# taz.de -- Banker Lasso gewinnt Präsidentenwahl: Ecuador stimmt neoliberal | |
> Guillermo Lasso gewann in der Stichwahl gegen den linksprogressiven | |
> Kandidaten Andrés Arauz. Lasso errang 52,5 Prozent der gültigen Stimmen. | |
Bild: Beim dritten Versuch erfolgreich: Der Liberalkonservative Guillermo Lasso | |
BUENOS AIRES taz | Guillermo Lasso ist der Sieger der Präsidentschaftswahl | |
in Ecuador. Am Sonntag setzte sich der liberalkonservative Politiker in der | |
Stichwahl gegen den linksprogressiven Kandidaten Andrés Arauz durch. Lasso | |
errang 52,5 Prozent der gültigen Stimmen, Arauz 47,5 Prozent. Und während | |
Lasso sich am Wahlabend zum Sieger erklärte, räumte Arauz seine Niederlage | |
ein. | |
Glückwünsche für Lasso twitterte auch der ehemalige Präsident Rafael | |
Correa, der den 36-jährigen Arauz unterstützt hatte. Knapp 1,7 Millionen | |
Wahlberechtigte stimmten ungültig und [1][folgten so dem Aufruf zum „voto | |
nulo ideológico“ der indigenen Bewegungspartei Pachakutik und ihres | |
Kandidaten Yaku Pérez]. [2][Der hatte im ersten Wahlgang den Einzug in die | |
Stichwahl nur äußerst knapp verpasst]. Ungültig sollte demnach nun stimmen, | |
wer beiden Kandidaten das Misstrauen aussprechen wollte. Gemessen an der | |
Gesamtzahl der Stimmberechtigten sind das rund 13 Prozent der Stimmen. | |
„Pérez' ungültige Stimmen haben uns den Sieg vermasselt“, so der Tenor im | |
Arauz-Lager. | |
Den ersten Wahlgang hatte Andrés Arauz noch mit 32,7 Prozent der Stimmen | |
für sich entschieden. Dagegen war Guillermo Lasso mit deutlichem Abstand | |
und lediglich 19,7 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz gelandet. Aber | |
während Lasso bei der Stichwahl um über 2,5 Millionen Stimmen zulegen | |
konnte, schaffte Arauz nur ein Plus von 960.000 Stimmen. | |
Ecuadors Stimmberechtigte haben sich damit für den neoliberalen Kurs eines | |
ehemaligen Bankers und gegen die Wiederauferstehung der populistischen | |
Politik à la Correa entscheiden. Diese Polarisierung hatte den Wahlkampf in | |
den vergangenen Wochen dominiert. „Seit Jahren habe ich von der Möglichkeit | |
geträumt, den Ecuadorianern dienen zu können, damit das Land Fortschritte | |
macht und wir alle besser leben können“, rief Lasso seiner Anhängerschaft | |
am Wahlabend zu. Tatsächlich war es für den 65-Jährigen der dritte Versuch, | |
in den Präsidentenpalast Carondelet einzuziehen. Zuletzt war er 2017 in der | |
Stichwahl gegen den noch amtierenden Präsidenten Lenín Moreno gescheitert. | |
## Corona hat die Armut verschärft | |
Der hinterlässt ein schweres Erbe. Seit Langem steckt das Land in der | |
Krise. Mit dem Ende des Ölpreisbooms sanken seit Mitte der 2010er Jahre die | |
Staatseinnahmen. Im Oktober 2019 kam es wegen der Sparpolitik der letzten | |
Jahre [3][zu sozialen Unruhen], bei denen mehrere Menschen ums Leben kamen. | |
[4][In Sachen Verschuldung hängt alles vom Goodwill des Internationalen | |
Währungsfonds ab]. | |
Dann kam die Corona und hat alles weiter verschärft. Um nahezu 8 Prozent | |
schrumpfte im vergangenen Jahr die Wirtschaft. Der Anteil der Armen wuchs | |
auf rund 33 Prozent der Bevölkerung. Jeder Dritte der 18 Millionen | |
Ecuadorianer*innen lebt unterhalb der Armutsgrenze. | |
Wenn Lasso am 24. Mai das Präsidentenamt antritt, kann er sich in der | |
kürzlich neugewählten Nationalversammlung nicht auf eine eigene Mehrheit | |
stützen. Seine Allianz aus der christsozialen PSC und seiner eigenen Partei | |
CREO stellt nur 30 der 137 Mandate im Parlament. Stärkste Fraktion ist mit | |
