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# taz.de -- Landesparteitag Grüne in Berlin: Brückenbauerin will Autobahn abr…
> Die Grünen setzen beim Parteitag voll auf Klimaschutz. Ihre
> Spitzenkandidatin Bettina Jarasch kann reden, angreifen, glänzen – und
> ganz eigene Themen setzen.
Bild: Schafft Sie es? Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch neben ihrer Vor…
BERLIN taz | Es hätte so einiges hängen bleiben können von diesem
Parteitag. Etwa, dass Spitzenkandidatin Bettina Jarasch [1][ein gute Rede]
hielt, eine weit bessere als noch im [2][Dezember bei ihrer Wahl]. Der
Eindruck, dass sie, die in der jüngsten Beliebtheitsumfrage weit, weit
hinter SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey lag, der [3][Sozialdemokratin
vielleicht doch Paroli] bieten kann. Oder die vielen Ideen und Forderungen
zum Klimaschutz. Stattdessen prägen die Post-Parteitags-Diskussionen die
Fragen: Darf man noch Indianerhäuptling sagen? Und will die Stadt eine
Regierungschefin, die einfach mal den Abriss der A 100 in den Raum stellt –
um nachher zurückzurudern? Nicht neu, aber trotzdem viel diskutiert ist,
dass die Grünen die vom laufenden Volksbegehren geforderte Enteignung als
„letztes Mittel“ bezeichnen.
92 Seiten hat das am späten Samstagnachmittag mit 99,19 Prozent
beschlossene Programm für die Abgeordnetenhauswahl. Tenor ist: Es soll
alles sauberer (Wasser, Luft), gesünder (regionales Essen) und sicherer
werden (Verkehr und Bewegen in der Stadt), dazu bunter, vielfältiger,
sozialer und gerechter. Der ideale Titel dafür wäre gewesen „Alles ist
drin“ – inklusive Sieg bei der Abgeordnetenhauswahl am 26. September.
Die Chancen dafür stehen gut: In den jüngsten beiden Umfragen liegen die
Grünen vorn oder knapp hinter der CDU, sind aber durchweg stärkste Kraft im
linken Lager. „Alles ist drin“ war aber leider schon vergeben, als die
Berliner Grünen am frühen Freitagabend in ihr dreitägiges
Delegiertentreffen einstiegen: Die Bundesgrünen mit ihren Chefs Annalena
Baerbock und Robert Habeck hatten da gerade den Entwurf für die
Bundestagswahl vorgestellt, die gleichfalls für den 26. September angesetzt
ist.
So steht nun „Grünes Licht für morgen“ über dem Wahlprogramm für Berlin…
dem Klimaschutz eine zentrale Rolle spielt und über das die rund 150
Delegierten pandemiebedingt digital diskutieren und beschließen. Im Saal
zusammen sitzen sie erst bei der Kandidatenwahl am Sonntag.
## Programm mit klassischen grünen Forderungen
Im Programm steht vieles, was aus vorigen grünen Forderungen bekannt ist:
5-Minuten-Takt bei Bus und Bahn, 10-Minuten-Takt in Außenbezirken,
Kleinbusse in Randzeiten, spätestens 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotor
mehr in Berlin, schon 2030 nicht mehr innerhalb des S-Bahn-Rings.
U-Bahn-Ausbau soll ein Thema sein, aber nicht, wie die Grüne Jugend
gefordert hatte, gleichrangig mit dem Tramausbau.
Auch wenn sich diverse Medien am Samstag darauf wie auf eine heiße
Neuigkeit stürzten: Dass die Grünen – eingebettet in viel Verklausulierung
– Enteignung von Wohnungseigentümern als „letztes Mittel“, bezeichnen, i…
nicht neu. Das hatten sie, mit derselben Formulierung, auch schon [4][bei
einem kleinen Parteitag im Mai 2019] ohne Gegenstimme getan und sich hinter
die Ziele des Volksbegehrens „[5][Deutsche Wohnen & Co. enteignen]“
gestellt.
