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# taz.de -- Krise in Georgien: Festnahme im Morgengrauen
> In Georgien ist der Chef der größten Oppositionspartei festgesetzt
> worden. Diese spricht von Hexenjagd, der Premier nennt sie „Hort von
> Terroristen“.
Bild: Aktion mit Ansage: Georgische Polizisten nehmen Nika Melia von der größ…
Berlin taz | Es war eine Aktion mit Ankündigung: Am Dienstagmorgen stürmten
Polizeikräfte in der georgischen Hauptstadt Tiflis den Sitz der größten
Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewegung (ENM) und setzten deren
Vorsitzenden Nika Melia fest. Dabei setzten sie Tränengas ein. Vor dem
Gebäude hatten sich zahlreiche Anhänger*innen Melias versammelt. Dabei
gab es 21 Festnahmen und 17 Verletzte, zwei davon schwer. Ein Teil der
Unterstützer*innen sangen mit erhobenen Händen die Nationalhymne,
leisteten jedoch keinen Widerstand.
Noch in der Nacht hatte die ENM-Führung die Order ausgegeben, keine Gewalt
gegen die Polizeikräfte anzuwenden. Melia selbst gab sich angriffslustig.
„Wie immer fühle ich mich stark und ich bin von unserem Sieg in diesem Land
überzeugt“, sagte er Journalisten.
Melia wird beschuldigt, bei gewalttätigen Unruhen am 20. Juni 2019 in
Tiflis eine führende Rolle gespielt zu haben. An diesem Tag hatten tausende
Demonstrant*innen als Reaktion auf die Rede des russischen Abgeordneten
Sergej Gawrilow im georgischen Parlament versucht, in das Gebäude der
Volksvertretung einzudringen. Mindestens 240 Menschen wurden verletzt,
einige davon schwer.
In der vergangenen Woche hatten sich die Ereignisse überschlagen. Am
Dienstag hatte eine Mehrheit der Parlamentsabgeordneten der
Regierungspartei Georgischer Traum nach einer entsprechenden Intervention
der Generalstaatsanwalt dafür gestimmt, Melia die Immunität zu entziehen.
Tags darauf ordnete ein Gericht an, den ENM-Chef in Gewahrsam zu nehmen.
Zur Begründung hieß es, er sei einer Aufforderung zur Zahlung einer Kaution
nicht nachgekommen. Dennoch blieb Melia zunächst auf freiem Fuß.
## Rücktritt eingereicht
Am Donnerstag hatte [1][Ministerpräsident Giogi Gakharia überraschend
seinen Rücktritt eingereicht] – angeblich wegen Unstimmigkeiten innerhalb
der Regierungspartei über den weiteren Umgang mit Melia. Zum Nachfolger,
den das Parlament am Montag bestätigte, wurde Irakli Gharibaschwili
ernannt.
Der 38-Jährige stand bereits von 2013 bis 2015 an der Spitze der Regierung,
wechselte dann aber in die Wirtschaft. 2019 kehrte er in die Politik zurück
und wurde Verteidigungsminister. Gharibaschwili gilt als absolut loyal
gegenüber Bidina Iwanischwili. Der Milliardär und Gründer des Georgischen
Traums hat sich zwar offiziell aus allen Ämtern zurückgezogen, gilt aber
immer noch als Strippenzieher in der Politik.
Gharibaschwili ist als Hardliner im Umgang mit der Opposition bekannt. In
einer Rede vor dem Parlament kündigte er am Montag an, unverzüglich die
verfassungsrechtliche Ordnung wiederherstellen zu wollen. Die ENM
bezeichnete er als einen „Hort von Kriminellen und Terroristen“.
Die Opposition, die aus Protest gegen die ihrer Meinung nach [2][gefälschte
Parlamentswahl vom 31. Oktober 2020] die Sitzungen des Parlaments
boykottiert, hält das Vorgehen gegen Melia für politisch motiviert und
spricht von einer „Hexenjagd“. Für den 25. Februar hat sie weitere Proteste
in Tiflis und der Hafenstadt Batumi angekündigt. Das ist der 100. Jahrestag
des Einmarsches der Roten Armee, der das Experiment der Demokratischen
Republik Georgien (1918 bis 1921) abrupt beendete.
23 Feb 2021
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## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Georgien
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