| # taz.de -- Soziale Proteste in Ecuador: Im Ausnahmezustand | |
| > Mit einem Ausnahmezustand will Ecuadors Regierung die Gewalt der | |
| > Drogenbanden eindämmen. Die wirtschaftliche Lage führt zu neuen | |
| > Konflikten. | |
| Bild: Sensenmann auf der Straße: Verkleideter Protest am Montag in Ecuadors Ha… | |
| Hamburg taz | Seit dem 18. Oktober befindet sich Ecuador im | |
| Ausnahmezustand. Demonstrationen sind daher verboten. Doch davon ließen | |
| sich in Quito am Dienstag weder Gewerkschaften noch indigene Organisationen | |
| abhalten. Die Ursache: wieder einmal [1][Benzinpreiserhöhungen]. | |
| Für Alberto Acosta kamen die Proteste nicht überraschend. „[2][Präsident | |
| Guillermo Lasso] hatte sich zwar Anfang Oktober mit den wichtigsten | |
| indigenen Organisationen zu Verhandlungen getroffen, aber es wurde nicht | |
| verhandelt. Der Benzinpreis war für Lasso nicht verhandelbar“, kritisiert | |
| der bekannte [3][Ökonom und Nachhaltigkeitstheoretiker]. Ein reichlich | |
| ungeschickter Fehler von Lasso, der genau wissen müsste, dass die am 22. | |
| Oktober verfügte Preiserhöhung für Diesel und Benzin viele Kleinbauern, | |
| darunter Tausende von Indigenen, hart treffen wird. | |
| Die Pandemie hat Ecuadors Wirtschaft hart getroffen, das | |
| Bruttoinlandsprodukt ist 2020 um 7,5 Prozent gesunken. Armut ist wieder | |
| deutlich sichtbar in den Metropolen Quito und Guayaquil und mit ihr auch | |
| die Gewalt, so Fernando Carrión. Der Professor der Lateinamerikanischen | |
| Fakultät für Sozialwissenschaften (Flacso) unterscheidet zwischen | |
| gewöhnlicher und organisierter Kriminalität. „Die Zahl der Morde in Ecuador | |
| hat sich zwischen 2016 und 2021 nahezu verdoppelt. Dafür sind die | |
| ökonomische Krise und der offen geführte Konflikt zwischen Banden und | |
| Kartellen verantwortlich.“ | |
| Die versucht Präsident Lasso seit dem 18. Oktober mit einem landesweiten | |
| Ausnahmezustand einzudämmen. Armee und Polizei patrouillieren gemeinsam, | |
| kontrollieren Fahrzeuge genauso wie Passanten, um Drogenschmuggel und | |
| Auftragsmorde einzudämmen. | |
| ## Kampf um Schmuggelrouten für 500 Tonnen Kokain | |
| 60 Tage gilt der Ausnahmezustand, den Lasso verhängt hat, weil die | |
| Gewaltwelle seit Ende September vor allem rund um Guayaquil weiter | |
| Schlagzeilen macht. In allen Umfragen dominiert die Forderung nach mehr | |
| Sicherheit, und das nicht erst, seit am 30. September in der größten | |
| Haftanstalt des Landes, „El Literoal“, 119 Menschen bei einem Krieg hinter | |
| Gittern zum Teil [4][bestialisch ermordet] wurden. | |
| Hintergrund der Gewalt ist ein Kampf um Schmuggelrouten und deren | |
| Kontrolle, wobei sich mit Los Choneros und Los Lobos zwei große Banden | |
| gegenüberstehen. Das zwischen den beiden größten Kokainproduzenten Peru und | |
| Kolumbien gelegene Ecuador ist mit dem Hafen Guayaquil zur Drehscheibe | |
| geworden. 500 Tonnen werden Experten wie Carrión zufolge über Ecuador | |
| verteilt, und Ecuadors Banden sind eng verbandelt mit dem mexikanischen | |
| Sinaloa-Kartell und der Konkurrenz vom Kartell Nueva Generación aus | |
| Jalisco. | |
| Dabei ist es kein Zufall, dass der Krieg in den Vollzugsanstalten des | |
| Landes stattfindet, wo die Häftlinge sich weitgehend selbst überlassen | |
| sind, wo sich Vollzugsbeamte bestechen lassen und Waffen hinter Gitter | |
| schmuggeln. | |
| Der Ausnahmezustand könnte den Drogenschmuggel und die Bandenkriminalität | |
| dämpfen, aber er lindert nicht die massiven sozialen Probleme, die den | |
| Banden den Nachwuchs zuführen. Selbst wenn die konservative Regierung auf | |
| Sozialprogramme setzen würde, grenzen Haushaltsdefizit und Schuldenberg die | |
| Möglichkeiten ein, umreißt Carrión die strukturellen Probleme. Die hat | |
| Lasso mit dem hartnäckigen Festhalten am Benzinpreis geschürt. Carrión und | |
| Acosta sind sich einig, dass die Proteste weitergehen werden. Der Druck | |
| auf Guillermo Lasso nimmt zu. | |
| 27 Oct 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Knut Henkel | |
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