Die meisten Reaktionen aber löste am Wochenende anderes aus. Zum einen,
dass Jarasch in ihrer Rede nahelegte, die A 100 komplett abzureißen, und
erst auf Nachfrage der taz und anderer Medien dann konkretisieren ließ,
dass sie damit nicht die ganze Stadtautobahn, sondern nur den noch nicht
eröffneten neuen Abschnitt ab dem Kreuz Neukölln meinte.
Und zum anderen, dass sie in einem zur Überbrückung gedachten Pausentalk
mit Landeschef Werner Graf den Satz sagte: „Ich wollte lange Zeit
Indianerhäuptling werden“ – und bloß nachlegte: „Leider gab es da keine
weibliche Form.“ Mit „Indianer“ aber hat Jarasch aus Sicht von manchen
einen rassistischen Begriff verwandt. Einige Zeit später, als Jarasch
ohnehin nochmal am Mikro war, reagierte sie darauf, sprach von
„unreflektierten Kindheitserinnerungen“ und sagte: „Auch ich muss
dazulernen.“
## Hauptkritik in Richtung Franziska Giffey
Außerhalb des Tagungssaals in einem Hotel im Wedding rieb man sich vor
allem an ihrem Vorstoß zur A 100. „Aberwitzig“ sei es, Deutschlands
meistbefahrene Autobahn abreißen zu wollen, reagierte der führende
Unternehmensverband UVB. „Damit zeigt die Spitzenkandidatin der Grünen,
dass sie in Sachen Wirtschaftskompetenz noch viel Luft nach oben hat“,
reagierte Verbandschef Christian Amsinck.
Von Berlins CDU-Generalsekretär Stefan Evers hieß es: „Mit ihren
Parteitagsbeschlüssen haben sich die Grünen in wesentlichen Fragen aus der
politischen Mitte verabschiedet.“ Wer den Autoverkehr aus der Innenstadt
heraushalten wolle, der brauche die A 100. Mit Blick auf die Haltung zum
Enteignungs-Volksbegehren sah Evers eine „grün lackierte Linkspartei“, die
den Rechtsstaat auf links drehen wolle. „Die Kreuzberger Grünen haben sich
mit ihren radikalen Forderungen auf ganzer Linie durchgesetzt“, kritisierte
der CDU-Politiker.
Evers’ Christdemokraten hatte Jarasch in ihrer Rede nur kurz gestreift und
abgewatscht – ihre Hauptkritik richtete sich an die Partei, mit der die
Grünen in Berlin seit über vier Jahren regieren. „Von der SPD und ihrer
Spitzenkandidatin habe ich auch noch nicht viel zum Klimaschutz gehört“,
sagte Jarasch, ohne den Namen ebenjener Spitzenkandidatin – Franziska
Giffey – auszusprechen. Das überrasche sie aber eigentlich nicht: „Ihr
[Giffeys; d. taz] Programm ist ja auch mehr ein Rendezvous mit der
Vergangenheit.“
Zusammenarbeiten will Jarasch, die sich in der Vergangenheit mehrfach als
Brückenbauerin bezeichnet hat, durchaus mit den Sozialdemokraten, aber
unter grüner – ihrer – Führung im Roten Rathaus. Was die SPD jahrelang f�…
sich vereinnahmte, beansprucht Jarasch nun für die Grünen: „[6][Wir sind
die neue Berlin-Partei].“
21 Mar 2021
## LINKS
[1] /Gruene-starten-in-dreitaegige-Konferenz/!5759846
[2] /Spitzenkandidatinnen-fuer-Landtagswahlen/!5737700
[3] /Berlins-gruene-Spitzenkandidatin-Jarasch/!5754716
[4] /Archiv-Suche/!5592953&s=alberti+enteignung+gr%C3%BCne+mittel&SuchR…
[5] /Volksbegehren-fuer-Vergesellschaftung/!5750674
[6] /Gruene-starten-in-dreitaegige-Konferenz/!5759846
## AUTOREN
Stefan Alberti
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