# taz.de -- Repressionen in Georgien: Mit Schlagstöcken durchregieren | |
> Die Festnahme des Chefs der größten Oppositionspartei in Georgien | |
> verheißt nichts Gutes. In dem Land steht der Demokratisierungsprozess auf | |
> dem Spiel. | |
Bild: Festnahme von oppositionellen Demonstranten in Tiflis am 23. Februar | |
Georgien rauscht wieder in eine politische Krise. Das war nur eine Frage | |
der Zeit. Denn die Polarisierung zwischen dem Regierungs- und | |
Oppositionslager in der Südkaukasusrepublik hat einen weiteren Höhepunkt | |
erreicht. Immer noch tief sitzt der Frust von Anhänger*innen der | |
Opposition, die seit 2019 für eine Reform des Wahlrechts auf die Straße | |
gegangen waren. | |
Der Kompromiss sollte kleineren Parteien bei der Mandatsverteilung eine | |
faire Chance eröffnen und die Macht der Regierungspartei „Georgischer | |
Traum“ brechen. Doch die Partei des milliardenschweren Unternehmers | |
[1][Bidzina Iwanischwili] ging bei der Parlamentswahl am 31. Oktober 2020 | |
wieder als Siegerin vom Platz. Seitdem wird durchregiert – mit | |
Schlagstöcken und der Arroganz der Mächtigen. | |
Bei dem Konflikt geht es auch um das Verhältnis zu Russland. Vor allem | |
Iwanischwilis Nähe zum Nachbarn ist verdächtig. Er hat den Grundstock für | |
sein Vermögen in Russland gelegt und zieht als Politprivatier weiter die | |
Strippen. Für die Opposition ist Moskau ein rotes Tuch. Das gilt vor allem | |
seit der Niederlage Georgiens im Krieg gegen Russland um die Region | |
Südossetien 2008, für die der damalige Präsident [2][Michail Saakaschwili] | |
maßgeblich verantwortlich ist. Besonders die junge Generation lehnt sich | |
gegen den „Besatzer“ [3][Moskau auf, der ein Fünftel des georgischen | |
Staatsgebietes kontrolliert]. | |
Dass die Festnahme des Chefs der größten Oppositionspartei ENM Nika Melia | |
jetzt für neue Verwerfungen sorgt, überrascht daher nicht. Er soll als | |
treibende Kraft für die Proteste im Sommer 2019, die sich auch gegen | |
Russland richteten, vor Gericht kommen. Sicherheitskräfte, die auf die | |
Menge einprügelten, wurden bis heute nicht bestraft. | |
Der neue Premier Irakli Gharibaschwili bezeichnet die ENM als Hort von | |
Terroristen, gegen die er mit aller Härte vorgehen will. Das dürfte die | |
Konfrontation weiter anheizen. Mit fatalen Konsequenzen. Denn auf dem Spiel | |
steht der Demokratisierungsprozess in Georgien. Und der könnte auf Jahre | |
zurückgeworfen werden. | |
23 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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