# taz.de -- Jens Spahn und Journalisten: Das Private ist politisch | |
> Jens Spahn möchte nicht, dass der Kaufpreis seiner Villa in einer Zeitung | |
> steht. Der “Tagesspiegel“ hat ihn veröffentlicht, Spahn geht dagegen vor. | |
Bild: Jens Spahn während einer Pressekonferenz – er hat gerade ein größere… | |
Jens Spahn kann einem leidtun. Muss er aber nicht. Eigentlich machte der | |
[1][Bundesgesundheitsminister] auch nach knapp einem Jahr Coronapandemie | |
ja immer noch eine ganz gesunde Figur. Dann ging die Sache mit dem | |
schnellen Versprechen der [2][kostenlosen Coronaschnelltests] voll in die | |
Hose. Aber es geht immer noch schlimmer. Der Gesundheitsminister und | |
Nebenhoffnungsträger der CDU steht seit dieser Woche als | |
Journalistenspitzel da. Das ist so ziemlich das Unterste, was einem | |
Politiker im medialen Rechtsstaat passieren kann. Und diesmal ist Spahn | |
komplett selbst schuld. | |
Denn Spahn möchte nicht, dass der genaue, millionenschwere Kaufpreis einer | |
Villa in der Zeitung steht. Genauer gesagt der Villa, die er 2020 mit | |
seinem Mann im noblen Berliner Stadtteil Dahlem kaufte. Der Tagesspiegel | |
hat’s aber mit einer ganz normalen Presseanfrage beim zuständigen | |
Grundbuchamt rausbekommen und veröffentlicht. Deshalb geht Spahn | |
presserechtlich gegen das Blatt vor. | |
Doch nicht nur das. [3][Wie der Tagesspiegel jetzt schreibt], haben Spahns | |
Anwälte wiederum vom Grundbuchamt Angaben verlangt, wer denn da von den | |
Medien was genau wissen wollte. Macht sich ganz schlecht bei einem Mitglied | |
der Bundesregierung, dessen Immobiliengeschäfte zum Teil Fragen aufwerfen | |
und daher klar von öffentlichem Interesse sind. Denn das riecht nach | |
Einschüchterungsversuch. Und wer hier recherchiert, wäre auch ganz einfach | |
in den entsprechenden Titeln nachzulesen. Das Grundbuchamt jedenfalls | |
rückte die verlangten Informationen heraus. | |
Es wird aber noch immer absurder. Der vorerst letzte Akt spielte am | |
Mittwoch bei der Bundespressekonferenz. Da wurde der Sprecher des | |
Gesundheitsministeriums, Hanno Kautz, natürlich zu den Vorwürfen gefragt. | |
Und was sagt Kautz zur Privatsache eines Mannes, mit der das | |
Gesundheitsministerium rein gar nichts zu tun hat? | |
## Vor der Welt verbergen | |
Kautz sagte nicht: Das müssen Sie schon Herrn Spahn oder seine Anwälte | |
selbst fragen, das hat nichts mit dem Bundesgesundheitsministerium zu tun. | |
Er sagte vielmehr ganz offiziell als des Ministers Sprecher, es handle sich | |
um eine „möglicherweise rechtswidrige Behördenhandlung“. Das Grundbuchamt | |
habe „möglicherweise sowohl gegen die Grundbuchordnung als auch gegen die | |
Vorgaben der EU-Datenschutzgrundverordnung verstoßen“. Damit meinte Kautz | |
übrigens nicht, dass die Daten der Journalist*innen herausgegeben | |
wurden, sondern natürlich die „reine Privatsache“, also die | |
Villa-Kaufsumme. | |
Die Moral von der Geschicht: Alles Private ist immer noch politisch. Und | |
was Spahn verbergen wollte, interessiert plötzlich alle Welt. Er sollte | |
sich schleunigst bessere Berater*innen besorgen, sonst geht’s am Ende | |
noch auf die Gesundheit. | |
25 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Bundesgesundheitsminister-Jens-Spahn/!5753657 | |
[2] /Spahns-Schnelltest-Plaene/!5750546 | |
[3] https://www.tagesspiegel.de/politik/jens-spahn-liess-journalisten-ausforsch… | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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