# taz.de -- Debatte um neues Stadtquartier: Im Chat kann man nicht schreien | |
> Der Vorteil des Digitalen: Die Diskussion um das Pankower Tor klappt gut | |
> und mit Bürgerbeteiligung im Onlineformat. | |
Bild: Das ist momentan der Weg zur Teilhabe | |
Vor der Pandemie wäre die Hütte voll gewesen. In der Aula irgendeiner | |
Schule wären zweihundert Menschen der Einladung des Möbelkönigs Kurt | |
Krieger gefolgt und hätten ihm anlässlich der nun vorliegenden Entwürfe für | |
die [1][Bebauung des Pankower Tors] die Meinung gegeigt. Gut möglich auch, | |
dass die Versammlung im Geschrei einiger weniger untergegangen wäre. | |
Schließlich war am Tag der Versammlung bekannt geworden, dass der Nabu das | |
ganze Verfahren stoppen will. Weil sich eine Kreuzkröte nicht so einfach | |
nach Brandenburg umsetzen lasse. | |
Es waren aber keine normalen Zeiten, in denen am Montag der Onlinedialog zu | |
einem der größten Bauvorhaben in Berlin stattfand. Statt in einer Aula | |
trafen sich die mehr als zweihundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei | |
Zoom. Im großen Versammlungsraum freuten sich der Investor, der Pankower | |
Bezirksbürgermeister und der Baustadtrat, dass es nun endlich vorangehe | |
nach dem jahrelangen Tauziehen um die Größe einer Shopping-Mall und die | |
Zahl der zu bauenden Wohnungen. | |
Dann wurden die sechs vorliegenden Entwürfe vorgestellt, bevor sich die | |
Versammlung in die verschiedenen Räume begab, um die bisherigen Ergebnisse | |
zu diskutieren. Geleitet wurden das Plenum und die Arbeitsgruppen von | |
Moderatorinnen der Agentur Zebralog, und am Ende kamen alle nochmal in | |
großer Runde zusammen, um zu erfahren, wie es im Verfahren nun weitergeht. | |
Der Rahmen des Onlinedialogs war also durchaus konventionell. Statt in | |
Klassenräume wurden die Arbeitsgruppen in digitale Räume, die Breakout | |
Rooms, verlegt, wie es bei Zoom heißt. Dort konnten die Moderatorinnen die | |
Skizzen präsentieren, um die es jeweils ging. Angeordnet waren die | |
Arbeitsgruppen im Fishbowl-Format, um den freien Platz im Stuhlkreis | |
mussten sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen per Handzeichen melden. | |
Eine Besonderheit aber gab es, und das war die überraschend konzentrierte | |
und konstruktive Diskussion. Die entfaltete sich nicht nur in den | |
Wortmeldungen der Beteiligten im Stuhlkreis, sondern auch und vor allem im | |
Chat. Unentwegt wurde dort kommentiert, kritisiert, aufeinander | |
eingegangen, sodass die Wortmeldungen per Kamera und Mikrofon und die | |
Beiträge im Chat zwei Ebenen eines Austauschs bildeten, die sich | |
gegenseitig beeinflussten. | |
Im Ergebnis führte das dazu, dass im Vergleich zum Präsenzformat beim | |
Onlineformat über die Chatfunktion deutlich mehr Menschen zu Wort kamen. | |
Nicht nur die üblichen Verdächtigen mit ihren vorbereiteten Statements | |
konnten sich so Gehör verschaffen, sondern auch diejenigen, denen es nicht | |
um die große Bühne, sondern um die Sache geht. | |
Gut möglich also, dass Onlineformate die Bürgerbeteiligung neu erfinden. | |
Schön, dass es keine Nörgler gab, kommentierte am Ende einer der | |
Beteiligten. Vielleicht ist aber auch der Onlinedialog an sich | |
nörgelerschwerend. Man kann im Chat halt einfach nicht schreien. | |
27 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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