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# taz.de -- Gespräche mit Taliban und Warlords: Neuer Anlauf zu Abzug und Frie…
> Die Afghanistanpolitik der neuen US-Regierung enthält neue
> Verhandlungsformate und einige fragwürdige Kurskorrekturen.
Bild: Etwa noch 10.000 US- und verbündete Truppen sollen zum 1. Mai aus Afghan…
Berlin taz | Ausgerechnet Moskau wird der erste Schauplatz, an dem die USA
eine neue diplomatische Afghanistan-Initiative umzusetzen beginnen. In der
Hauptstadt eines ihrer geopolitischen Rivalen wird sich am Donnerstag eine
„erweiterte Troika“ treffen, wie es Russlands Afghanistan-Sondergesandter
Zamir Kabulov nannte: hohe Diplomaten des Gastgeberlands, der USA, Chinas
sowie Pakistans. Afghanistans Nachbarland hat großen Einfluss auf die
Taliban.
Auch Indien und Iran waren offenbar eingeladen, scheinen aber von einer
Teilnahme abzusehen. Dazu kommen jedoch Vertreter verschiedener
afghanischer Parteien sowie Katar als Gastgeber innerafghanischer
Friedensgespräche.
Die Taliban schicken ihren De-facto-Außenminister Mullah Abdul Ghani
Baradar, die Regierung in Kabul ihren Chefunterhändler Massum Stanaksai und
den Chef ihres Nationalen Versöhnungsrats, Adullah Abdullah. Er gehört
innenpolitisch zur Opposition gegen Präsident Aschraf Ghani.
Eingeladen sind jetzt auch namhafte Warlords wie der Tadschike Nur Muhammad
Atta, der Usbeke Abdul Raschid Dostum, der Hasara Karim Khalili und der
paschtunische Ultraislamist Gulbuddin Hekmatyar.
## „Komplementäres Treffen“ in Moskau
In den Worten einer Außenamtssprecherin in Washington soll das Treffen
„komplementär“ zu anderen internationalen Bemühungen stehen, „den
Afghanistan-Friedensprozess zu unterstützen und die Sorge der
internationalen Gemeinschaft über dessen bisherigen Fortschritt
reflektieren.“
Auslöser des Treffens war ein Vorstoß des neuen US-Außenministers Antony
Blinken, die seit September in Katar stattfindenden Gespräche zwischen
Taliban sowie Regierung und innerer Opposition zu beschleunigen. Dort kam
es bisher noch nicht einmal zur Einigung auf eine Tagesordnung.
Besonders umstritten ist auch die Frage einer Waffenruhe. Kabul will sie
sofort, die Taliban aber erst nach Abschluss des Verhandlungsprozesses,
also nach einem Friedens- und Machtteilungsabkommen.
Meist von den Taliban initiierte Kämpfe nahmen vor allem im letzten Quartal
2020 erheblich zu und werden von einer [1][Mordwelle] an Regierungs-,
[2][Zivilgesellschafts]- und [3][Medienvertretern] begleitet.
## Bisherige Gespräche stecken fest
Die Langwierigkeit der bisherigen Gespräche bedroht den Abzugstermin für
die noch etwa 10.000 US- und verbündete Truppen aus Afghanistan zum 1. Mai.
Den hatten die USA und Taliban [4][vor einem Jahr vereinbart]. Er war aber
an Bedingungen geknüpft, deren Erfüllung durch die Taliban die USA
bestreiten. Die Taliban warnen, eine Verlängerung der ausländischen
Truppenpräsenz könne einen neuen „großen Krieg“ auslösen.
Dieses Dilemma versucht Blinken nun durch eine neue internationale
Afghanistan-Konferenz zu umgehen. Sie soll im April in Istanbul stattfinden
und zu einem Friedensschluss führen, wie der türkische Außenminister Mevlut
Çavuşoğlu am Freitag bestätigte.
Er sagte, diese Konferenz sei „nicht als Alternative zum Katar-Prozess“
gedacht. Die Details einer neuen Staatsordnung zu klären, soll nach
Friedensschluss und Truppenabzug offenbar weiteren Gesprächen zwischen den
afghanischen Fraktionen überlassen werden.
## Kabuler-Regierungsbilgung bei Konferenz in Istanbul?
Um die Taliban von der neuen Variante zu überzeugen, soll in Istanbul wohl
auch eine Übergangsregierung [5][unter Einschluss der Taliban] und der
afghanischen Warlords entstehen. Ihnen allen wird in unterschiedlichem
Umfang die Beteiligung an Kriegsverbrechen vorgeworfen. Für Präsident Ghani
und dessen zunehmend korrupte und autoritäre Regierung wäre es das
politische Ende.
Aber was dann käme, könnte für die Afghan:innen noch schlimmer werden.
Fraglich ist auch, ob ein Friedensabkommen ohne Truppenüberwachung halten
wird.
17 Mar 2021
## LINKS
[1] /Afghanistan-nach-US-Truppenreduzierung/!5743446
[2] /Gewalt-in-Afghanistan/!5740497
[3] /Ermordeter-Journalist-Elyas-Dayee/!5743094
[4] /Friedensverhandlungen-in-Afghanistan/!5750524
[5] /Truppenabzug-aus-Afghanistan/!5727714
## AUTOREN
Thomas Ruttig
## TAGS
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