| # taz.de -- Der Bremer Songwriter Andree Krenke: Nächster Halt, nächste Strop… | |
| > Andree Krenke wollte Rockstar werden und die Zeit bis dahin als Busfahrer | |
| > überbrücken. Heute fährt er immer noch Bus und schreibt ständig neue | |
| > Songs. | |
| Bild: Kann und will nicht aufhören mit der Musik: Andree Krenke | |
| Bremen taz | „Ein Ende kann immer auch ein Anfang sein“: Sehnsüchtig kommt | |
| diese Stimme aus den Boxen, wehmütig, aber auch hoffnungsfroh – man hört | |
| ihr gerne zu. „Kein Land in Sicht, es geht vorbei, kein Blick zurück, es | |
| ist soweit; endlich Zeit, sich selbst zu spüren, Neues probieren, die Sonne | |
| berühren.“ Dazu eine schöne Akustik-Gitarre, das Solo schlicht, aber | |
| präzise gezupft. Das ist alles nicht neu, aber sehr stimmig und schön. Dazu | |
| kommt beim mehrmaligen Hören ein unaufdringlicher Ohrwurmfaktor. | |
| Authentisch ist er, dieser [1][Andree Krenke]. Die Texte drehen sich in | |
| erster Linie um ihn selbst, sind Betrachtungen, Aufarbeitung seines eigenen | |
| Lebens, seiner Erfahrungen – sie kommen aus ihm selbst, sie finden ihn, | |
| sagt er. | |
| So wie in seinen Texten, so ist Andree Krenke auch im persönlichen Gespräch | |
| – offen, ehrlich, geradeaus. Und herzlich. Früher, in seinen jungen Jahren, | |
| da habe er ganz groß herauskommen wollen, „ich wollte ein Superstar werden, | |
| das Weserstadion füllen“; er habe sich dafür die Finger blutig geübt, dem | |
| Gitarrespielen phasenweise alles andere untergeordnet. Heute, mit 52, sieht | |
| das ein bisschen anders aus. Die Liebe zur Musik aber ist geblieben. Erfolg | |
| will er immer noch haben – aber das postuliert er alles eine Nummer | |
| kleiner, realistisch, bescheiden. | |
| Wer den Deutschrock der 80er-Jahre mag, ist gut aufgehoben bei Andree | |
| Krenke – denn der macht Musik, wie sie heute nur noch selten produziert | |
| wird. Wenn man Stücke wie „[2][Einfach so]“, „[3][Egal was kommt]“ oder | |
| „Gute Reise“ hört, kann man sich – die „richtige“ Generation vorausg… | |
| – leicht 30 bis 40 Jahre zurückversetzt fühlen, an die zweite Phase des | |
| Deutschrocks, nachdem Udo Lindenberg in den 70er-Jahren die Tür geöffnet | |
| hatte. | |
| ## Texte von Liebe, Freundschaft, Hoffnung | |
| Im vergangenen Jahr hat er sein Album „[4][Jenseits der Zeit]“ auf dem | |
| Bremer Label [5][Nice Records] herausgebracht; nach dem Vorgänger | |
| „Abgetaucht“, der zwei Jahre zuvor erschien, ist das neue Album eine Art | |
| [6][Zeitreise durch 20 Jahre Songwritin]g, eine Art Best-of, auf dem teils | |
| unveröffentlichte Songs zu hören sind, aber auch ältere Stücke – im neuen, | |
| akustischen Gewand. Unterstützt wurde der Sänger und Gitarrist dabei vor | |
| allem von Kai Franz an der zweiten Gitarre. | |
| Seine Texte handeln von der Liebe, der Freundschaft, der Hoffnung, von | |
| Momentaufnahmen des Lebens – aber auch von einem wie „Abdoulayeh“: Er kom… | |
| auf der Flucht in ein Land, von dem er nicht viel weiß, außer, dass es hier | |
| die besten Autos gibt und die Deutschen Fußball im Blut haben. Es ist eines | |
| der besten, eindringlichsten Stücke auf einem Album, das über die gesamte | |
| Spielzeit Stimmungen schafft, Fragen stellt („wohin führt der Weg?“), den | |
| Hörer/innen aber vor allem auch immer den Raum lässt, die eigenen Gedanken, | |
| Bilder und Assoziationen zu entfalten. | |
