Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Mega-Investitionen in Halbleiterbranche: Chinas Kampf um Anschluss
> Für Chinas Vision einer autarken Tech-Nation ist die Halbleiterbranche
> essenziell, Peking investiert massiv. Doch noch hinkt China hinterher.
Bild: Mit Geld allein ist es nicht getan. China benötigt zum Aufbau einer Chip…
Peking taz | Selten wird über die Bruchlandung eines chinesischen
Prestigeprojekts auch in den Staatsmedien derart offen berichtet. Die
„Hongxin Semiconductor Manufacturing Company“ (HSMC) sollte den Standort
Wuhan zum neuen Mekka der heimischen Chipproduktion transformieren. Die
Anschubfinanzierung für das erste Werk lag bei knapp 20 Milliarden Dollar.
Doch noch ehe die ersten Halbleiter übers Fabrikband rollten, gingen
plötzlich die Gelder aus.
Trotzdem liegt der Fokus der Wirtschaftsplaner in Peking auf keinem Feld
derart stark wie auf der Halbleiterbranche. Mikrochips sind längst „die
Goldbarren“ der modernen Gegenwart: Ohne sie gäbe es weder Laptops noch
Smartphones, Drohnen oder künstliche Intelligenz. Dementsprechend haben
Halbleiter eine Bedeutung inne, die weit über das wirtschaftliche
hinausgeht: Der Zugang zu Halbleitern ist für Staaten vielmehr [1][eine
Frage der nationalen Sicherheit].
Dies gilt umso deutlicher für die Parteikader in Peking. Bereits Mitte der
fünfziger Jahre führte die Regierung Halbleiterwissenschaften als
Universitätsfach ein. Doch die Kulturrevolution, während der führende
Intellektuelle in die Provinz verbannt wurden, setzte den damaligen
Ambitionen eine jähe Zäsur. Andere Länder zogen an der Volksrepublik
vorbei, darunter auch kleine Nachbarstaaten wie Südkorea und Taiwan.
Zwar ist China mit Einfuhren von über 300 Milliarden US-Dollar längst der
weltweit größte Konsument von Halbleitern, doch das absolute Gros an
Erlösen geht an ausländische Firmen. Jene Abhängigkeit gipfelte in einem
regelrechten Trauma für die Staatsführung: 2019 hat der damalige
US-Präsident Donald Trump in seinem Handelskrieg Halbleiter-Exporte als
politisches Druckmittel missbraucht – und kurzerhand den Netzwerkausrüster
Huawei von US-Technologie abgeschnitten. Im Folgejahr verbot es dem Konzern
sogar, Geschäfte mit Zulieferern aus Drittländern zu machen, die
Komponenten aus den Vereinigten Staaten verwenden. In wenigen Monaten
rutschte Huawei vom weltweit erfolgreichsten Smartphone-Produzenten aus der
Top-5-Spitzengruppe.
## Xi will „technologische Selbstversorgung“
Seither arbeitet Staatschef Xi Jinping mit Hochtouren an der
[2][„technologischen Selbstversorgung“,] die er zum Kernziel der nationalen
Entwicklung ausgerufen hat. Der aktuelle Fünfjahresplan liest sich wie eine
einzige Replik auf den Konfrontationskurs Washingtons. Eines der Kernziele
lautet, wichtige Technologien künftig selber zu produzieren.
Dementsprechend massiv fallen die Investitionen aus: Allein 2020 hat die
Regierung Halbleiter-Konzerne mit Direktzahlungen in Höhe von mindestens 35
Milliarden US-Dollar unterstützt, wie Recherchen des Fachmediums Technode
ergeben. Dies ist eine Steigerung von über 400 Prozent im Vergleich zum
vorangegangenen Jahr. Das private Risikokapital stieg im selben Zeitraum
fast ebenso steil an.
## China investiert Milliarden
Der bisher vielversprechendste heimische Produzent ist die Semiconductors
Manufacturing International Corporation (SMIC) mit Sitz in Shanghai, deren
Aktienkurs gleich am ersten Tag nach der Börsennotierung in Shanghai um
mehr als 200 Prozent stieg. Zudem kündigte die Firmenleitung erst Mitte
März den Bau einer neuen Fabrik im südchinesischen Shenzhen an, die über
2,3 Milliarden Dollar kosten wird.
