| # taz.de -- Palästinensische Politik und Fußball: Impfvorrang für Kicker | |
| > Die palästinensischen Fußballnationalmannschaft ist gegen Covid-19 | |
| > bereits geimpft. Schließlich können deren Erfolge politisch gut verwertet | |
| > werden. | |
| Bild: Fußballpräsident mit politischen Ambitionen: Verbandschef Jibril Rajoub… | |
| Wenn man in diesen Tagen etwas zum Thema „Palästinenser und | |
| Covid-19-Impfung“ liest, dann erstaunlicherweise nicht in den | |
| Sportnachrichten. Richtig wäre das aber schon, denn die Führung der | |
| Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) hat genau dafür gesorgt: Zehn | |
| Prozent der zunächst nur 12.000 an die PA gelieferten Impfdosen, die für | |
| medizinisches Personal gedacht waren, wurden an die palästinensische | |
| Fußballnationalmannschaft, die Minister, die Mitglieder des | |
| Exekutivkomitees der PLO und die Präsidentengarde verimpft. Das hat das | |
| Gesundheitsministerium in Ramallah bestätigt. | |
| Auf Kritik antwortete die Behörde, die Fußballer benötigten Impfnachweise, | |
| um zu Turnieren zu reisen, schließlich repräsentierten sie Palästina. | |
| Solche Begründungen kennen wir sonst nur von Karlheinz Rummenigge, aber | |
| diesmal dürfte ein anderer Spitzenfunktionär dahinterstecken: [1][Jibril | |
| Rajoub], politisch ambitionierter Präsident des palästinensischen | |
| Fußballverbandes PFA. | |
| In der Fifa sind bekanntlich mehr Verbände organisiert, als die UNO Staaten | |
| kennt. Palästina ist so ein Beispiel; gegenwärtig repräsentieren die Kicker | |
| ihren nicht wirklich existierenden Staat auf Platz 102 der | |
| Fifa-Weltrangliste. Das ist für die Verhältnisse der PFA bemerkenswert gut, | |
| denn schlechter platziert sind beispielsweise Kenia, Neuseeland, Nordkorea | |
| oder Liberia, dessen Staatspräsident schon einmal Weltfußballer des Jahres | |
| war. | |
| Zu den anstehenden fußballerischen Terminen, die für das palästinensische | |
| Nationalteam ein Vordrängeln in der Impfschlange so nötig machten, gehört | |
| ein Ende März angesetztes WM-Qualifikationsspiel in Saudi-Arabien. | |
| Qualifizieren kann sich Palästina für die WM 2022 in Qatar aber nicht mehr; | |
| das Team liegt abgeschlagen am Ende der Tabelle der Gruppe D in der | |
| Asien-Qualifikation. | |
| ## Mit Fußballern in der Politik punkten | |
| Dennoch ist diese WM-Qualifikation für die palästinensischen Kicker trotz | |
| etlicher Niederlagen gut verlaufen: Zum Auftakt gelang im September 2019 | |
| ein sensationeller 2:0-Sieg über Usbekistan im heimischen Stadion von | |
| al-Ram; einen Monat später folgte am selben Ort ein 0:0 gegen | |
| Saudi-Arabien. | |
| Sowohl die PA als auch die PFA benötigen Erfolge. Schon deswegen, weil | |
| PFA-Präsident Jibril Rajoub [2][gerne neuer Palästinenserpräsident würde.] | |
| Derzeit ist er – neben seinen wichtigen Funktionen im Fußball und dem | |
| Nationalen Olympischen Komitee – auch Generalsekretär des ZK der Fatah. Als | |
| solcher geriet er in die Kritik, weil er mit der Hamas verhandelt hat, die | |
| von einer ganzen Reihe Staaten als terroristische Organisation geführt | |
| wird. | |
| Kommt Rajoub also mal auf dem politischen Gebiet gerade nicht weiter, dann | |
| müssen es die Kicker für ihn richten. Ein fußballerischer Sieg über | |
| Saudi-Arabien, das wäre genau das, was Rajoub politisch helfen könnte. | |
| Daher sind die dem Krankenhauspersonal vorenthaltenen Impfdosen aus seiner | |
| Sicht wirklich bei der Nationalmannschaft besser aufgehoben. Dass im | |
| Westjordanland aktuell mehr als 130.000, im Gazastreifen mehr als 55.000 | |
| Coronafälle gemeldet wurden und schon mehr als 2.000 Menschen gestorben | |
| sind, muss da wohl hintenanstehen. | |
| Fußball oder Impfstoff, es ist alles ein Instrument der Außenpolitik. | |
| 10 Mar 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Martin Krauss | |
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