| # taz.de -- 1. Mai-Proteste in Berlin: Alles neu macht der Mai | |
| > Die Revolutionäre 1.-Mai-Demo will dieses Jahr internationaler und | |
| > anschlussfähiger sein. In den Grunewald geht es zuvor per Rad. | |
| Bild: Ein bunter erster Block | |
| Berlin taz | Ein Bündnis aus 19 migrantischen linken Organisationen wird | |
| die diesjährige Revolutionäre [1][1.-Mai]-Demonstration anführen. Dazu | |
| gehören mehrere türkische und kurdische, palästinensische und jüdische | |
| Gruppen, ebenso wie ein polnisch-feministisches Kollektiv, eine Gruppe | |
| philippinischer Aktivist*innen und [2][Migrantifa Berlin]. Wie es im | |
| Demoaufruf heißt, stehe der Tag „nicht nur im Zeichen der Arbeiter*innen“, | |
| sondern ebenso für alle „ohne Arbeit, Papiere oder Wohnung“. | |
| Nachdem die traditionelle 18-Uhr-Demo im vergangenen ersten Cornajahr durch | |
| ein [3][Katz-und-Maus-Spiel in Kreuzberg] ersetzt wurde, wird es dieses | |
| Jahr einen – sogar angemeldeten – Demozug vom Hermann- zum Oranienplatz | |
| geben. Dadurch solle die Anschlussfähigkeit für Menschen außerhalb der | |
| Szene gesteigert werden, sagte die Bündnissprecherin und | |
| Migrantifa-Aktivistin Aicha Jamal der taz. „Die linke Szene hat sich in der | |
| Vergangenheit zu sehr selbst isoliert und muss mehr ihren offenen Charakter | |
| betonen“, so Jamal. | |
| Ausgeschlossen gefühlt hätten sich dabei auch viele internationalistische | |
| Gruppen. Jamal sagt: „Wir wollen als Migrant*innen nicht nur über | |
| Rassismus sprechen, sondern über gesamtgesellschaftliche Probleme.“ Dem | |
| Charakter als womöglich größte und offensivste antikapitalistische | |
| Veranstaltung des Landes versuchen die Veranstalter*innen, zu denen auch | |
| wieder die Radikale Linke Berlin und die Interventionistische Linke | |
| gehören, in ihrem Aufruftext gerecht zu werden, in dem sie die migrantische | |
| Perspektive mit allgemeiner Systemkritik verbinden: „Das kapitalistische | |
| System kann ohne den Rassismus als Logik der Legitimation für | |
| Überausbeutung sowie die Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt, die dazu dient, den | |
| Preis der Arbeitskraft niedrig zu halten, nicht existieren.“ | |
| Jamal spricht von einer „kämpferischen Demo“, gleichwohl sendet das Bündn… | |
| Zeichen, keine Eskalation zu wollen. Im Aufruf heißt es, der Charakter der | |
| Demo müsse sich „verändern“; an „Provokationen der Berliner Polizei“ … | |
| man kein Interesse. Jamal betont auch, dass ihr Hygienekonzept nur | |
| umsetzbar sei, wenn die Polizei sie nicht angreife. | |
| ## Back to Gruni | |
| Auch ein weiterer – nach dreijähriger Tradition bereits – Klassiker des | |
| Berliner Tages der Arbeit kehrt zurück, ebenfalls in veränderter Form. Die | |
| Gruppe [4][MyGruni] will erneut in den Grunewald, diesmal mit einer | |
| Fahrradsternfahrt. Den Hedonist*innen bietet die Coronakrise noch | |
| einmal neuen Stoff für ihre satirisch zugespitzte Kritik an den | |
| Ungleichverhältnissen: „Seit Beginn der Krise hat sich die Situation im | |
| Problemkiez noch einmal verschärft. Die Reichen sitzen abgeschottet hinter | |
| geschlossenen Toranlagen, hamstern Dividenden und sind dabei für ein | |
| gesellschaftliches Miteinander kaum mehr zu erreichen“, so die Sprecherin | |
| des selbsternannten Quartiersmanagements Grunewalds, Frauke Geldherr. | |
| Es gehe darum, die Grunewalder*innen „abzuholen, coronasicher und | |
| zukunftszugewandt mit dem Rad, und ihnen solidarische Perspektiven jenseits | |
| der Grundstücksmauern aufzeigen.“ Wer sich mitreißen lässt, kann auf dem | |
| Rückweg zur Revolutionären Demo in Neukölln mit dem Rad auch über die | |
| Stadtautobahn fahren. | |
| Bei der Forderung nach Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums dabei | |
| ist auch das bundesweite Krisenbündnis [5][„Wer hat, der gibt“]. Die | |
| Pandemie habe „bestehende Ungleichheiten verstärkt und deutlich gemacht, | |
| welche Interessen zählen und wessen Bedürfnisse ernst genommen werden.“ | |
| Während die Stimmen aus der Wirtschaft bei den politisch Verantwortlichen | |
| gehört würden, blieben die Bedürfnisse von Ärzt*innen, Pfleger*innen, | |
| Verkäufer*innen und Kulturschaffenden ungehört“, heißt es im | |
| [6][Aufruf]. | |
| ## Klassenkampf ohne DGB | |
| Den Fokus auf Beschäftigte hat auch ein Bündnis, das sich bislang als | |
| klassenkämpferischer Block am Aufzug des Deutschen Gewerkschaftsbundes | |
| beteiligte, dieses Jahr aber eine eigene Demo durchführen wird, weil der | |
| DGB nur zu einer stationären Kundgebung aufruft. „Nicht auf unserem Rücken | |
| – Gewerkschaften und Lohnabhängige in die Offensive“ so das Motto, dem sich | |
| unter anderem die Gewerkschaft FAU und Hände weg vom Wedding anschließen. | |
| Letztere werden bereits am Vorabend in ihrem Kiez demonstrieren. Ohne | |
| Männer warm laufen will sich in der Walpurgisnacht auch eine feministische | |
| Demo. Unter dem Titel „Take back the night“ geht es dabei gegen „Sexismus | |
| und partriarchale Gewalt“. | |
| 14 Apr 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Schwerpunkt-1-Mai-in-Berlin/!t5500839 | |
| [2] /Migrantifa-ueber-Rassismus/!5696177 | |
| [3] /1-Mai-in-Berlin/!5682674 | |
| [4] /1-Mai-in-Berlin/!5592035 | |
| [5] /Demonstrationen-von-Wer-hat-der-gibt/!5711432 | |
| [6] https://werhatdergibt.org/1-mai2021/ | |
| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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