# taz.de -- Musik zum Weltwassertag: Vom Rauschen des Wassers | |
> Zwischen indischer Volksmusik und Rap-Fusion: Das Album des | |
> grenzüberschreitenden Kollektivs Faraway Friends macht auf Dürren in | |
> Indien aufmerksam. | |
Bild: Ein Jahr Arbeit führte zur Gründung des Kollektivs – und zum Album �… | |
MUMBAI taz | Sie stehen für eine Generation, die keinen Stupser mehr | |
braucht, um zu sehen, wie schnell uns der Klimawandel trifft. Ihre Reise | |
beginnt mit einem Rauschen – keinem Störgeräusch, sondern dem Klang des | |
Wassers. Im Jahr vor der Pandemie kamen Keno Langbein, Frontmann von Moop | |
Mama, und der österreichische Produzent David Raddish nach Indien. Sie | |
waren auf Streifzug in abgelegenen Dörfern und in der Ganges-Stadt | |
Varanasi, wo sie die indische Singer-Songwriterin Ditty für ein Konzert | |
trafen. | |
Mitschnitte von Begegnungen mit Wasserschützer:innen sowie endlose | |
Skype-Sessions der drei sind [1][in das Album „Rain Is Coming“ geflossen]. | |
Entstanden sind 13 Stücke – und das Kollektiv Faraway Friends. Es ist eine | |
Fusion von hiphoplastigen Vibes, dem Songschreibertalent Dittys und lokalen | |
Einflüssen aus der Volksmusik. | |
Wie es der Name des Albums schon verrät, geht es vor allem um eines: | |
Wasser. In einigen Wochen werden sich Menschen in Indien erneut die Frage | |
stellen: [2][Wann kommt das Wasser?] Bevor der Monsunregen auf dem | |
Subkontinent einsetzt, geht es den Menschen an die Reserven. | |
„Der größte Teil Indiens hat eine lange Geschichte von Dürren. Der Monsun | |
dauert nur zwei Monate. Besonders im Norden erhalten die Menschen wenig | |
Niederschlag und haben die meiste Zeit des Jahres zu kämpfen. Der Regen ist | |
eine schöne und positive Zeit im Jahr“, erzählt Ditty der taz. Wenn der | |
Regen kommt, wird gefeiert. | |
Wie das klingen kann, verrät der erste Song: energetisch, befreiend, | |
basslastig und schnell. Die Trommelschläge von David Raddish geben den Takt | |
vor. | |
Die Zeit vor dem Regen zu überwinden, ist eine Kunst. Wasser zu sparen wird | |
überlebenswichtig, sonst bleibt nichts anderes übrig, als die Heimat zu | |
verlassen. | |
So weit muss es nicht kommen, wenn Frauen Hand anlegen. Der Weg der Faraway | |
Friends führte sie in die Trockenregion Bundelkhand im Norden Indiens. Dort | |
treffen sie die „Wasserfreundinnen“ Jal Saheli. Hunderte Frauen in | |
hellblauen Wickelkleidern, die gemeinsam etwas gegen den latenten | |
Wassermangel tun: Sie beleben traditionelle Wassernutzungstechniken. Teiche | |
werden instandgesetzt, um Regenwasser zu sammeln. Die Frauen graben Brunnen | |
und reparieren Handwasserpumpen. | |
## Wasser für Empowerment | |
Auf zwei Tracks sind sie zu hören, ein Song ist ihnen ganz gewidmet. „Ich | |
habe gesehen, dass eine Wasserversorgung nicht so selbstverständlich ist“, | |
sagt Musiker Keno. Gerade Frauen würden empowert und gewännen Freiheit, | |
wenn Wasser da sei. | |
„Die Idee ist es, Raum für Gespräche über dringende Themen zu schaffen. Die | |
Klimakrise und was heute in der Welt passiert, ist etwas, das uns | |
beschäftigt“, so Sängerin Ditty. Sie hat miterlebt, wie Flüsse | |
ausgetrocknet sind und [3][Gewässer irreparabel verschmutzt wurden]. Ihr | |
Interesse an Nachhaltigkeit hat Aditi Veena – so lautet ihr volle Name – | |
während ihres Architekturstudiums entdeckt. Seitdem führt sie ein | |
Doppelleben als Stadtökologin und Künstlerin. | |
Ihr drittes Album, das unter dem Namen „Faraway Friends“ läuft, klingt | |
anders. Weniger Gitarre ist zu hören, ihre berührenden Songtexte treffen | |
auf Kenos bilingualen Rap. Produziert hat David Raddish, der zuvor mit Moop | |
Mama, Fiva MC und der Afro-Soul-Sängerin Nomfusi gearbeitet hat. Die Songs, | |
die auf gesampelten Liveaufnahmen beruhen, baute er in Ableton. | |
## Mit Akustigitarre und elektronischen Beats | |
„Eigentlich wollte ich innerhalb einer Woche damit abschließen, doch wir | |
trafen Ditty und alles kam anders“, sagt er. Die Arbeit an dem Album | |
dauerte über ein Jahr. Aus den Beats für ein Soundtagebuch wurden erst drei | |
Songs, nach einem Treffen in Wien ein ganzes Album. | |
„Why Bother“ ist einer der stärksten Songs. Dittys Akustikgitarre kommt | |
darauf zum Einsatz, und trotz oder wegen der eingängigen Melodie wird er | |
nicht ungemütlich, obwohl der Text Bequemlichkeit hinterfragt. „Wir tun | |
immer noch so, als würden wir es nicht sehen“, singt Ditty. „Auf den | |
Schultern der anderen hat die Schuld, die ich trage, überhaupt kein | |
Gewicht“, stimmt Keno ein. Oder doch? | |
Von Brassband, mit der man Keno verbindet, ist nicht mehr viel zu hören, | |
vielmehr sind es elektronische Beats und Dittys Stimme, die tragen. Die | |
Geschichten, Lieder und Klangwelten öffnen den Diskurs und schneiden mit | |
den Jal Saheli das Thema Gendergerechtigkeit an. Von ihnen wird am Tag der | |
Veröffentlichung mehr zu hören sein, der nicht zufällig auf den | |
Weltwassertag fällt. | |
22 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=R7Yvm2BDbYw | |
[2] /Trinkwasser-fuer-Mumbai/!5736514 | |
[3] /Verschmutzung-des-Ganges-in-Indien/!5752472 | |
## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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