# taz.de -- Rechtsextreme Netzwerke in der Polizei: „Polizisten pöbeln uns a… | |
> Initiative erhebt Vorwürfe: Bei ihren Kundgebungen vor dem LKA Berlin | |
> seien Mitglieder mehrfach von offenbar rechten Beamten angegangen worden. | |
Bild: Karin Wüst (links) und weitere Mitglieder der Initiative Basta vor dem B… | |
taz: Frau Schott, Frau Wüst, Frau Baas, seit dem 2. Mai stehen Sie und Ihre | |
MitstreiterInnen von der Neuköllner Initiative Basta jeden Donnerstagmorgen | |
von acht bis zehn Uhr vor dem Landeskriminalamt Berlin. Warum tun Sie sich | |
das an? | |
Christiane Schott: Wir sind der Meinung, dass das LKA in Sachen rechter | |
Terror in Neukölln nicht richtig ermittelt. Und darauf wollen wir | |
aufmerksam machen. | |
Karin Wüst: Wir machen das wirklich nicht zum Vergnügen. Wir stehen hier, | |
weil wir seit Beginn der aktuellen Anschlagswelle 2016 alles versucht | |
haben, um die Polizei dazu zu bewegen, diese Taten ernst zu nehmen und | |
aufzuklären. Wir haben mit allen Verantwortlichen in der Polizei | |
gesprochen. Jedes Mal werden wir freundlich abgespeist: Man würde unseren | |
Hinweisen nachgehen, könne sich aber aus ermittlungstechnischen Gründen zu | |
nichts äußern. Dann hören wir nie wieder etwas. Keine Ermittlungserfolge, | |
keine Information, nichts. Wir haben dann irgendwann festgestellt: Durch | |
Gespräche erreichen wir nichts. Wir müssen etwas tun. Deswegen stehen wir | |
jetzt hier. | |
Gab es denn schon offizielle Reaktionen auf die Kundgebungen? | |
Truus Baas: Es kommt schon vor, dass verantwortliche Personen aus der | |
Polizei hier zu uns kommen. Beim zweiten Mal war eine Frau vom Personalrat | |
da, einmal der stellvertretende Leiter der zuständigen LKA-Abteilung, heute | |
der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei. Dann wird uns viel erzählt, | |
sodass man das Gefühl bekommt: Wollen die zuhören, oder uns zutexten? | |
Wie reagieren Menschen, die hier vorbeigehen? | |
Baas: Von den Passanten kommen oft positive Reaktionen, das ist toll. Es | |
gibt Leute, die stellen sich spontan dazu. | |
Wüst: Die Reaktionen der Polizisten und anderen Personen, die an uns vorbei | |
in das Gebäude gehen, sind leider meist ganz anders. Da werden wir zum Teil | |
regelrecht angepöbelt. | |
Inwiefern? | |
Schott: Die bauen sich vor uns und vor unseren Schildern auf, fangen an zu | |
pöbeln, was das hier soll. Da kommen so Kommentare, wie: Warum protestieren | |
Sie nicht gegen links? Einer hat mich gefragt, ob ich mich nicht schämen | |
würde. | |
Wüst: Wenn diese Leute Zivil tragen, können wir natürlich nicht mit | |
Sicherheit sagen, zu welcher Behörde sie gehören. Aber jedenfalls gehen sie | |
ins Gebäude oder kommen von dort, weshalb wir davon ausgehen, dass es sich | |
in der Regel um Menschen handelt, die hier arbeiten. | |
Schott: Ich bin auch erstaunt, dass die Reaktionen immer heftiger werden. | |
Am Anfang wurden wir noch eher belächelt, aber dann hat sich von Donnerstag | |
zu Donnerstag immer mehr Spannung aufgebaut. Höhepunkt war dann die Sache | |
am 20. Juni. | |
Was ist da passiert? | |
Schott: Ein Polizeibeamter, in Uniform und mit Dienstnummer, hat sich vor | |
meinem Schild aufgebaut, auf dem der Begriff „rechter Terror“ steht. Ich | |
habe ihn gefragt, ob er dazu eine Meinung habe. Und dann, tja, dann hat er | |
seine Meinung geäußert zum Thema Ausländer, zum Thema Gewalt. Wir waren | |
schockiert, der hat überhaupt nicht mehr aufgehört, wurde dabei immer | |
lauter. | |
Was hat er denn genau gesagt? | |
Baas: Das waren rassistische Äußerungen, die wir eigentlich nicht so gern | |
wiederholen möchten. Es waren genau solche Aussagen, wie man sie auch von | |
einem Herrn Gauland oder Herrn Höcke hört. | |
Wüst: Ich sehe das eigentlich auch so, dass man solche Äußerungen nicht | |
