Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Datenschützerin kritisiert Polizeiarbeit: Dienstliche Daten auf Pr…
> Niedersachsens Polizist*innen haben über ihre Handys Zugriff auf
> Polizeidaten. Die Datenschutzbeauftragte vermisst Kontrolle durch
> Vorgesetzte.
Bild: Viele Polizist*innen müssen im Dienst ihre eigenen Handys nutzen – auc…
Hannover taz | Eigentlich sollte damit alles gut werden: Der eigens für die
Polizei Niedersachsen angepasste Messenger Nimes – eine Mischung aus
Whatsapp und Dropbox oder Google Drive – soll den unkomplizierten Austausch
von Textnachrichten und Dateien im Dienst ermöglichen, und das ohne die
bedenklichen Sicherheitslücken solcher kommerziellen Produkte.
Die dafür verwendete Software heißt „[1][Stashcat]“, Hersteller ist
Heinekingmedia aus Hannover, seit 2014 Teil der Unternehmensgruppe Madsack,
die mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, der Neuen Presse und dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland auch die regionale Medienlandschaft
dominiert.
Weder an diesen geschäftlichen Verquickungen noch an der Software selbst
hat die [2][niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte Barbara Thiel]
etwas auszusetzen: „Die Beanstandung richtet sich ausdrücklich nicht gegen
den Dienst selbst“, heißt es in ihrer Pressemitteilung. Sie schätze Nimes
„als datenschutzfreundlicher ein als einen kommerziellen Messenger-Dienst“,
sagt Thiel.
Sie kritisiert vor allem, dass die App auf den privaten Geräten der
Polizist*innen eingesetzt wird – ohne dass der Dienstherr darüber eine
nennenswerte Kontrolle hat. Die wird technisch aber schon durch das
zugrunde liegende „BYOD“-Prinzip erschwert; „BYOD“ steht für „Bring …
own device“, zu Deutsch etwa: „Benutz’ dein eigenes Gerät“, und das hat
eine schier unüberschaubare Zahl von Geräten, Betriebssystemen und
Konfigurationen zur Folge – Stashcat läuft ausdrücklich auf „allen
Plattformen“, also auf Smartphones und Tablets, aber auch Laptops und
klassischen PCs.
## Private Geräte dürfen nicht ohne weiteres kontrolliert werden
„Gleichzeitig ist der jeweilige Anwender dafür verantwortlich, sein
privates Endgerät vor Schadprogrammen zu schützen“: Theoretisch wäre es
möglich, dass hier Daten abgegriffen werden, ohne dass Anwender und
Dienstherr es merken, sagt Thiel.
Die Verwendung privater Geräte setzt außerdem der Kontrolle der
Datenabfragen enge Grenzen: Angeblich gibt es zwar anlasslose Kontrollen
der Nimes-Anwender – die privaten Geräte sind davon aber ausgenommen: Wie
andere Arbeitnehmer*innen dürfte sich wohl auch jede*r Polizist*in
bedanken, wenn die Vorgesetzten einfach so auf privaten Handys
herumfuhrwerken.
Andererseits ist das unbefugte Abfragen und Nutzen polizeilicher Daten
durch dort Beschäftigte ein bekanntes Problem: Immer wieder haben solche
Vorgänge in den vergangenen Jahren zu kleineren oder größeren Skandalen
geführt.
## Vom politischen Gegner bis zu Helene Fischer
Das reicht vom Abfragen geschützter Adressdaten für die Drohbriefe des „NSU
2.0“ in Hessen über [3][die sexuelle Belästigung von Minderjährigen in
Mecklenburg-Vorpommern], das Ausspionieren politischer Gegner durch einen
AfD-nahen Beamten oder das Erstellen von Todeslisten im Dunstkreis [4][von
rechtsextremen Netzwerken wie Nordkreuz.]
Manchmal geht es aber auch nur um ganz banale, private Motive: Dann wird
der Polizeicomputer etwa befragt nach [5][den Daten von Helene Fischer],
irgendeiner schönen Frau von neulich, dem neuen Freund der Tochter, einem
Mietinteressenten oder auch dem Fahrzeughalter, der einem irgendwie dumm
kam – wie es etwa der Spiegel zusammengetragen hat.
