# taz.de -- Europäisches Klimagesetz: Weder Annalena noch Armin | |
> Es war ja wieder viel los, wie immer. Aber was ist das wichtigste | |
> politische Ereignis dieser Woche? Ich wette, da kommen Sie nicht drauf. | |
Bild: Das herausragende politische Ereignis der Woche ist der Ausstieg aus dem … | |
Falls es jemand in unserer doch etwas national und people-orientierten | |
Mediengesellschaft verpasst haben sollte: Das herausragende politische | |
Ereignis der Woche ist der Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter. | |
[1][Das Europäische Klimagesetz], in dem rechtsverbindlich geregelt wird, | |
dass wir Europäer binnen 30 Jahren klimaneutral wirtschaften werden, das | |
geht von der Strom- und Wärmeproduktion über die Autos bis zur | |
Landwirtschaft. Nun gibt es Gründe über den schwierigen Kompromiss | |
enttäuscht zu sein, wie der Grüne EU-Parlamentarier Michael Bloss, weil man | |
damit das Pariser Klimaabkommen noch nicht einhalten kann. | |
Aber Präsident Biden ist in dieser Woche auch in die [2][Klima-Offensive] | |
gegangen, und für mich ist jetzt der zentrale Gedanke: It is happening. Es | |
passiert. Wir machen das. Wir werden aus dem Zeitalter des Ob ins Zeitalter | |
des Wie katapultiert. | |
Insofern schlage ich vor, sich nicht mehr mit der Rolle des Kritikers zu | |
begnügen, dem alles viel zu wenig ist, sondern das Zentrum derjenigen zu | |
vergrößern, die im Prozess des Machens das Knowhow, die Technologien, die | |
Dynamik und die gesellschaftlichen Mehrheiten entwickeln können, damit es | |
am Ende reicht. | |
## Jenseits der Sprechbausteine | |
Das ist eine Aufgabe, die beide infrage kommenden deutschen Parteien | |
überfordern könnte. Die Union muss sich dazu inhaltlich als | |
Klima-Wirtschaftspartei neu erfinden. Und die Grünen müssen beweisen, dass | |
sie tatsächlich eine neue Wirtschaftspolitik des qualitativen oder gar | |
Postwachstums in der Schublade haben, jenseits der Sprechbausteine, als | |
konkretes Umbauprogramm des Europäischen Binnenmarkts. Zudem müssen gerade | |
die jüngeren Grünen kulturell das einlösen können, was ihre Parteichefs | |
Baerbock und Habeck versprechen und was ein älteres, männliches und | |
schwäbelndes Parteimitglied zum State of the Art entwickelt hat: | |
Vertrauensleute einer großen gesellschaftlichen Mehrheit und der Wirtschaft | |
zu sein. | |
Auch als neutraler Beobachter muss man sagen, dass die Euphorie über die | |
grüne Kanzlerinkandidatin Annalena Baerbock bisher größer ist, als die über | |
Armin Laschet, den Kandidaten der Union. Annalena Baerbock ist für viele | |
New Kid in Town, und Stand jetzt eröffnet sich da eine Projektionsfläche | |
für Aufbruch. In die aber dann jeder reintut, was ihn oder sie so umtreibt, | |
unter anderem auch den Sieg des patriarchalen Feminismus oder den der | |
Millennials über die Boomer. Genau aus solchen partikularen Siegfantasien | |
ist die gesamtgesellschaftliche Niederlage von morgen gemacht. | |
Die Wahl entscheiden wird etwas anderes, nämlich der Grat der Verzweiflung | |
in der Union. Die Art, wie CSU-Chef Markus Söder von der Bruderpartei als | |
Trump jun. denunziert wurde, um ihn als Kanzler zu verhindern, ist eine | |
Schande und liberaldemokratische Gefahr. Und das könnte noch längst nicht | |
der Tiefpunkt sein, wie man mit Blick auf die Wahl in Sachsen-Anhalt | |
befürchten muss. Nicht nur die SPD, auch die Union ist offenbar reif für | |
die Opposition, aber da eine absolute Mehrheit für die Grünen beim besten | |
Willen nicht wünschenswert ist, muss ja sonst noch jemand mitregieren. | |
Die große Frage, das sagt der Grünen-Gründer Lukas Beckmann immer wieder, | |
ist nicht „wer führt“, sondern „was führt“, also: Worum geht es Polit… | |
jetzt prioritär? In diesem Sinne war der wichtigste Satz von Baerbock in | |
dieser Woche, dass sie mit Präsident Biden eine „transatlantische Allianz | |
für Klimaneutralität“ gründen wolle. Da ist alles drin: Deutschland, EU, | |
USA, Geld umschichten für den Wirtschaftsumbau. Das ist die World League, | |
in der Baerbock, Habeck, die Grünen und wir Deutsche nach der Wahl | |
handlungsfähig werden müssen. Der Worte sind genug gewechselt. | |
24 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Reduktion-der-Treibhausgase/!5762366 | |
[2] /Globaler-Klimagipfel/!5768323 | |
## AUTOREN | |
Peter Unfried | |
## TAGS | |
Annalena Baerbock | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Klimaschutzziele | |
Kolumne Die eine Frage | |
Joe Biden | |
[tazze]IG | |
Kolumne Materie | |
Schwerpunkt Tag der Befreiung | |
Schwerpunkt Fridays For Future | |
Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kritik an Boomern: Wir sind nicht privilegiert! | |
Konsumsüchtig?! Wachstumsgläubig?! Umweltschweine?! Wer die | |
Boomer-Generation so unreflektiert hatet, disqualifiziert sich selbst. | |
Planwirtschaft in der Pandemie: Gesellschaftliche Nebenwirkungen | |
Privateigentum und Markt sind keine gute Ideen. Kommt jetzt die | |
Planwirtschaft – oder hat unser Kolumnist einen Impfschaden? | |
Sieg über die Nazis im Mai 1945: Lasst uns diesen Tag feiern! | |
Am 8. Mai 1945 war Nazideutschland am Ende – kein historisches Datum ist | |
wichtiger. Warum aber spielt dieser Tag für uns heute kaum eine Rolle? | |
Wege aus der Krise: Werden wir zynisch, Leute? | |
Wut- und Schimpfkonformismus gibt es angesichts der schwierigen Coronalage | |
genug, und zwar auf allen Kanälen. Jetzt braucht es etwas anderes. | |
Grüne in Baden-Württemberg: Vom Ökofuzzi zum Minister | |
Franz Untersteller war zehn Jahre Kretschmanns Umweltminister in | |
Baden-Württemberg. Nach der Landtagswahl hört er auf. Was hat er erreicht? | |
Bundestagswahlen 2021: Lieber Alexander Lambsdorff! | |
Verbotspartei, Inkompetenz, Journalistische Klima-Propaganda: Warum gehen | |
nun alle auf die Grünen los? Weil sie sie ernst nehmen. |