| „Abdoulayeh“ sei von dem Song „Noh Gulu“ der Kölner Rockband BAP und d… | |
| Frontmann Wolfgang Niedecken inspiriert, sagt Krenke. Überhaupt spielen die | |
| eine große Rolle: „Die Band hat mich von Anfang an gepackt, die Musik, die | |
| Texte – auch wenn ich nicht alles verstanden habe.“ | |
| Allerdings habe sich aus dem Versuch, das Kölsche zu verstehen, die | |
| Fähigkeit entwickelt, selbst zu schreiben – „durch das ständige | |
| Verstehen-Wollen hat sich das geformt, was ich selbst sagen wollte“. Warum | |
| schreibt er überhaupt? „Zuallererst schreibe ich Songs, weil es mich | |
| glücklich macht“, sagt Krenke: „Es ist für mich eine Art Meditation, bei | |
| der ich ganz tief in meine Seele und Sehnsüchte abtauche.“ | |
| Beruflich schlug er einen anderen Weg ein: Er machte eine Lehre als | |
| Restaurantfachmann in einem großen Bremer Hotel, merkte aber schnell, dass | |
| das nicht das Richtige war: „Ich wollte doch Rockstar werden.“ Scheinbar | |
| übergangsweise landete er dann bei der Bremer Straßenbahn AG, die damals | |
| Busfahrer suchte: „Ich dachte, das kann man ja mal eine Zeit lang machen.“ | |
| Aus dem „Übergang“ wurden bis heute fast 30 Jahre – Krenke ist immer noch | |
| Busfahrer und verrät, dass er speziell in der Anfangszeit beim Fahren die | |
| Texte entwickelte: „Während des Fahrens habe ich darüber nachgedacht, und | |
| in den Pausen und auch an Haltestellen habe ich das schnell auf Papier | |
| gekritzelt.“ | |
| ## Das „Meisenfrei“ war immer voll | |
| Schnell entstanden viele Songs und die erste Band, eine zweite folgte mit | |
| Dock 5 – die hielt immerhin zehn Jahre und hatte durchaus Erfolg, das | |
| „[7][Meisenfrei]“ war immer voll. Zuletzt schien dann aber doch die Luft | |
| raus – es folgte der Neustart mit ruhigeren Solo-Alben. „Jenseits der Zeit�… | |
| war dabei gar nicht als Album geplant: „Wir wollten nur zwei Songs | |
| einspielen, als Vorbereitung für die Wohnzimmer-Konzerte, die wir | |
| vorbereitet hatten“, erzählt er., „Aber dann kam Corona, alles fiel aus – | |
| und wir hatten viel Zeit.“ | |
| Unterkriegen lässt sich Krenke sowieso nicht, nicht von Corona, und auch | |
| nicht von seinen Vorbildern: So bat er den Major Klaus Heuser – in der | |
| großen Zeit von BAP der Gitarrist und zweite „Star“ – um dessen | |
| Einschätzung zu einem Dock-5-Album. Heuser rief ihn tatsächlich zurück, | |
| erzählt Krenke, allerdings: „Es war ein Total-Verriss, er sagte, das rockt | |
| ja gar nicht!“ | |
| Aber auch das schreckte ihn nicht ab, aufgeben war keine Option. „Warum | |
| auch?“, fragt er, „es war zwar die Meinung des Majors, aber letztlich doch | |
| nur eine Meinung“. Außerdem könne er gar nicht anders, er müsse weiter | |
| Musik machen, Songs schreiben – „es schwirrt halt ständig was im Kopf | |
| herum.“ | |
| 30 Jan 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.andree-krenke.de/ | |
| [2] https://www.youtube.com/watch?v=KnvI38YWvsc | |
| [3] https://www.youtube.com/watch?v=H4Ynnqw_Dek | |
| [4] https://www.facebook.com/andreekrenke/videos/andree-krenke-jenseits-der-zei… | |
| [5] http://www.nicerecords.de/index.php/;focus=STRATP_cm4all_com_widgets_News_2… | |
| [6] https://www.youtube.com/watch?v=sRo4QUWk7Zo | |
| [7] http://www.meisenfrei.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Frank Schümann | |
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