Auch in Hannover stand im vergangenen Jahr [6][ein Polizeibeamter vor
Gericht], der sich als Privatdetektiv und Sicherheitsberater damit einen
Nebenverdienst verschafft hatte – und mindestens vier Kollegen mit reinzog,
die für ihn ohne viel Nachfragen Datenabfragen an Dienstrechnern starteten.
Wie groß dieses Problem tatsächlich ist? Völlig unklar. Öffentlich wird es
nur, wenn irgendwo ein*e Landesdatenschutzbeauftragte*r darüber
stolpert – oder Betroffene Anzeige erstatten. Eine Umfrage der Welt am
Sonntag in allen 16 Bundesländern kam im Sommer 2020 [7][auf 400
Ordnungswidrigkeits-, Straf- oder Disziplinarverfahren] wegen
entsprechender Vergehen innerhalb von zwei Jahren. Präzisere Untersuchungen
zu diesem Thema gibt es nicht.
Wenn so etwas aber nun schon bei den stationären Rechnern in
Polizeirevieren passiert, weil es an Problembewusstsein und Kontrollen
mangelt: Wie soll es dann erst aussehen, wenn die Daten auf privaten
Smartphones verfügbar sind?
## Thiel mahnt die Ausstattung mit Dienstgeräten an
Nimes verarbeite personenbezogene Daten bis Schutzstufe D, erläutert die
Datenschutzbeauftragte in ihrer Pressemitteilung. Das sind Daten, deren
„unsachgemäße Handhabung den Betroffenen in seiner gesellschaftlichen
Stellung oder in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen erheblich
beeinträchtigen könnte“. „D“ ist die zweithöchste Stufe einer fünfstu…
Skala, sortiert nach der Schwere des möglichen Schadens für die Betroffenen
aufsteigend von A bis E.
Bevor man über Kontrollmechanismen nachdenke, mahnt Thiel, müsse das
Innenministerium erst einmal den entscheidenden Schritt machen – und die
Polizist*innen flächendeckend mit Dienstgeräten ausstatten. Verbieten
kann die Datenschutzbeauftragte den Nimes-Einsatz auf Privatgeräten nicht,
dazu ist sie nicht befugt. Das Innenministerium in Hannover muss aber
Stellung nehmen zu Thiels Beanstandung. Man prüfe den Fall, heißt es von
dort – das werde aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
23 Feb 2021
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Stashcat
[2] https://lfd.niedersachsen.de/startseite/wir_uber_uns/die_landesbeauftragte/…
[3] /Datenmissbrauch-bei-der-Polizei/!5666043
[4] /Rechter-Terror-in-Deutschland/!5608261
[5] https://www.spiegel.de/politik/helene-fischer-83-mal-in-einer-nacht-wenn-po…
[6] /Prozess-gegen-Beamte/!5694930
[7] https://www.welt.de/politik/article212217181/Polizei-Mehr-als-400-Verfahren…
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Polizei Niedersachsen
NSU 2.0
Datenschutz
Polizei
Datensicherheit
Schwerpunkt Überwachung
Niedersachsen
Polizei Bremen
Polizei
Rigaer Straße
Schwerpunkt Überwachung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bremer Polizei versäumt Datenlöschung: Angekündigt, aber nicht umgesetzt
Die Bremer Polizei soll über Jahre hinweg zu Unrecht Daten auch von Opfern
und Zeug*innen gespeichert haben. Nun will sie endlich löschen.
Datenmissbrauch bei der Polizei: Polizisten an der Datenquelle
Immer wieder bedienen sich Polizisten an internen Datenbanken – mal um
politische Gegner auszuspähen, mal um Dritten Tipps zu geben.
Kommentar zu Polizei-Datenmissbrauch: Noch lange nicht aufgeklärt
Die Polizei scheint nicht sonderlich interessiert an Aufklärung, nachdem
ein Polizist Drohbriefe mit sensiblen Daten schrieb. Was soll das?
Datenmissbrauch durch US-Polizisten: Eifersucht bis Neugier
Adressen, Kennzeichen, Vorstrafen: Polizeiarbeit ist ohne Datenbanken
undenkbar. Doch viele Beamte nutzen sie auch für private Zwecke.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.