# taz.de -- Situation von Geflüchteten in Heimen: Unter dem Existenzminimum | |
> Alleinstehende Geflüchtete werden teils Eheleuten gleichgesetzt – und | |
> Leistungen gekürzt. Das Düsseldorfer Sozialgericht hält das für falsch. | |
Bild: Gekürzte finanzielle Leistungen: Unterkunft für Geflüchtete in Berlin | |
FRANKFURT A. M. taz | Das Sozialgericht Düsseldorf hat Beschwerde am | |
Bundesverfassungsgericht über die Höhe der Leistungen für Geflüchtete | |
eingelegt. Konkret hält es die Kürzung der Leistung nach dem | |
Asylbewerberleistungsgesetz für alleinstehende Flüchtlinge nicht mit dem | |
Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum für vereinbar, teilte | |
das Gericht am Montag mit. | |
Hintergrund ist, dass die Bundesregierung seit 2019 alleinstehende Menschen | |
in Geflüchteten-Sammelunterkünften generell [1][mit Eheleuten gleichsetzt.] | |
Damit einher geht die Kürzung der Leistung um 10 Prozent. | |
Die Begründung im Gesetz von 2019: Durch ihr Leben in der Sammelunterkunft | |
könnten die Geflüchteten Geld sparen, „etwa indem Lebensmittel oder | |
zumindest der Küchengrundbedarf in größeren Mengen gemeinsam eingekauft und | |
in den Gemeinschaftsküchen gemeinsam genutzt werden“. Auch Kosten für | |
Freizeitaktivitäten wie die Anschaffung von Büchern könnten geteilt werden. | |
Wie die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) betont, auf deren Vorlage | |
sich das Sozialgericht weitestgehend stützt, sei schon diese Grundannahme | |
falsch. „Das Bild des ‚Ehepaares‘, das aus einem Topf wirtschaftet, geht | |
völlig an der Realität in den Unterkünften vorbei“, sagte Sarah Lincoln, | |
Juristin bei der GFF. „Die Bewohner*innen sind sich in der Regel fremd | |
– wegen erheblicher Sprachbarrieren und der hohen Fluktuation in den | |
Einrichtungen.“ | |
## „Abenteuerlich und absurd“ | |
Das werde aber gar nicht geprüft, kritisiert das Sozialgericht Düsseldorf. | |
Die Anwendung der Kategorie „Paarhaushalt“ setze „lediglich die | |
Unterbringung in einer Sammelunterkunft voraus“. Es ist also ein | |
Automatismus, unabhängig davon, ob die Bewohner*innen tatsächlich | |
gemeinsam kochen, einkaufen und ihre Freizeit miteinander verbringen – | |
oder eben nicht. | |
In ähnlichen Konstellationen außerhalb des | |
Asylbewerberleistungsgesetzes habe sich der Gesetzgeber zudem bewusst | |
dagegen entschieden, Leistungen zu kürzen, weil Menschen zusammenlebten, | |
beispielsweise in WGs. | |
„Es ist es daher glasklar, dass die pauschale Eingruppierung von | |
Alleinstehenden als Paare verfassungswidrig ist“, sagte die GFF-Juristin | |
Lincoln der taz. „Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum | |
gilt für alle Menschen in Deutschland und kann nicht einfach aus | |
migrationspolitischen Erwägungen gekürzt werden.“ Das | |
Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber bereits mehrfach in Urteilen | |
zum [2][menschenwürdigen Existenzminimum] gerügt. | |
Auch die Linken-Politikerin Ulla Jelpke sagte der taz: „Die Annahme, dass | |
Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften wie Eheleute Geld einsparen, sei | |
„von Anfang an abenteuerlich und absurd“ gewesen. Sie sei zuversichtlich, | |
dass das Bundesverfassungsgericht das auch so sehen werde. Das | |
Bundesarbeitsministerium, das die Reform 2019 ausgearbeitet hatte, konnte | |
eine Anfrage der taz zum Thema aus Zeitgründen nicht beantworten. | |
20 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Alina Leimbach | |
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