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# taz.de -- Sexualisierte Gewalt in Kölner Diözese: Ein bisschen mehr Transpa…
> Wer sich anmeldet, kann unter Auflagen im geheimnisvollen ersten
> Gutachten lesen. Kardinal Woelki will derweil internationales Publikum.
Bild: Kardinal Rainer Maria Woelki will sich mit dem zweiten Gutachten internat…
Aachen taz | Vor mehr als einem Jahr hatte es eine Kanzlei erstellt, jetzt
ist das erste Gutachten über sexualisierte Gewalt im Erzbistum Köln
erstmals einsehbar. Seit Donnerstag um 9 Uhr ist die Untersuchung, [1][die
bislang von Kardinal Rainer Maria Kardinal Woelki unter Verschluss gehalten
wurde], teilöffentlich. Für acht Tage liegt das Gutachten im Tagungszentrum
des Erzbistums aus, der Raum ist aber nur mit Termin und Zeitbegrenzung
zugänglich.
Erstellt hatte das erste Gutachten die Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker
Wastl. Auftraggeber Woelki hatte es dann jedoch im Oktober für nicht
veröffentlichungsfähig erklärt, es sei mangelbehaftet und nicht
rechtssicher. Vor allem führte er „äußerungsrechtliche Bedenken“ ins Fel…
Was genau das heißt, blieb im Nebel.
Die Wahrnehmung unter den Gläubigen war fatal: Was mag der alles zu
verbergen haben? Wen will er schützen? Die Folge waren erhebliche
Irritationen unter den Gläubigen, ein weiterer Misstrauensschub gegenüber
der Kirchenführung und seitdem eine beispiellose Austrittswelle im
Erzbistum Köln.
Ein zweites Gutachten des Kölner Strafrechtlers Björn Gercke hatte Woelki
vergangene Woche weitgehend entlastet. Jedenfalls gab es im chaotischen
Archiv der Kirche keine Aktenfunde, die ihm persönlich eine Schuld zuweisen
könnten (taz vom 24. 3.). Nun lässt Woelki also das erste Gutachten
auslegen, in den Zeitfenstern für die Einsicht sind schriftliche Notizen
zwar gestattet, Abschriften und Fotografien nicht.
Schon vor einigen Tagen gab es einen ersten Anlauf zur Einsicht:
JournalistInnen sollten vorab eine Verschwiegenheitserklärung
unterschreiben. Sie weigerten sich. Der Termin wurde abgesagt. Jetzt soll
man ein Merkblatt unterschreiben, dass man nichts wörtlich zitiere. Wieder
gab es Weigerungen. Die Münchner Gutachter hatten derweil unlängst
angeboten, den Text auf ihr alleiniges Risiko auf der Kanzleiwebsite zu
publizieren. Das lehnte Auftraggeber Woelki ab.
Bekannt wurde schließlich, dass die Münchner Gutachter nicht weniger als
einen Kulturwandel in der katholischen Kirche fordern. Statt des
hermetisch-männerbündlerischen Systems müssten auch Frauen Zugang in
Führungspositionen kommen. Zudem werden Faktoren wie etwa der Zölibat und
die paranoide Angst des Klerus vor Öffentlichkeit aufgeführt, die im
Männersystem Kirche den Missbrauch von Kindern begünstigen. Man staunt: Ist
die Weigerung, eine solche Analyse zu publizieren, ein äußerungsrechtliches
No-Go? Oder genau der diagnostizierten Angst vor Öffentlichkeit geschuldet?
Die Münchner Gutachter attestierten massive Pflichtversäumnisse unter
anderem bei Woelkis Vorgänger Joachim Meisner, dem nachgewiesenen Lügner
und Leugner („nichts geahnt“), und beim ehemaligen Kölner Personalchef
Stefan Heße, heute Erzbischof in Hamburg. Heße hat den Papst mittlerweile
um Entlassung gebeten. Woelki selbst wird auch im ersten Gutachten nicht
direkt belastet.
Kardinal Woelki, der am Mittwoch en passant noch das päpstliche
Segnungsverbot für homosexuelle Paare verteidigte, freut sich über starke
weltweite Beachtung des zweiten Gutachtens von vergangener Woche. Es
treffe, so das Erzbistum, „auf hohe internationale Resonanz“: New York
Times, Washington Post und Washington Times, [2][alle hätten vom „Gercke
report“ berichtet.] „Ein breites Interesse renommierter Medien“ habe es
gegeben. Darüber hinaus habe die Gutachterkanzlei „Anfragen von
Betroffenenorganisationen aus Brasilien, Irland, Italien, Polen und der
Slowakei“ erhalten.
## Die Gutachter streiten sich nun auch
[3][Kardinal Woelki, der Cologne Cardinal,] will jetzt international die
Aufklärung vorantreiben und das Gutachten übersetzen lassen: „Sexualisierte
Gewalt und deren Vertuschung ist ein Verbrechen, Aufklärung und
Aufarbeitung haben weltweit eine hohe Priorität. Wenn wir ein klein wenig
dazu beitragen können, dass die Kirche Fortschritte macht, dann freut mich
das sehr.“ 900 Seiten Text, zunächst auf Englisch. „Zu den Kosten äußert
sich das Erzbistum nicht“, schreibt das Erzbistum der taz.
Gleichzeitig beharkten sich die beiden Gutachter in dieser Woche,
sekundiert vom „äußerungsrechtlichen Berater“ des Erzbistums, einem
Medienanwalt aus Köln. Die Münchener Anwälte hatten bei den Kölner Kollegen
bemängelt, dass man die „systemischen Defizite im Erzbistum Köln“ außer
Acht gelassen habe und dem Auftraggeber somit gefälliger gewesen sei: „Das
Zweitgutachten leidet maßgeblich darunter, dass es gewissermaßen unter der
Prämisse ‚Recht ohne Moral‘ erstellt wurde.“
Die Kirchenaustritte im größten deutschen Bistum gehen ungebrochen weiter.
Die Wartelisten gehen monatelang, dabei bekommen schon 1.500 Menschen pro
Monat einen Termin beim Amtsgericht. Die vergangenen Tage haben darauf
offenbar keinen Einfluss. Das Amtsgericht Köln schreibt der taz: „Einen
Rückgang der Nachfrage können wir nicht feststellen.“
25 Mar 2021
## LINKS
[1] /Gutachten-zu-Missbrauchsfaellen-in-Koeln/!5755032
[2] https://www.nytimes.com/2021/03/18/world/europe/cologne-church-sexual-abuse…
[3] /Kardinal-Woelki-lehnt-Ruecktritt-ab/!5757039
## AUTOREN
Bernd Müllender
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