# taz.de -- Walpurgisnacht und Tag der Arbeit: Same procedure as every year? | |
> Anders als im letzten Jahr finden in der Walpurgisnacht und am Tag der | |
> Arbeit wieder etliche Demos statt. Doch anders als früher. Ein Überblick. | |
Bild: Demonstranten der MyGruni-Kundgebung am 1. Mai letztens Jahres | |
BERLIN taz | Auf den ersten Blick stehen Berlin in der Walpurgisnacht und | |
am [1][1. Mai wieder die gewohnten Proteste] bevor. Anders als im | |
vergangenen ersten Jahr der Pandemie, ist fast alles wie immer: Hände weg | |
vom Wedding veranstaltet seine antikapitalistische Vorabenddemonstration | |
durch den Kiez, das hedonistische Quartiersmanagement Grunewald zieht ins | |
Villenviertel und auch der Revolutionäre 1. Mai ist mit einer | |
eigenständigen Demonstration zurück. | |
Same procedure as every year also? Ganz so eindeutig ist das nicht. Zwar | |
lässt sich die linke und linksradikale Szene ihre Proteste nicht mehr | |
nehmen, aber im Detail ist dennoch vieles anders. Besonders schwierig sind | |
daher auch Vorhersagen, wie viele Menschen sich beteiligen werden und ob | |
der Tag konfliktfrei verlaufen oder sich doch der Zorn etwa über geräumte | |
alternative Projekte oder den weggeklagten Mietendeckel Bahn brechen wird? | |
Zunächst ein Blick auf die Unterschiede zum Normalzustand: Der Deutsche | |
Gewerkschaftsbund DGB verzichtet – wie bereits im vergangenen Jahr – auf | |
seine traditionelle Demonstration. Überwiegend online soll der Tag | |
ablaufen, per Livestream mit Reden und Kulturprogramm. Die Linksradikalen, | |
die sich sonst mit einem „klassenkämpferischen Block“ an der DGB-Demo | |
beteiligten, haben daher eine eigene Demo organisiert. Organisationen wie | |
die anarchistische Gewerkschaft FAU widmen sich dabei klassischerweise der | |
Arbeit und den Arbeiter*innen, besonders jenen, die die Lasten der Pandemie | |
zu tragen haben – „während die Reichen ihr Vermögen noch vergrößern“,… | |
es im Aufruf heißt. | |
## Auf drei Wegen in den Grunewald | |
Letzteres ist auch das Thema der zeitlich parallelen | |
Konkurrenzveranstaltung im Grunewald, die dieses Jahr auf die ganze Stadt | |
ausgeweitet wird. Denn das selbst ernannte Quartiersmanagement für den | |
Problembezirk setzt in diesem Jahr auf den Pandemie-Trend Fahrrad-Demo. Aus | |
Wedding („Rotfront-Bikers“), Neukölln (Umverteilungs-Ultras“) und | |
Lichtenberg („Goldener Mittelfinger“) will man auf drei Wegen durch die | |
Stadt – gemeinsamer Treffpunkt ist der Große Stern – bis in den Grunewald | |
und danach zurück über die A 100 nach Neukölln radeln. Hört sich nicht nur | |
nach Sport an – ist es auch. | |
Dass die Forderung nach Umverteilung des Reichtums für viele ein Thema ist, | |
hat erst ein am Mittwoch veröffentlichter und breit wahrgenommener offener | |
[2][Brief des Bündnisses Wer hat der gibt] gezeigt, das sich ebenfalls an | |
der Fahrradtour beteiligt. Ob sich aber wie in den Jahren 2018 und 2019 | |
Tausende der sicherlich buntesten und fröhlichsten Veranstaltung des Tages | |
anschließen werden, bleibt abzuwarten. Am Wetter muss es jedenfalls nicht | |
scheitern. Zwar wird es kälter als üblich, überwiegend trocken wird es aber | |
voraussichtlich bleiben. | |
Die Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration am Abend soll weniger krawallig | |
daherkommen als gewohnt. Ein neues Bündnis aus migrantischen Gruppen, | |
federführend der Migrantifa, will der am Hermannplatz startenden Demo einen | |
neuen Ausdruck verpassen und anschlussfähig für die nicht revolutionäre, | |
oft migrantische Nachbarschaft sein. Unabhängig, ob das gelingt, wird die | |
Demo ein Szene-Treffpunkt bleiben. Angekündigt haben sich etwa | |
Bewohner*innen und Unterstützer*innen der Köpi und ihres | |
bedrohten Wagenplatzes oder das Interkiezionale-Bündnis der vielfach schon | |
geräumten alternativen Projekte, deren Veranstaltungen zuletzt noch am | |
ehesten als militant zu bezeichnen waren. | |
## Ein „besonderer 1. Mai“ | |
Die Polizei hält sich mit Prognosen zum Geschehen zurück, Pressesprecher | |
Thilo Cablitz spricht auf taz-Anfrage von einem „besonderen 1. Mai“ und | |
meint vor allem die Pandemiesituation, die anders als vor einem Jahr das | |
Versammlungsrecht nicht einschränkt. Zu den Herausforderungen für den | |
Großeinsatz werden aber nicht nur die Demos, sondern auch die „feiernden | |
Menschen, die sich in den Parks mit einem Bierchen niederlassen“. | |
Auf die Frage nach womöglich schwierigen Situationen verweist Cablitz auf | |
einen „Aufzug gegen die Infektionsschutzmaßnahmen“.Im Lichtenberger | |
Nibelungenkiez will eine Gruppe aus dem Querdenken-Umfeld demonstrieren. | |
Daneben steht auch die Revolutionäre 1.-Mai-Demo im polizeilichen Fokus“, | |
bei der es in der Vergangenheit „regelmäßig zu Angriffen auf Einsatzkräfte | |
kam“, wie Cablitz sagt, wenn auch mit „abnehmender Entwicklung“. | |
Bislang sind keine Demonstrationen für die Zeit nach 22 Uhr, also dem | |
Beginn der Ausgangssperre, angemeldet. Dies aber ist grundsätzlich möglich, | |
wie Cablitz bestätigt, diese Ausnahme sehe das Infektionsschutzgesetz vor. | |
Eine Bedingung, auch für etwaige Spontanversammlungen ist aber ein | |
„tragfähiges Hygienekonzept“, das durch den Veranstalter auch durchgesetzt | |
werden kann. Anderseits werde die Polizei gucken, „dass sich die Menschen | |
nach 22 Uhr entfernen“, so Cablitz. | |
29 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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