| # taz.de -- Wolfgang Niedecken wird 70: Pop auf Kölsch | |
| > Wolfgang Niedecken ist Musiker, bekennt sich aber auch häufig politisch: | |
| > als Mensch, wie er sagt. Damit hat er schon einiges erreicht. | |
| Bild: Er macht weiter im Unruhestand: BAP-Sänger Wolfgang Niedecken feiert am … | |
| Wer in seiner Stadt Streit sucht, Hader mit anderen sucht oder Zank, kann | |
| gleich nach Düsseldorf gehen – in Köln versteht man sich, Karneval, Klerus | |
| und ein besonders eindringlicher Dialekt machen das möglich. [1][Man | |
| versteht sich und lebt wie Nachbarn:] Die Stadt ist letztlich so klein, | |
| dass man sich besser mit niemandem überwirft: „Et hätt noch immer jot | |
| jejange.“ | |
| Wolfgang Niedecken, nicht nur am Rhein weltberühmt, war nie, so wird | |
| überliefert, mit jemandem auf ewig zerzankt. Er ist eine der Kulturikonen | |
| Kölns, ein Freund [2][Alice Schwarzers] und Tommy Engels („Bläck Fööss“) | |
| wie auch einst Trude Herrs und [3][Dirk Bachs]. Am Dienstag nun wird | |
| Wolfgang Niedecken 70 Jahre alt. | |
| Alle mögen ihn, den Musiker und Maler, der mit seiner Band BAP das kölsche | |
| Idiom zur Popmusiktauglichkeit brachte, chartfähig etwa auch [4][mit dem | |
| Lied „Arsch huh, Zäng ussenander“], eine Anti-Rassismus-Hymne, die die Idee | |
| des Leben-und-leben-Lassen in den partyfähigen Mainstream einsickern ließ. | |
| Niedecken, der auf die Traditionen Bob Dylans hält, hat wie der | |
| amerikanische Poet das Talent, Gefühle der Nähe und des Mitreißens in einem | |
| zu vertonen, sie zu Musik zu machen, ohne dass es wie eine um Wichtigkeit | |
| ringende klingt. | |
| Keiner, der nicht davon erzählt, wie freundlich und umgänglich der Wolfgang | |
| ist, das Multitalent, der Barde, der in den achtziger Jahren auch deshalb | |
| groß rauskam, weil er für das Projekt des globalen Live-Aid-Konzerts („We | |
| Are the World“) eine deutsche Hymne beisteuerte, „Nackt im Wind“: Wer | |
| damals in der Promiband (mit Herbert Grönemeyer, Nena, Gitte Hæenning, Udo | |
| Lindenberg) von diesem Kölner nicht mitmachte, hatte in der deutschen | |
| Popszene auch nicht viel zu melden. | |
| ## Er engagiert sich überall | |
| Er hat vor einigen Jahren einen Schlaganfall überlebt, die Folgen aber | |
| passabel verdaut. Er lebt und arbeitet, weil er offenbar so etwas wie | |
| Ruhestand in seinem Beruf für unnötig hält; was soll er auch sonst tun. | |
| Das, wovon er träumte und womit er Geld zu verdienen suchte, hat er ja | |
| immer gemacht. | |
| Inzwischen wird er, zumal rund um Köln, mit allem geehrt, was an Honorigem | |
| zu haben ist. Dass politisches Engagement nötig ist, „als Mensch“, wie er | |
| sagt, nicht nur als Künstler, versteht er praktisch: Es gibt fast kein | |
| politisches Feld, für das er nicht schon öffentliches Engagement zeigte, | |
| vor allem gegen Rassismus, gegen Nazis, seit einigen Jahren unterstützt er | |
| das SchokoFair-Projekt der Montessori-Hauptschule Düsseldorf. | |
| Seinen Unruhestand wird er weiterbetreiben, weshalb sollte er sich | |
| zurückziehen, da das Leben auch jenseits des Teenageralters noch Spaß | |
| machen kann. Beim WDR hat er eine Sendung regelmäßig, „Songpoeten“, die d… | |
| Kultur gewidmet ist, für die Namen wie Leonard Cohen, Bruce Springsteen und | |
| der schon genannte Bob Dylan stehen: musikalische Ästhetik, die für | |
| Aufbruch stehen, wie in den sechziger Jahren, als der Rock noch glaubte, | |
| Berge versetzen zu können, gesellschaftlich. [5][Ihm zugesprochen in den | |
| eigenen Worten: „Maat et joot!“] | |
| 30 Mar 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Wohnungsnot-in-der-Stadt/!5758586 | |
| [2] /Kolumne-Aufgeschreckte-Couchpotatoes/!5512379 | |
| [3] /Nachruf-auf-Dirk-Bach/!5082699 | |
| [4] https://www.youtube.com/watch?v=nr0FGYRbz_Y | |
| [5] https://www.youtube.com/watch?v=O1tEG_qThbU | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Feddersen | |
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