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# taz.de -- Palästina gefeiert beim Asien-Cup: Gute Show in Zeiten des Krieges
> Außenseiter Palästina verliert im Achtelfinale des Asien-Cups nur knapp
> gegen Gastgeber Katar und wird auch von den einheimischen Zuschauern
> gefeiert.
Bild: Moment der Freude: Palästina feiert den Führungstreffer gegen Katar
Eine derart spezielle Atmosphäre hat es vermutlich bei einem Fußballspiel
des Asien-Cups noch nicht gegeben. Das Achtelfinalspiel im Al-Bayt-Stadium
am Montagabend vermittelte den Eindruck, als ob hier zwei Heimmannschaften
sich begegneten. Obwohl Gastgeber Katar [1][gegen Palästina] antrat,
unterstützten die 64.000 Besucher vor Spielbeginn mit lautstarken
Sprechchören die Gäste.
Palästinensische Fahnen waren in und vor dem gut besetzten Stadium
allgegenwärtig. In einer Schweigeminute vor dem Anpfiff gedachten beide
Teams der Opfer des Krieges zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen,
die Ruhe wurde durch einzelne „Free Palestine“-Rufe durchbrochen.
Die Solidarität der Zuschauer gab den erstmals in einem Achtelfinale des
Asien-Cups stehenden Palästinensern das zuvor fehlende Selbstbewusstsein.
Bei ihrem 3:0-Sieg gegen Hongkong am Dienstag in der Gruppe C hatten sie
schon ihre spielerischen Qualitäten zeigen können. Titelverteidiger Katar
hatte seine Spiele in der Gruppenphase souverän dominiert, geriet am Montag
jedoch ab der ersten Minute massiv unter Druck.
Torchancen hatten nur die Palästinenser und hielten die Kataris von ihrem
eigenen Strafraum fern. Trainer Makram Daboub schien seine Spieler nahezu
perfekt auf [2][das internationale Legionärsensemble aus Katar] eingestellt
zu haben, obwohl das Team bereits seit Monaten nicht mehr auf ihrem
Trainingsgelände im Westjordanland gemeinsam trainieren konnte.
## Nur wenige in den Cafés
Eines der vielen Dribblings zahlte sich in der 37. Minute aus. Oday Dabbagh
traf nach einem sehenswerten Solo. Die palästinensische Mannschaft feierte
die Führung mit ihrer eingeübten Choreografie. Mit vor der Brust
verschränkten Armen knieten die Spieler vor dem Publikum nieder und zeigten
mit den Fingern beider Hände das Victory-Zeichen.
In den Palästinensischen Autonomiegebieten im Westjordanland war diese
Partie eine willkommene Ablenkung. „Die Mannschaft ist für sieben Millionen
Palästinenser in Gaza und in dem Westjordanland der derzeit einzige Grund,
stolz zu sein“, sagt Mohamed Azaiza in einem Cafe in Ramallah. „Egal wie
das Spiel heute ausgeht: Dass sie sich nicht aufgegeben haben, zählt“, sagt
der Ingenieur während der Live-Übertragung zur taz. Wegen der derzeitigen
Kältewelle hatten sich in Jerusalem und dem Westjordanland allerdings nur
wenige Palästinenser zum gemeinsamen Schauen des Spiels in Cafés getroffen.
Die vielen seit dem 7. Oktober neu errichteten Kontrollpunkte und eine
Verhaftungswelle der israelischen Armee im Westjordanland sorgen zudem für
Angst. Nur im Al-Bayt-Stadion konnten mehrere tausend in Katar lebende
Palästinenser völlig unbeschwert feiern. Auch die Führung der Hamas lebt in
Katar. Die Regierung [3][des Gastgebers Katars] ist Teil eines
Verhandlungsteams, das derzeit in Paris über ein Ende des Gaza-Krieges und
die Freilassung der verbliebenen israelischen Hamas-Geiseln verhandelt.
## Enttäuschung kaum zu sehen
Die palästinensische Fußballauswahl konnte am Montag nicht verhindern, dass
der katarische Kapitän Hassan al-Haydos in der sechsten Minute der
Nachspielzeit der ersten Halbzeit den Ausgleichstreffer erzielte. Sechs
Minuten nach Wiederanpfiff wurde der Katarer Almoez Ali am Strafraum
gefoult, Mannschaftskollege Afif traf per Freistoß zum 2:1 für die
Favoriten. In der verbleibenden Spielzeit versuchte Palästina vergeblich
Chancen zu kreieren, doch nun sah man dem Team die körperliche Ermüdung
durch die Trainingsreisen in verschiedenen Ländern, die mentale Belastung
durch den Krieg in der Heimat und den auf ihnen lastenden emotionalen Druck
aus der Heimat an.
„Sie haben eine schwierige Zeit hinter sich und waren dennoch bereit, allen
Palästinensern eine gute Show zu bieten“, erklärte Trainer Daboub nach dem
Schlusspfiff. Es blieb beim 2:1. Doch von Enttäuschung war bei den
Palästinensern nach ihrem respektablen Auftritt kaum etwas zu sehen.
„Ich hätte mir nicht mehr von ihnen wünschen können“, sagte Trainer Dabo…
auf der Pressekonferenz. „Sie haben den palästinensischen Fußball und die
Heimat stolz der Welt präsentiert. Sie sind meine Champions.“
Einige palästinensische Spieler haben vor und während des Turniers
Familienmitglieder in Gaza verloren, Stürmer Mahmoud Wadi erfuhr direkt vor
Anpfiff des Eröffnungsspiels von dem Tod seines Cousins.
30 Jan 2024
## LINKS
[1] /Palaestinensisches-Fussballnationalteam/!5971565
[2] /Fussball-WM-in-Katar/!5893491
[3] /TV-Sender-Al-Jazeera/!5973656
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
Asien-Cup
Palästina
Katar
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Fußball
Kolumne Über den Ball und die Welt
Palästina
Pro und Contra
Katar
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