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# taz.de -- Palästinensisches Fußballnationalteam: Kick um Anerkennung
> Das Fußballnationalteam hat für die Palästinenser eine große politische
> Bedeutung. In der WM-Qualifikation stehen die Chancen besser denn je.
Bild: Palästinensische Fans im Stadion in Kuwait
So gut waren die Chancen Palästinas noch nie, zu einer
Fußball-Weltmeisterschaft zu fahren. Das liegt in jedem Fall auch an ein
paar begünstigenden Faktoren. Die Zahl der asiatischen Teilnehmer wird bei
der Männer-WM 2026 in Nordamerika von bislang vier auf acht erhöht.
Die asiatische Qualifikation findet in fünf Runden statt, und in der
zweiten Runde, die gegenwärtig ausgespielt wird, hat Palästina eine
vergleichsweise leichte Gruppe erwischt: Australien gilt als
Gruppenfavorit, aber um Platz zwei, der fürs Weiterkommen genügt, rangeln
sich der Libanon und Bangladesch – beide rangieren in der
Fifa-Weltrangliste deutlich hinter Palästina. „Es gibt kein Spiel, das man
vorab gewinnt“, sagt der marokkanische Trainer Palästinas, Makram Daboub,
„aber wir haben eine gute Chance, die nächste Runde der WM-Qualifikation zu
erreichen.“
Vergangene Woche (16. 11.) hat Daboubs Team ein 0:0 gegen den Libanon
erspielt und am Wochenende (21. 11.) nur 0:1 gegen Australien verloren.
Beide Partien galten als Heimspiele, aber im Stadion von Ramallah findet
wegen des Kriegs kein Sport statt. Der „Heimvorteil“ gegen den Libanon
musste in den Vereinigten Arabischen Emiraten gesucht werden, der gegen
Australien in Kuwait. Ein Angebot Algeriens, die Palästina-Spiele
auszutragen, wurde vom Weltverband Fifa und vom asiatischen Verband AFC
abgelehnt. Formal, weil die Spiele auf „dem asiatischen Kontinent“
stattfinden müssen.
Aber da der algerische Fußballverband sein Angebot mit einer Erklärung
gewürzt hatte, in der von „ehrwürdigen und ruhmreichen Märtyrern“ die Re…
ist, wie von „grausamen zionistischen Angriffen, die im Gazastreifen gegen
die Bevölkerung im besetzten Palästina“ verübt würden, dürfte es noch
weitere Gründe geben. Die Trainingslager für die palästinensischen
Quali-Spiele finden in Jordanien statt.
## Spieler aus Gaza
Im aktuellen Kader stehen überwiegend Spieler aus der Profiliga im
Westjordanland, der „Palestinian Premier League“. Hier heuern auch schon
mal ausländische Profis an, im Gazastreifen nicht. Eines der größten
Talente des palästinensischen Fußballs, Ibrahim Abuimeir, kommt jedoch aus
Gaza und kickt dort. Der 21-jährige Verteidiger hat zwar schon neun
Länderspiele, gehört aber nicht zum aktuellen Kader. Für die
WM-Qualifikation konnte er den Gazastreifen nicht verlassen. Er spielt bei
Khadamat Rafah, einem Verein der semiprofessionellen „Gaza Strip Premier
League“. „Ich bin untröstlich“, sagte Abuimeir der BBC, „die Chance, a…
Qualifikationsspielen zur WM teilzunehmen, wäre sehr wichtig gewesen.“
Mit dem Verteidiger Mohamed Balah und dem Stürmer Mahmoud Wadi, die für
Vereine in Ägypten spielen, stammen zwei aktive Nationalspieler aus Gaza.
Wadi war 2021 der bis dahin teuerste Transfer des palästinensischen
Fußballs.
Als bester Akteur im palästinensischen Kader gilt jedoch Oday Dabbagh, der
beim belgischen Erstligisten RSC Charleroi unter Vertrag ist. Andere
internationale Topklubs haben keine palästinensischen Spieler, im
israelischen Profifußball sind drei Kaderkicker unterwegs, die alle bei
arabischen Vereinen spielen: dem Zweitligisten Hapoel Umm al-Fahm und dem
Erstligisten FC Bnei Sakhnin, der 2004 mit dem israelischen Pokalsieg für
die ganz große Sensation gesorgt hatte.
Das ist noch keine 20 Jahre her. Damals strebten viele männliche
Jugendliche danach, via Fußball in der israelischen Gesellschaft
respektiert zu werden. Der Sportsoziologe Tamir Sorek diagnostizierte
damals: „Der palästinensische Nationalismus hat den Platz verlassen.“ Doch
nachdem die israelische Armee 2005 aus dem Gazastreifen abgezogen war,
gewann die Hamas dort die politische Macht, und ab 2007 wurde Gaza vom
Westjordanland weitgehend unabhängig. Fußballerisch bedeutete das: Bis 2010
ruhte der Spielbetrieb, dann wurde er langsam wieder aufgenommen.
## Erstes Spiel gegen Platini
Palästina gehört zu den 18 Mitgliedern der Fifa, die nicht Mitglied der UNO
sind. Ein Staat namens „Palästina“ wird derzeit nur von 138 anderen Staaten
anerkannt, aber mit einer Fußballnationalmannschaft wollte die PLO-Führung
[1][eine besondere weltpolitische Karte spielen.]
Parallel zum sogenannten Oslo-Friedensprozess 1993/94 wurde die Palestinian
Football Association (PFA) aktiviert, 1993 war eine französische
Prominentenelf mit Michel Platini Gegner im ersten Länderspiel Palästinas.
1998 folgte dann der Fifa-Beitritt. Dschibril Radschub, der Präsident der
PFA, fiel seither mit Versuchen auf, [2][Israel aus der Fifa
auszuschließen.] Als einmal ein Freundschaftsspiel Israels gegen
Argentinien vereinbart war, forderte Radschub, man müsse [3][Trikots, auf
denen Lionel Messi steht], öffentlich verbrennen. Das brachte Radschub eine
einjährige Sperre durch die Fifa ein.
Im März steht für Palästina zunächst ein Auswärtsspiel und dann ein – wo
auch immer ausgetragenes – „Heimspiel“ gegen Bangladesch an. Im Juni geht
es dann erneut gegen den Libanon und Australien, und wenn das gut ausgeht,
wäre die erste Qualifikation zu einer Fußball-WM noch ein wenig
realistischer geworden.
24 Nov 2023
## LINKS
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[3] /Kommentar-Abgesagtes-Vor-WM-Spiel/!5511032
## AUTOREN
Martin Krauss
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