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# taz.de -- Abschiebung aus Sachsen nach 12 Jahren: Hauptsache, weg
> Nach zwölf Jahren droht einem pakistanischen Christen die Abschiebung aus
> Sachsen. Die Empörung ist groß, doch die Behörden bleiben stur.
Bild: Zurück nach Pakistan? Faisal Jahangir droht nach zwölf Jahren in Deutsc…
Dresden taz | „Faisal sieht schlecht aus und weint“, berichtet Carmen
Jahangir nachdem sie ihren Mann in der Dresdner Abschiebehaft besucht hat.
Auch sie habe anschließend im Auto weinen müssen, nachdem sie im
Besucherraum stark bleiben und Hoffnung verbreiten wollte. Denn an diesem
12. März hätte der Pakistaner Faisal Jahangir eigentlich seinen 41.
Geburtstag feiern wollen. Wenige Tage zuvor aber war er verhaftet worden.
Am 17. März droht er mit einem zentralen Abschiebeflug nach Pakistan
gebracht zu werden.
„Skandalös“ nennt der frühere Theologe, Direktor der Sächsischen
Landeszentrale für Politische Bildung und SPD-Landtagsabgeordnete Frank
Richter die Absicht, den Pakistaner [1][abzuschieben]. Denn Faisal Jahangir
lebt seit mehr als 12 Jahren in Deutschland, ist gut integriert.
Dem Pakistaner wird nun eine Identitätstäuschung bei seiner Ankunft
vorgeworfen. Er soll vor zwölf Jahren einen falschen Namen angegeben haben.
Der Pass, den die pakistanischen Behörden 2018 wegen der Eheschließung
ausstellten, ging verloren.
„Da ist gar nichts dran“, kommentiert Anwalt Adrian Furtwängler die
Vorwürfe gegen seinen Mandanten. Es gebe in Pakistan kein
Personenstandsregister und kein festes Namensrecht, hinsichtlich des
Familiennamens verschiedene Traditionen. Jahangir habe 2008 Geburtsdatum,
Geburtsort und den Namen seines Vaters korrekt angegeben. SPD-Politiker
Frank Richter weist außerdem darauf hin, dass Jahangir als Analphabet und
Legastheniker nach Deutschland gekommen sei.
## Es bleibt wenig Hoffnung – und wenig Zeit
Jahangir musste 2008 als katholischer Christ aus Pakistan fliehen. „Er
hatte wegen seiner Religion Probleme, es gab einen Zwischenfall mit einem
Muslim“, berichtet Frau Carmen Jahangir. Von Christenverfolgung in Pakistan
aber wollten das Bundesamt für Migration BAMF und die sächsischen
Ausländerbehörden nichts wissen. Amnesty International und christliche
Organisationen berichten dagegen schon seit Jahren über Angriffe auf
Christen in Pakistan. Auch die taz berichtete über die [2][Verfolgung von
Christen in dem Land].
Dem abgelehnten Asylantrag folgte eine jahrelange Kettenduldung, bis das
Ausländeramt an seinem Wohnort Meißen auch diese verweigerte. In den Händen
hielt Jahangir ab dann lediglich eine Bescheinigung über einen unerlaubten
Aufenthalt ohne Titel, wie es sie nur in Sachsen gibt. Erst mit der
kirchlichen und standesamtlichen Hochzeit mit seiner Frau, die deutsche
Staatsbürgerin ist, kehrten Duldung und Arbeitserlaubnis 2019 zurück,
„schwer erkämpft“, wie Anwalt Furtwängler sagt.
Carmen Jahangir kennt die in solchen Fällen üblichen Verdächtigungen, es
handele sich um eine Scheinheirat, nur um einen Aufenthaltstitel zu
erlangen – und weist sie von sich. „Der 31. August wird für immer unser
Hochzeitstag bleiben,“ sagt sie. Anwalt Furtwängler ergänzt, „Sie haben so
viele Hindernisse überwunden und Schwierigkeiten durchgestanden, dass mir
nie ein Verdacht gekommen wäre.“
Die Ausländerbehörde bestreite nun auch garnicht nicht, dass der Pakistaner
durch die Heirat mit einer Deutschen einen Anspruch auf eine
Aufenthaltserlaubnis habe, so Anwalt Furtwängler. Das erforderliche
Visumsverfahren soll Jahangir aber in seinem Herkunftsland Pakistan
beantragen. Das dauert erfahrungsgemäß mindestens eineinhalb Jahre. Ob der
Christ diese Zeit in Pakistan überhaupt übersteht, interessiert niemanden.
Das Verwaltungsgericht Meißen hält dieses Verfahren für zumutbar.
## Prominente unterstützen
„Der Gedanke, dass mein Mann vielleicht nie mehr zurückkommen wird,
verursacht einen tiefen Schmerz“, sagt Ehefrau Carmen Jahangir. Die
„wachsende Welle der Hilfsbereitschaft“ spende zumindest etwas Trost.
Prominente wie der SPD-Politiker Frank Richter sind unter den
Unterstützern, der katholische Bischof Heinrich Timmerevers hat immerhin
einen Vertreter zu einem Besuch in der Abschiebehaft entsandt. Entscheidend
aber bleiben die Behörden.
Der sächsische Ausländerbeauftragte Geert Mackenroth kann den Unterstützern
jedoch nicht mehr als Hinweise geben und sich mit Innenminister Roland
Wöller austauschen, wie er auf Anfrage mitteilt. Für die Einschaltung der
Härtefallkommission sei es zu spät. Denn die abgelehnte Asylbewerbung von
2010 bleibt trotz Heirat und der fortgeschrittenen Integration Faisal
Jahangirs auch elf Jahre später vollziehbar, wie auch Anwalt Adrian
Furtwängler einräumen muss.
14 Mar 2021
## LINKS
[1] /Neue-Zahlen-zu-Fluechtlingen/!5705700
[2] /Kommentar-Verfolgte-Christin-in-Pakistan/!5544524
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Abschiebung
Sachsen
Pakistan
Asylpolitik
Migration
Abschiebung
Abschiebung
Schwerpunkt Rassismus
Ausweisung
Schwerpunkt Syrien
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