[6] /Rechte-Anschlagsserie-in-Berlin-Neukoelln/!5713025 | |
[7] /Rechtsextreme-Terrorserie-in-Neukoelln/!5717930 | |
[8] /Rechtsextreme-Terrorserie-in-Neukoelln/!5717930 | |
[9] https://www.nkwatch.info/2021/weiterer-polizist-in-neukoelln-komplex-verwic… | |
[10] /Rechte-Anschlagsserie-in-Neukoelln/!5705701 | |
[11] /Datensammlungen-von-Neonazis-in-Berlin/!5699104 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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