Trotz der schwindelerregenden Zahlen sind die Fortschritte der chinesischen
Halbleiterbranche bislang minimal. Sie wächst zwar laut offiziellen Daten
im zweistelligen Bereich, doch auf einem Niveau, das nach wie vor noch
Lichtjahre von der Konkurrenz in Taiwan und vor allem der USA entfernt ist.
## Investitionen reichen nicht
Experten rechnen fest damit, dass die Wirtschaftsplaner in Peking ihr Ziel
– bis 2025 rund 70 Prozent der Halbleiter für den eigenen Markt aus
heimischer Produktion zu beziehen – deutlich verfehlen werden. Derzeit
liegt man bei etwa 30 Prozent.
Doch Investitionen allein reichen nicht aus, um an die Weltspitze
aufzusteigen. Dafür braucht es Generationen an Ingenieurskunst, Know-how
und vor allem hochqualifizierte Fachkräfte – eine technische Infrastruktur
also, deren Aufbau und Pflege Jahrzehnte dauert. Tatsächlich jedoch fehlt
es der Branche an talentierten Universitätsabgängern, die sich für die
Halbleiterbranche entscheiden. Chinesische Firmen versuchen dies mit der
Abwerbung von Spezialisten aus Taiwan zu kompensieren, denen sie oft ein
Mehrfaches an Lohn anbieten.
Der Weg zur technologischen Autarkie ist zweifelsohne ein steiniger:
Jahrelang müssen Unsummen investiert werden, ohne jedoch Garantie auf
Fortschritte zu haben. Bei den immensen Summen könnte auch der
Volksrepublik China irgendwann die finanzielle Puste ausgehen. Zum
Vergleich: Allein Marktriese Intel aus den USA investiert 13 Milliarden
Dollar in seine Forschungsabteilung – und das jedes Jahr.
31 Mar 2021
## LINKS
[1] /Angeblicher-Ausppaehversuch-aus-China/!5541720
[2] /Kuenstliche-Intelligenz-in-China/!5551309
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
5G-Technologie
Technologie
Fachkräfte
Mikrochips
China
Digital
Automobilbranche
Huawei
China
China
Apple
## ARTIKEL ZUM THEMA
Einblick in eine Mikrochip-Fabrik: Wie aus Waffeln Chips werden
Der größte Mikrochip-Betrieb Europas ist in Sachsen. Hier werden die
Vielkönner hergestellt, die manchmal kleiner als ein Fingernagel sind.
Neuer Fünfjahresplan: China will mehr Kontrolle
Die chinesische Mittelschicht wächst rasant – und ist zunehmend
unzufrieden. Das soll der neue Fünfjahresplan ändern. Ein riskantes
Vorhaben.
EU-Pläne für Künstliche Intelligenz: KI soll nicht ausspähen
Menschliches Verhalten soll unangetastet bleiben, Massenüberwachung
ausgeschlossen sein: Die Kommission hat ihren Gesetzesvorschlag zur KI
vorgelegt.
Weltweit größte Automesse in Shanghai: Die Zukunft fährt elektronisch
Bei der größten Automesse des Jahres lässt sich die Autobranche feiern wie
in alten Zeiten. Die deutschen Konzerne haben Grund dazu.
US-Konzern kappt Dienste für Huawei: Google beugt sich Trumps Vorgabe
Der Huawei-Bann des US-Präsidenten zeigt Wirkung: Google schränkt seine
Geschäftsbeziehungen mit dem chinesischen Technologie-Konzern ein.
Künstliche Intelligenz in China: Drang nach vorne
China strebt bei der KI an, Weltspitze zu werden. Um das zu erreichen,
sammeln und verschränken Staat und Wirtschaft hemmungslos Daten.
Aus „Le Monde diplomatique“: Wer siegt im Handelskrieg?
Trump ist siegesgewiss. China setzt auf den riesigen Binnenmarkt, der
Exportverluste kompensieren könnte. Verlierer sind die Bürger.
Angeblicher Ausppähversuch aus China: Spionagechip in Reiskorngröße?
China soll mit Mikro-Chips angeblich mindestens 30 US-Unternehmen
ausgespäht haben, darunter Apple und Amazon. Diese dementieren.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.