wiederholen sollte. Andererseits kann man sich das ja sonst gar nicht | |
vorstellen, also muss ich es wohl trotzdem tun: Dass es niemandem weh tue, | |
wenn man den rechten Arm zum Hitlergruß erhebt, hat er gesagt. Dass 99 | |
Prozent der Straftaten hier von Ausländern begangen würden, er als Polizist | |
wisse das. Dass es in Deutschland kein Problem mit Rechten gibt, der NSU | |
sei eine Ausnahme gewesen. Dass die Presse lügt und nicht die Wahrheit | |
berichtet, nämlich, dass die Flüchtlinge Frauen und kleine Mädchen | |
vergewaltigen, dass Schwarze und Araber Menschen ermorden. | |
Was haben Sie nach diesem Vorfall getan? | |
Schott: Wir haben der Polizeipräsidentin einen Brief geschrieben, in dem | |
wir den Vorfall dokumentieren, inklusive der Dienstnummer. Am Donnerstag | |
danach war sie dann da, hat uns begrüßt, eine zweiminütige Ansprache | |
gehalten. | |
Wüst: Dann war sie wieder weg, am nächsten Tag hat mich dann noch einer | |
ihrer Mitarbeiter angerufen und gesagt, der Vorgang sei jetzt aber bei der | |
Staatsanwaltschaft, das könne aber dauern. Da klingeln dann bei mir gleich | |
die Alarmglocken, wir haben jetzt heute beschlossen, dass wir uns das noch | |
mal schriftlich geben wollen, auch das Aktenzeichen. Auf mündliche Aussagen | |
können wir leider nichts mehr geben. | |
Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat den Vorwurf zurückgewiesen, die | |
Polizei unternehme zu wenig und sei auf dem rechten Auge blind. Wie kam das | |
bei Ihnen an? | |
Wüst: Mich hat es betroffen gemacht, das zu lesen. Mein Wunsch ist, dass | |
endlich eingeräumt wird, dass es in der Polizei rechte Strukturen gibt. Das | |
immer wieder zu dementieren und mir damit jeden Funken Hoffnung zu nehmen, | |
dass dieses Problem erkannt wird, das trifft mich. Das trifft mich | |
besonders, weil Frau Slowik doch noch am Tag, bevor sie das gesagt hat, | |
hier bei uns war. Das zeigt mir doch, sie nimmt mich nicht ernst, ich weiß | |
nicht, wie ich das anders sagen soll. | |
Wie ist denn bei Ihnen in der Initiative gerade die Stimmung, wollen Sie | |
weitermachen? | |
Baas: Auf jeden Fall machen wir weiter! | |
Schott: Die Stimmung ist gut, weil wir ja sehen, dass es nicht egal ist, | |
was wir hier machen. Gerade heute hat sich jemand aus dem LKA über uns | |
beschwert, wir würden den Eingang blockieren. Da kamen dann die Beamten vom | |
Abschnitt, die waren supernett, sie haben auch gesagt wir können ihnen | |
immer Bescheid sagen, wenn wir hier angepöbelt werden. Jedenfalls scheinen | |
wir hier offensichtlich zu stören, und wenn wir stören, dann ist das schon | |
mal sehr gut. | |
18 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
## TAGS | |
Polizei Berlin | |
Rechter Terror in Berlin-Neukölln | |
Rechtsextremismus | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Hasskriminalität | |
Rechter Terror in Berlin-Neukölln | |
Anschlagserie | |
Ferat Kocak | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Rechte Anschläge: Wieder Nazi-Attacken in Neukölln | |
NS-Symbole sorgen im Weserkiez für Unsicherheit. Ein Zusammenhang zur | |
Neuköllner Anschlagsserie steht im Raum. | |
Untersuchungsausschuss in Berlin: 25.000 für Aufklärung | |
Die Opfer Neuköllner Anschlagserie übergeben eine Petition für einen | |
Untersuchungsausschuss. Die Koalition tut sich mit der Forderung schwer. | |
Rechtsextreme Anschlagserie in Neukölln: Ab jetzt direkt vor dem LKA | |
Mit wöchentlichen Protesten vor dem Landeskriminalamt fordern Betroffene | |
die Aufklärung der mutmaßlich rechtsextremen Anschläge | |
Rechte Anschläge in Berlin-Neukölln: Mit Wissen der Behörden | |
Vor einem Jahr brannten in Neukölln die Autos zweier Linker. Die Behörden | |
hatten Hinweise, dass Neonazis die Taten planten. |