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# taz.de -- Verkaufstart für Coronaselbsttests: „Nur mit tagesaktuellem Test…
> Weil der Großteil der Bevölkerung noch nicht geimpft ist, ruht die
> Hoffnung auf Coronaselbsttests. Der bundesweite Verkauf hat bereits
> begonnen.
Bild: Eine Handreichung: Schnelltestzentrum in Güstrow
Freiburg taz | Was für ein Marketing: Am Samstag verkaufte Aldi bundesweit
die ersten Selbsttests. Eine Packung mit fünf Testkits gab es für knapp 25
Euro. Sie waren überall schnell ausverkauft. Die Aktion war nicht nur gut
für das Image von Aldi, sondern zeigte auch, wie groß die Nachfrage ist. In
den kommenden Tagen soll der Verkauf in Drogeriemärkten und Apotheken
anlaufen.
Bei den Selbsttests handelt es sich um die gleichen Antigentests, die schon
bisher in Testzentren genutzt werden. Zum Selbsttest werden sie durch eine
speziell auf Laien zugeschnittene Gebrauchsanleitung, wobei die
Sekret-Entnahme aus Mund und Nase auch nicht sehr schwierig ist. Das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat bereits
Selbsttests von sieben Herstellern zugelassen.
Selbsttests dienen einerseits der allgemeinen Coronabekämpfung; je mehr
Infektionen frühzeitig erkannt werden, umso mehr Infektionsketten können
rechtzeitig unterbrochen werden. Der große Run auf die Selbsttests hat aber
eher andere Gründe. Die Leute wollen sich „freitesten“, sie hoffen auf mehr
Freiheit und mehr Sicherheit im persönlichen Leben.
## Die Leute wollen sich „freitesten“
Wer eine Risikoperson besuchen will, kann sich künftig selbst testen und
muss nicht mehr zu einem Schnelltestzentrum. Günstiger ist der Selbsttest
auch. Außerdem sollen Selbsttests in Institutionen wie Schulen und
Betrieben bald den Testaufwand reduzieren. Bisher konnten Schnelltests (per
Abstrich im tiefen Nasen-Rachen-Raum) nur von geschultem Personal
vorgenommen werden, künftig testet sich jeder selbst. Der SPD-Abgeordnete
Karl Lauterbach hat bereits gefordert, der Staat solle alle Selbsttests
aufkaufen und den Schulen zur Verfügung stellen.
Dazu wird es aber wohl nicht kommen. Denn di[1][e Selbsttests sind auch für
die Lockerungstrategie] eingeplant, die Bund und Länder am Mittwoch
vereinbart haben. Ab diesem Montag sollen zum Beispiel Fahrschulen wieder
öffnen dürfen. In vielen Bundesländern müssen sie aber einen
„tagesaktuellen Test“ verlangen. Auch körpernahe Dienstleistungen, bei
denen die Maske abgenommen werden muss, etwa in Kosmetikstudios, können ab
diesem Montag wieder KundInnen bedienen – falls diese einen tagesaktuellen
Test vorlegen.
Ab dem 22. März, also in zwei Wochen, soll die testbasierte Lockerung noch
viel mehr Bereiche erfassen: Außengastronomie, Theater, Kinos, Konzertsäle,
Kontaktsport im Außenbereich, kontaktfreier Sport im Innenbereich. Immer
wenn der Inzidenzwert vor Ort zwischen 50 und 100 liegt, soll ein
tagesaktueller Test den Zugang ermöglichen. Liegt der Inzidenzwert unter 50
ist kein Test erforderlich. Bei einem Inzidenzwert über 100 bleibt alles
geschlossen.
## Lockerungen für Café, Kino und Sportplatz
Tagesaktuell muss der Test sein, weil die hier eingesetzten Antigentests
nur den aktuellen Status feststellen und schnell überholt sein können.
Dabei gibt es zwei Möglichkeiten, wie man an einen aktuellen Test kommt.
Entweder man geht zu einem Testzentrum mit geschultem Personal und bekommt
dort eine Bescheinigung, die man vorzeigen kann. Oder man macht direkt vor
dem Café, Kino oder Sportplatz einen Selbsttest. Dieser muss dann unter
Aufsicht des Wirts oder des Veranstalters stattfinden, damit nicht
geschummelt wird.