49 Mandaten die linke Unión por la Esperanza, die Andrés Arauz unterstützt. | |
Rein rechnerisch käme eine Mehrheit zusammen, aber ein Zusammenwirken | |
beider Lager ist unwahrscheinlich. | |
Zweitstärkste Kraft ist die indigenen Pachakutik, die über 37 Mandate | |
verfügt, gefolgt von der sozialdemokratischen Izquierda Democrática mit 18 | |
Mandaten. Die beiden Fraktionen verhandeln gegenwärtig über eine Allianz. | |
Mit ‚Minka für soziale Gerechtigkeit und Freiheit‘ steht bereits deren Name | |
fest. Das Quechua-Wort Minka steht für Gemeinschaftsarbeit, zu der sich die | |
Abgeordneten der beiden Parteien in einem 45-köpfigen Block vereinen | |
wollen. | |
## Lasso muss sich Mehrheit noch organisieren | |
In ihrem Vier-Punkte-Programm sticht vor allem der Kampf gegen den | |
Klimawandel hervor. Zukünftig sollen keine Konzessionen für die | |
Ausbeutungen von Öl und Erzen in Schutzgebieten und großen | |
Trinkwasserreservoirs vergeben werden, um so einen allmählichen Ausstieg | |
aus dem extraktivistischen Modell zu ermöglichen. Das Vorhaben steht zwar | |
im Widerspruch zu den Auffassungen des zukünftigen liberalkonservativen | |
Präsidenten, aber der ist gezwungen, sich parlamentarische Mehrheiten zu | |
organisieren. Die möglichen Verhandlungen zwischen Lasso und der Minka | |
könnten zu Überraschungen führen. | |
12 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Ecuador-vor-der-Stichwahl/!5759261 | |
[2] /Praesidentschaftswahlen-in-Ecuador/!5750128 | |
[3] /Erfolg-fuer-Proteste-in-Ecuador/!5632952 | |
[4] /Ecuadors-Gesundheitswesen-am-Limit/!5680517 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
## TAGS | |
Ecuador | |
Rafael Correa | |
Präsidentenwahl | |
Indigene | |
Ecuador | |
Protest | |
Ecuador | |
Lateinamerika | |
Ecuador | |
Ecuador | |
Ecuador | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Indigene in Ecuador: Streik beendet | |
Die Regierung und Vertreter*innen indigener Organisationen einigen sich | |
auf einen Kompromiss. Dazu gehört auch eine Senkung des Treibstoffpreises. | |
Equadors Präsident Guillermo Lasso: Ausnahmezustand verhängt | |
Lasso will der anhaltenden Proteste der indigenen Bevölkerung Herr werden. | |
Zugleich kommt er ihr mit sozialen Maßnahmen entgegen. | |
Soziale Proteste in Ecuador: Im Ausnahmezustand | |
Mit einem Ausnahmezustand will Ecuadors Regierung die Gewalt der | |
Drogenbanden eindämmen. Die wirtschaftliche Lage führt zu neuen Konflikten. | |
Brutale Kämpfe in Gefängnis in Ecuador: Über 100 Tote bei Ausschreitungen | |
Mit Pistolen und Macheten gehen Gang-Mitglieder in einem Gefängnis in | |
Guayaquil aufeinander los. Präsident Lasso ruft Ausnahmezustand in | |
Gefängnissen aus. | |
Präsidentschaftswahlen in Ecuador: „Weiter so“ in Quito | |
Der neoliberale Guillermo Lasso wird neuer Präsident in Ecuador. Der | |
Kandidat der ökologischen Linken scheiterte im ersten Wahlgang nur knapp. | |
Ecuador vor der Stichwahl: Links, rechts oder ungültig | |
Der linksprogressive Andrés Arauz oder der rechtsliberale Guillermo Lasso: | |
Die Stichwahl in Ecuador am Sonntag ist eine Richtungsentscheidung. | |
Gewalt in Ecuadors Gefängnissen: Wie kamen Waffen in den Knast? | |
Mindestens 79 Gefangene sterben bei Gewaltausbrüchen in ecuadorianischen | |
Gefängnissen. Die Polizei spielt eine fragwürdige Rolle im Strafvollzug. | |
Präsidentschaftswahlen in Ecuador: Rechtsliberaler zieht in Stichwahl | |
Der indigene Umweltaktivist Yaku Pérez verfehlt die zweite Runde der | |
Präsidentschaftswahl äußerst knapp. Seine Anhänger marschieren nach Quito. |