Die genauen Anforderungen müssen die Länder noch festlegen. Wie immer gilt:
Die Beschlüsse der Bund-Länder-Runden sind nur unverbindliche Empfehlungen.
Rechtlich relevant ist nur die Coronaverordnung des jeweiligen Bundeslands.
Interessanterweise ist beim Öffnungsplan von Bund und Ländern bisher nur
von Testnachweisen die Rede. Der Nachweis einer Impfung spielt bisher keine
Rolle.
Vermutlich werden die allermeisten, die sich testen lassen, dadurch Zugang
zum gewünschten Angebot erhalten. Das Testzentrum Schönbuch
(Baden-Württemberg), das schon einige Wochen in Betrieb ist, musste bei
knapp 25.000 Tests bisher nur 197 positive Ergebnisse mitteilen, der Anteil
liegt also deutlich unter einem Prozent. Ein negatives-Testergebniss gilt
bei Antigentests als ziemlich zuverlässig.
## Test verschafft fast immer Zugang
Doch was passiert mit denjenigen, die bei ihrem Selbsttest ein positives
Ergebnis erhalten? Das Bundesgesundheitsministerium empfiehlt „dringend“,
dass sich die Betroffenen in Quarantäne begeben und zur Kontrolle einen
genaueren PCR-Test durchführen. Rechtlich verpflichtet sind die Betroffenen
dazu aber nicht, auch nicht zu einer Meldung beim Gesundheitsamt. Zwar gilt
ein positiver Antigentest grundsätzlich als meldepflichtiger Verdachtsfall.
Meldepflichtig sind aber nur Ärzte und anderes Personal, das einen
Fremdtest durchführt.
Vermutlich bestand die Befürchtung, dass die Gesundheitsämter bald von
einer Vielzahl falsch positiver Tests überschwemmt wird. Befeuert wurden
die Befürchtungen vom Robert-Koch-Institut, das vor einem nur geringen
„positiven Vorhersagewert“ der Schnelltests warnte. In einer
[2][Modellrechnung] kam das RKI (unter bestimmten Rahmenbedingungen) auf
einen positiven Vorhersagewert von nur 4,17 Prozent. In diesem Fall könnte
sich nur einer von 25 positiven Antigen-Tests im PCR-Test als korrekt
positiv herausstellen.
Zum Glück sind die Antigentests in der Praxis viel genauer als erwartet.
Das [3][Testzentrum Schönbuch] prüfte alle positiven Tests sofort mit einem
PCR-Test aus der gleichen Probe. Bisher hat sich in allen 197 Fällen das
positive Testergebnis bestätigt, erklärte Apotheker Björn Schittenhelm.
Auch andere Testzentren berichten von einem sehr geringen Anteil
falsch-positiver Tests.
## Kaum falsch-positive Ergebnisse
Ein positiver Antigentest ist also unbedingt und sofort ernst zunehmen.
Nach einem positiven Selbsttest sollte man also bis auf weiteres jeden
Kontakt mit anderen Menschen meiden. Für die Feststellung, wann die
Quarantäne zu Ende ist, werden sich die Betroffenen dann aber künftig wohl
auch verstärkt auf Seblsttests verlassen und auf ein negatives Testergebnis
warten.
Das alles wird Folgen für die Statistik haben, aber anders als erwartet.
Während bisher befürchtet wurde, die Einführung von Selbsttests werde die
Inzidenzwerte in die Höhe schnellen lassen, weil nun mehr getestet wird,
dürfte das Gegenteil richtig sein. Ein Großteil der positiven Befunde wird
künftig nicht mehr in der staatlichen Statistik auftauchen – weil sich
immer mehr Leute ausschließlich auf Selbsttests verlassen. Die neuen
Do-it-yourself-Tests sorgen also eher für zu niedrige Inzidenzwerte.
7 Mar 2021
## LINKS
[1] /Nachrichten-in-der-Coronapandemie/!5756237
[2] https://rki-wiko.shinyapps.io/test_qual/
[3] https://www.corona-schnelltest-schoenbuch.de/
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
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Melanie Leonhard
Dilek Kalayci
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